Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht an den Stammtischen in der Innenstadt von den explodierenden Energiekosten benachbarter Gastronomen oder Kaufleute erzählt wird. Die neue Vorschreibung für die Strom- und Gasrechnung mache nun das Zehnfache der bisherigen Kosten aus, hört man da. Das Beunruhigende: Diese Gruselgeschichten stimmen vielfach. Nach mehr als zwei Jahren wiederkehrender Pandemie-Flauten kommt auch auf Grazer Innenstadt-Unternehmen der nächste harte Winter zu.
Genaue Zahlen will Kastner & Öhler-Vorstand Martin Wäg nicht auf den Tisch legen. Aber er bestätigt: "Auch uns treffen exorbitant höhere Energiekosten." Auf diese reagierte das wichtigste Kaufhaus in der Innenstadt inzwischen auch: "Wir schließen unser Haus jetzt montags bis freitags um eine halbe Stunde früher, also um 18.30 statt um 19 Uhr."
Dadurch könnte man in Zeiten der Teuerung sowohl an Personal-, als auch an Energiekosten sparen. Wie immer gibt das K&Ö-Flagschiff hier den Kurs für die City vor. Wäg weiß, dass andere Geschäfte dem Beispiel folgen: "Wieder andere haben die Öffnungszeiten schon vor uns reduziert." Nur Shops von Ketten haben noch bis 19 Uhr offen.
Wo können die Kaufleute noch sparen? "Wir versuchen, Klimaanlage und Lüftung zu optimieren und achten darauf, dass in Nebenräumen das Licht abgedreht ist", sagt Wäg, aber damit seien keine massiven Einsparungen zu schaffen.
Ikea: Eingeschränkte Öffnungszeiten bleiben
Nicht nur in der Innenstadt gilt ein Spargebot. Auch bei Ikea in Webling fährt man weiter mit reduzierten Öffnungszeiten. Vor der Pandemie hielt der Schwede von 9 bis 21 Uhr offen, seither nur noch von 9.30 Uhr bis 20 Uhr. Dabei bleibt es, bestätigt Ikea-Sprecher Uwe Blümel: "Da geht es auch um Energie, aber vor allem ums Personal, das ja überall schwer zu finden ist." Überdies würden Kundenfrequenzen zeigen, dass der Abendeinkauf nach Corona nicht richtig angesprungen ist.
Diskussionen in Einkaufszentren
In den Grazer Einkaufszentren denkt man noch nicht an eine Verkürzung der Öffnungszeiten. Hier ist zumeist um 19.30 Uhr Ladenschluss. City-Park-Chef Waldemar Zelinka will Kurs halten: "Diese Öffnungszeiten sind vom Kunden gelernt, es wäre fatal, das zu ändern." Er gesteht aber ein, dass das im Center immer wieder diskutiert wird: "Aber wegen des Personalmangels und der aktuellen Krankenstände, nicht aus Energiespargründen."
Kastner & Öhler-Vorstand Martin Wäg ist und bleibt aber eben in dieser Teuerungsfrage unter Strom: "Wir brauchen ganz sicher eine Strompreisregulierung durch die EU, denn so werden hier Standorte, ganze Länder ruiniert." Er hofft auch, dass beim Energiekostenzuschuss des Bundes das letzte Wort noch nicht gesprochen ist: "Denn mit den Rahmenbedingungen, die wir bisher kennen, bekäme etwa unser Haus hier so gut wie keine Unterstützung."
Bernd Hecke