Für den Ausstieg aus dem fossilen Zeitalter und Tempo 100 gehen Aktivisten der "Letzten Generation" auf die Straße und kleben sich auf den Asphalt, um ein Stauchaos zu provozieren. Sie picken sich auch in Museen und Konzertsälen an oder schütten Suppe auf Gemälde, um für Schlagzeilen zu sorgen. So soll der Klimaschutz wieder stärker auf die globale Agenda kommen.
Klima-Kleber: Die Graz-Premiere
In Graz hat eine Handvoll Aktivisten diesen Montag um 8 Uhr – just den Tag des österreichweiten Eisenbahnerstreiks – gewählt, um zur zweiten Straßenblockade binnen weniger Wochen zu schreiten. Gleichzeitig waren Aktionen in Linz und Innsbruck geplant.
Mit einer ganzen Tube Superkleber unter der Hand
In der steirischen Landeshauptstadt wählten die Aktivisten den Opernring und setzten sich in der Morgenkälte auf den Asphalt. Der Superkleber kam diesmal nicht gleich zum Einsatz, erst als die Polizei anrückte. Einmal mehr gingen gleich zu Beginn der Blockade die Emotionen hoch, Autos fuhren über Gehsteige und Radwege an der Sperre vorbei. Die Polizei war nach wenigen Minuten vor Ort und beriet, was zu tun sei. Rasch leiteten die Beamten den Verkehr um - der Stau reichte trotzdem weit bis in die Elisabethstraße zurück. Insgesamt war trotz des Streiktages wenig Verkehr in der Stadt. Nach der ersten Emotion blieb die Lage vor der Oper aber sehr friedlich.
Einer der Aktivisten, Leon Ranz, erklärte, dass es ihnen nicht um das größtmögliche Chaos gehe: "In Wien kommt die Polizei und löst die Blockaden nach 10, 20 Minuten auf. In Graz hat das beim ersten Mal so lange gedauert, weil die Behörde erst nach einer Stunde die Versammlung aufgelöst hat."
In der steirischen Landeshauptstadt dauerte es auch diesmal länger. Der Behördenleiter löste die Versammlung zwar um 8.42 Uhr auf und Beamte trugen die zwei Aktivisten von der Straße, sie sich nicht festgeklebt hatten, um eine Rettungsgasse freimachen und Busse durchlassen zu können. Aber drei Aktivisten waren jeweils mit einer ganzen Tube Superkleber unter der Hand auf der Straße festgepickt. Bis der Beamte alle Hände mit dem Lösungsmittel befreien und dann die Umleitungen aufheben konnte, sollte es 10.15 Uhr werden. Dass der "Letzten Generation" ihre Agenda wirklich wichtig nimmt, ist augenscheinlich: Sie lässt sich nicht nur von Passanten beschimpfen, sie ist auch bereit stundenlang zu frieren.
Stadtpolitiker kritisiert Aktion scharf
"Der sehr bewusst gewählte Zeitpunkt am Tag des ÖBB-Streiks zeigt, worum es den selbsternannten Klimaaktivisten tatsächlich geht: Um den maximalen Schaden für diejenigen, die zur Arbeit müssen, für diejenigen, die schnelle medizinische Hilfe brauchen, für diejenigen, die sich innerhalb ihrer Familie um Pflege oder Kinder kümmern müssen", sagt der Grazer ÖVP-Chef Stadtrat Kurt Hohensinner: „Protest ist legitim, bewusste Inkaufnahme der Gefährdung von Menschen und Vandalenakte sind es nicht!" Klebstoff sei kein Bindemittel für die Gesellschaft, fordert er, dass die grüne Vizebürgermeisterin Judith Schwentner eine klare Haltung zu diesen Aktivitäten einnehmen solle, um weitere mögliche Eskalationen in Graz zu verhindern.
Der Grazer FPÖ-Gemeinderat Günter Wagner kritisiert die Klimakleber: „Hier tingeln einige dieser Herrschaften – manche davon sogar aus dem Ausland kommend – durch österreichische Städte und terrorisieren mit ihrer völlig entbehrlichen Blockade tausende fleißige steirische Pendler. Wichtig ist, dass diese Klebechaoten in Zukunft rascher von der Straße entfernt werden. Darüber hinaus braucht es harte Strafen für die Täter."
Die Ex-Blauen des Freien Gemeinderatsklubs bringen in der nächsten Gemeinderatssitzung per Dringlichkeitsantrag eine Petition an den Gesetzgeber für eine Verschärfung der Gesetzeslage ein: "Die aktuelle Strafhöhe ist im Verhältnis zu den verursachten Schäden viel zu gering", sagt Mandatar Michael Winter: "Gleichzeitig werden wir prüfen lassen, was die Stadt Graz tun kann, um hier bei den Verordnungen nachzubessern“.
Aktivist über Beweggründe und Strafhöhen
Schon bei der "Graz-Premiere" vor einigen Wochen erzählte uns Ranz mitten in der Blockade des Joanneumrings seine Beweggründe für die Aktion im Video-Interview.
Ranz hat seine Verwaltungsstrafen von der ersten Aktion schon vorgeschrieben bekommen und war von der Höhe schon überrascht: "Von der Polizei kamen Strafen für mich in der Höhe von 1200 Euro von der Stadt Graz noch einmal 270 Euro. Aber wir werden da natürlich Berufung einlegen."
Die Letzte Generation rekrutiert neue Aktivisten an der Uni
Bernd Hecke