Kein Stelleninserat wird aktuell so hitzig diskutiert wie dieses: Ein Wirt aus Thal wollte mit schonungsloser Ehrlichkeit offene Stellen in seinem Betrieb schmackhaft machen, hat damit aber offensichtlich bei vielen das Gegenteil erreicht. In Bezug auf eine Vier-Tage-Arbeitswoche und flexible Dienstzeiten schreibt Roman Pekarz, Betreiber des Wirtshauses Kreuzwirt: "Sollte Sie diese Anforderung ansprechen, dann rufen Sie bitte nicht bei uns an, da mir dafür die Zeit zu kostspielig ist."
Auch Tage nachdem die Stellenausschreibung online gegangen ist, wird darüber diskutiert. Die Arbeit in der Gastrobranche ist ein Knochenjob – da sind sich die Userinnen und User auf sozialen Netzwerken einig. Aber vor allem auf Facebook hält sich die Annahme hartnäckig, dass junge Menschen nur auf der Suche nach leicht verdientem Geld seien. "Die Menschen werden immer verwöhnter, dümmer und fauler", meint etwa ein Nutzer.
Überstunden & Arbeit an Feiertagen
Dass das nicht stimmt, weiß ein ehemaliger Mitarbeiter des besagten Wirtshauses. Der 31-Jährige ist seit 2010 Koch, er hat auch Erfahrung in der Saisonarbeit gemacht und war bei diversen Betrieben mehrere Jahre lang beschäftigt – aber nur wenige Monate beim Kreuzwirt. "Leicht ist es in der Branche natürlich nicht. Du arbeitest viele Stunden, stehst den ganzen Tag", erzählt er. "Wenn du genau nach Vertrag arbeitest, wäre es eh kein Problem." Aber in der Praxis seien Überstunden und andere Mehrfachbelastungen oft nicht vermeidbar.
Die digitalen Diskussionen hat er mitverfolgt und auch die vorhin erwähnten Vorurteile sind ihm bekannt. "Ich kenne keine Leute in der Gastro, die zu faul sind, um Überstunden zu machen oder bis 23 Uhr am Abend und an Feiertagen zu arbeiten", sagt der Grazer, der auch selbst nicht vor Überstunden zurückschreckt, diese sollten aber kommuniziert werden. Und besagte Arbeitszeit müsse auch bezahlt werden. Es gehe nicht darum, möglichst viel Freizeit zu haben: "Aber man will von der Freizeit was haben und zumindest mitbestimmen, wann man sie hat."
Er selbst ist Vater eines dreijährigen Sohnes und hatte Faktoren wie die Sommerpause in der Kindertagesstätte zu berücksichtigen, die nicht mit dem Betriebsurlaub des Wirtshauses zusammenfiel. Das war mitunter ein Grund, warum er seine Arbeitsstelle beim Kreuzwirt aufgegeben hat.
Hat nicht gepasst
Pekarz hatte auf den jungen Mann als Nachfolger für seinen aktuellen Küchenchef gebaut, der bald in Pension geht. "Das ist eine betriebsinterne Geschichte, aber natürlich ist alles entlohnt worden", sagt der Gastronom. Mit einem Gehalt, weit über dem Kollektiv, habe er den 31-Jährigen motivieren wollen. Am Ende hat es für beide Seiten nicht gepasst. "Ich mache ihm keine Vorwürfe und habe kein Problem damit, wenn wer sagt, dass er geht", sagt Pekarz. Und auch der junge Mann hat mit der Sache abgeschlossen. "Wenn ein Job nicht passt, dann suche ich mir halt was Neues."
Er glaubt, dass sich Pekarz mit dem Stelleninserat wohl keinen Gefallen getan hat. Aber: "Ich finde es nicht okay, dass man auf Google oder anderen Plattformen schlechte Bewertungen für ein Restaurant abgibt, obwohl man selbst nie dort gewesen ist." Wie hier berichtet, ließen einige Nutzerinnen und Nutzer ihren Ärger in Hinblick auf die Ausschreibung auf Google Luft. Die widerrechtlichen Bewertungen sind inzwischen gelöscht worden.
Fehlende Gehaltsangabe
Online kritisiert wird auch, dass Pekarz in seinem Inserat keine Gehaltsangabe macht. "Seit 2011 ist das gesetzlich verpflichtend", sagt Elke Lujansky-Lammer von der Gleichbehandlungsanwaltschaft Steiermark auf Nachfrage der Kleinen Zeitung. Zwar gebe es Ausnahmen, aber bei Stellen dieser Art im Gastro- und Servicebereich sei es definitiv Pflicht. "Das Problem, dass Firmen darauf vergessen und die Vorgabe ignorieren, ist uns bekannt." Solche Fälle könne man melden, worauf das betroffene Unternehmen verwarnt wird. "Wiederholungstätern" droht eine Strafe von bis zu 360 Euro pro Geschäftsführer oder Geschäftsführerin.
Pekarz wartet nach wie vor auf ernst gemeinte Bewerbungen, ist aber überzeugt davon, dass noch welche bei ihm ins Haus flattern werden. Er selbst ist seit Jahrzehnten in der Gastrobranche tätig: "Für mich war der Lohn nie ein Problem, weil ich immer für das bezahlt worden bin, was ich geleistet habe." Genau deshalb betrachtet er den Wunsch vieler, mehr Freizeit zu haben, kritisch.
Sein ehemaliger Mitarbeiter hat bereits eine neue Stelle gefunden - mit 4-Tage-Arbeitswoche. "Stundenmäßig arbeite ich jetzt laut Vertrag sogar mehr als vorher, nämlich 10,5 Stunden auf vier Tage verteilt. Auch davor waren es oft 11 bis 13 Stunden pro Tag, aber an fünf Tagen", sagt der Koch. "Mir ist lieber, ich arbeite fix jeden Tag länger und weiß es, anstatt zu arbeiten, je nachdem wie viel los ist."
Claudia Mann