Tauschen Grazer und Grazerinnen mit leicht ergrauten Schläfen Erinnerungen über Lokaltouren in ihrer Jugend aus, ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich groß, dass dabei vom "Maykäfer" in der Maygasse (Jakomini) die Rede ist. Jahrzehnte vor der Shabby-Chic-Welle genehmigte man sich dort sein Bier in gemütlich abgewohntem Ambiente. Nachdem mit Wirt Heinz Endthaller 2010 ein Original hinter dem Tresen in Pension gegangen war, schloss das Beisl wenige Jahre später.
Derzeit sorgen die alten Schilder am Haus noch für den einen oder anderen Nostalgieschub bei Passanten. Gleiches gilt für ein aktuelles Posting auf der Facebook-Seite der Initiative für ein unverwechselbares Graz. Es holt die Pläne des Grazer Immoentwicklers Imvea für die Liegenschaft vor den Vorhang.
Zehn Wohnungen mit ein bis zwei Zimmern
Kommentieren wollte das Unternehmen diese auf Anfrage der Kleinen Zeitung nicht. So viel lässt sich aber festhalten: Wo sich jetzt auf dem schmalen Grundstück ein zweigeschoßiges Gebäude duckt, ist ein fünfstöckiger Neubau geplant. Zehn Kleinwohnungen sollen in dem Haus zum Verkauf angeboten werden. Erste Renderings zeigen ein zur Straße hin unauffälliges Gebäude mit französischen Balkonen. Nach hinten hinaus, dort, wo lange Jahre im Gastgarten gefeiert wurde, sind Terrassen geplant.
Rechtskräftige Baugenehmigung
Der tatsächliche Baustart ist noch offen. Erfolgen könnte er jederzeit. Eine rechtskräftige Baugenehmigung für das Projekt liegt seit 2021 vor. Dem ging ein mehr als fünf Jahre dauerndes Verfahren voraus, das bis zum Verwaltungsgerichtshof führte, nachdem sich Anrainer gegen die Pläne gestemmt hatten.
Namhafter Baumeister
Das unscheinbare Haus ist übrigens nicht nur wegen seiner Vergangenheit als beliebtes Lokal interessant, sondern auch wegen seiner Baugeschichte. Das Gebäude, in dem ab 1926 Gäste bewirtet wurden, wurde 1863 von Jakob Bullmann errichtet. Der Baumeister, der heute kaum mehr jemandem bekannt ist, hatte Mitte des 19. Jahrhunderts die größte Baufirma in Graz. Den Bauboom der Zeit nützte Bullmann, um wirtschaftlich und gesellschaftlich vom Maurer zum Stadtbaumeister aufzusteigen. Das bekannteste Gebäude, das er in Graz errichtete, ist die Seifenfabrik.