Rund eine halbe Stunde vor Beginn der Aktion hatten sich die Teilnehmer auf dem Grazer Hauptplatz zur Lagebesprechung getroffen. Dann marschierten sie durch die Herrengasse zum Joanneumring, um diesen in der morgendlichen Rushhour zu sperren. Nach bekanntem internationalen Vorbild klebten sich eine Aktivistin und zwei Aktivisten der Gruppe "Letzte Generation" mit handelsüblichem Superkleber auf dem Asphalt an, der allerdings nicht bombenfest pickte. Schützenhilfe und moralische Rückendeckung bekam man aus Wien, wo es schon eine Gruppe der Umweltbewegung gibt.
Der Rückstau reichte bis über den Glacis, die Elisabethstraße, LKH und die Ries hinaus. Passanten brüllten die Demonstranten teils wütend an. Die jungen Aktivisten treten gegen die Klimakatastrophe auf und fordern als ersten Schritt Tempo 100 auf Österreichs Autobahnen. Die Polizei kam nach rund 20 Minuten, beendete die Aktion allerdings vorerst nicht. Aufgrund der Versammlungsfreiheit warteten die Beamten noch auf eine Entscheidung der Behörde. Nach rund einer Stunde wurde die Störung der "Ordnung und Sicherheit" behördlich aufgelöst.
Letzte Generation will Politik zum Handeln zwingen
David Sonnebaum, Pressesprecher der "Letzten Generation" aus Wien, erklärt die Anliegen hinter den Aktionen der Bewegung mit zivilem Widerstand und Ungehorsam. Es gehe darum, als letzte Generation, die etwas gegen die Klimakatastrophe tun könne, endlich auch etwas zu verändern. Mit dieser Form des Protestes hätte man in England und Frankreich binnen kürzester Zeit die Politik auch zum Handeln bewegt. Indem dort etwa nun Häuser isoliert würden. Man habe es mit Groß-Demos und allem Möglichen versucht, nun greife man eben zu Aktionen, die direkter spürbar seien. Die Aktivisten stehen mit ihrem Gesicht und ihrem Namen ein, riskieren und bezahlen Strafen und sind auch mit Festnahmen konfrontiert. Aber all das nehme man in Kauf, in der Hoffnung, etwas zu erreichen.
Harte Kritik an der Grazer Straßenblockade
Harte Kritik an der Aktion kommt von FPÖ-Landeschef Mario Kunasek: „Die idiotische Aktion dieser Klima-Klebe-Chaoten ist eine Sauerei der Sonderklasse. Wenn hart arbeitende Pendler, Rettung und Feuerwehr aufgehalten werden, braucht es harte Strafen, man darf nicht zulassen, dass Klima-Fanatiker uns alle gefährden."
Der Grazer ÖVP-Chef Kurt Hohensinner sagt: Der Zweck, die absolute mediale Aufmerksamkeit zu erlangen sei zwar geglückt, man habe dafür aber auch die maximal mögliche Ablehnung und Verärgerung der Bevölkerung erfahren. Klebstoff sei kein Bindemittel für die Gesellschaft in dieser Frage: „Damit schadet die Letzte Generation auch dem wichtigen Anliegen des Klimaschutzes und dem gesellschaftlichen Diskurs darüber. Ich hoffe, dass nicht alle, die sich friedlich für den Klimaschutz einsetzen, nun durch diese radikale und gefährliche Ausformung in Misskredit gebracht werden.“ Der Stadtrat sieht auch die Koalition aus KPÖ, Grünen und SPÖ gefordert: "Ich erwarte mir nun klare Worte der Distanzierung durch die Vizebürgermeisterin Judith Schwentner und die Stadtkoalition. Es braucht jetzt Antworten darauf, wie sie in Zukunft solche Eskalationen auf den Grazer Straßen verhindern wollen."
Auch Alexis Pascuttini, Klubchef des Freien Gemeinderatsklubs (Ex-FPÖ) stößt ins selbe Horn: "Derartige Aktionen, die ausschließlich nur die hart arbeitende Bevölkerung auf ihrem frühmorgendlichen Weg in die Arbeit treffen, sind strikt abzulehnen. Ein entschiedenes Eingreifen der Polizei ist zukünftig von Nöten, damit eine solche Störung der öffentlichen Ordnung aus fadenscheinigen Gründen nicht regelmäßig vorkommt!"
Erst vor wenigen Tagen sorgte eine Straßensperre durch die Gruppe an Umweltaktivisten "Letzte Generation" in Berlin für großes mediales Aufsehen. Der Vorwurf: Weil sich die Demonstranten mit Superkleber auf der Straße angeklebt hatten, seien Rettungsfahrzeuge nicht durchgekommen. Das hätte möglicherweise verhindert, dass einer Radfahrerin nach einem Unfall das Leben gerettet werden hätte können. Die Aktivisten waren bestürzt über den Tod der Radfahrerin, wiesen die aufgebauschte Kritik aber zurück. Man werde weiter zu Blockaden greifen, um auf die Klimakrise hinzuweisen.
In Deutschland: Ausweitung radikaler Proteste angekündigt
Ungeachtet der stark zugenommenen Kritik an ihren Aktionen hat die Klima-Protestgruppe "Letzte Generation" eine Ausweitung ihrer radikalen Proteste angekündigt. "Wir werden unseren Protest in alle Bereiche tragen, die von der Klimakatastrophe betroffen sein werden", sagte die Aktivistin Carla Rochel am Sonntag im Sender RTL. Auch die Blockade von Flughäfen steht im Raum. Die CDU drängt auf eine Verschärfung von Strafen für Klimaaktivisten.
Die aktuelle Verkehrslage
Bernd Hecke