Ausgerissene Kloschüsseln, die gegen Polizisten geworfen werden, ein Feuer mitten am Hauptplatz, maskierte Fans mit massivem Pyrotechnikeinsatz, Pfefferspray auf beiden Seiten, eine Messerstecherei, mehrere Schwerverletzte ... Es waren nie dagewesene Ausschreitungen, die gewalttätige Fans rund um und auch beim Spiel von Sturm Graz und Feyenoord Rotterdam anrichteten.
“Etwas derartiges kennen wir in Österreich gar nicht”, sagt Polizeisprecher Fritz Grundnig. Auf gewalttätige Fans war man vorbereitet, auf dieses Ausmaß und diesen Grad von Aggressivität aber nicht. Dazu sei auch eine Diskrepanz zwischen der vom Veranstalter übermittelten Anzahl verkaufter Gästetickets und der tatsächlichen Anzahl von Angereisten gekommen: “Wir haben zunächst mit 1300 Fans gerechnet, gekommen sind aber etwa 2000 bis 2500”, sagt Grundnig. Nachsatz: “Obwohl ich den Begriff Fan hier nicht verwenden möchte.”
Die steirische Polizei wurde durch Kräfte aus Tirol, Salzburg und dem Burgenland verstärkt, da in Wien am selben Tag das Spiel Austria Wien gegen Lech Posen stattfand, standen die Polizeikräfte aus Wien nicht zur Verfügung. Auch Wasserwerfer, wie sie in Graz erstmals beim Spiel gegen Lazio Rom bereit gestanden wären, waren aufgrund des Spiels in Wien nicht zu bekommen.
Wie aggressiv die angereisten Fans waren, zeigte sich schon am Vorabend: Am Nationalfeiertag waren einige Fans aus Rotterdam nach Graz angereist – und auch da wurde am Abend im Innenstadtbereich schon verbotenerweise Pyrotechnik eingesetzt, Ermittlungen bezüglich der Übertretungen laufen. Am Nachmittag vor dem Spiel versammelten sich die Feyenoord-Fans dann am Grazer Hauptplatz - sie hinterließen nicht nur Unmengen von Müll und warfen Glasflaschen in die Luft, sondern entfachten am Platz vor dem Rathaus sogar ein Feuer. Ein Standler hatte noch versucht, den Brand zu löschen, dabei wurde er von niederländischen Fans eingeschüchtert. Die Polizei griff vorerst nicht ein.
Begleitet von massiver Polizeipräsenz marschierte die Feyenoord-Abteilung gegen 18.15 Uhr in Richtung Merkur-Arena - auch am Weg dorthin kam es zu einem massiven Einsatz von Pyrotechnik und vielen Sachbeschädigungen. Der “Corteo” sorgte auch für Verkehrsbeeinträchtigungen entlang der Strecke: Die Straßenbahnlinie 4 musste eingestellt werden, die Conrad-von-Hötzendorf-Straße war gesperrt, wie teils auch der A2-Zubringer Münzgrabenstraße und die Evangelimanngasse.
Eine Spur der Verwüstung im Stadion
Danach ging es im Stadion weiter: Schon während des Spiels kam es zu weiteren Gewaltausschreitungen und Sachbeschädigungen. Als Feyenoord dann in letzter Minute auch noch verlor, brachen aber offenbar die letzten Dämme - die Fans zerlegten das Stadion praktisch, hinterließen im Gästesektor eine Spur der Verwüstung, bewarfen Polizeibeamte mit Toilettenschüsseln und Tischen. “Sie drangen dabei auch in Bereiche ein, in denen sie nichts zu suchen haben”, so Grundnig. Die Schadenshöhe der begangenen Sachbeschädigungen ist noch Gegenstand laufender Ermittlungen.
Als die Fans aus dem Stadion strömten, wurden mehrere Fans, aber auch Beamte verletzt. Unter anderem kam es bei einer Tankstelle zu einer Messerstecherei, zwei niederländische Staatsbürger mussten mit schweren Stichverletzungen im LKH Graz behandelt werden. Vier dringend tatverdächtige Österreicher befinden sich in Haft, hieß es seitens der Polizei, es soll sich dabei aber nicht um Sturm-Fans handeln.
Auch einschreitende Polizeikräfte wurden im Zuge des Einsatzes verletzt – "dem Grade nach leicht", wie es bei der Polizei heißt. Während des gesamten Einsatzes kam es zu mehreren Festnahmen - wie viele genau, war zunächst noch unklar.
Während Sturm Graz für die Schäden im Stadion zunächst selbst aufkommen muss und dann erst über die UEFA eine Regressforderung an Feyenoord stellen kann, sollen die niederländischen Fans für ihre Taten zur Verantwortung gezogen werden. “Viele der Täter sind in den Niederlanden amtsbekannt”, sagt Grundnig: Über Aufnahmen aus Überwachungskameras und auch von Drohnen, die die Polizei zur Überwachung einsetzte, hoffe man in internationaler Zusammenarbeit, ihre Identitäten ausforschen zu können.
Alle Täter wird man wohl nicht ermitteln können, wie auch die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) meint, die sich entsetzt über das Ausmaß an Gewalt zeigt. “Die Kosten bleiben an der Allgemeinheit hängen. Auch dafür haben die Menschen zu Recht kein Verständnis.” So ein Verhalten sei einfach unwürdig: “Was kann der Sport dafür, dass ihn manche Leute als Vorwand für Zerstörungswut und Aggressionen missbrauchen!”