Morgen werden die letzten Norgerln ausgetrunken – dann ist Sperrstunde im "Schwarzen Adler". Anita und Rudolf Zarfl schließen das Traditionsgasthaus in der Leonhardstraße, das sie fast 20 Jahre lang führten. "Die 16-Stunden-Arbeitstage wurden einfach zu viel für uns", schildert Anita Zarfl.
Wieder ziehen sich Wirte zurück, wie etwa im Vorjahr der Gruberwirt in Mariatrost und der Heimkehrer in Andritz. Wieder sperren sie ein gutbürgerliches Haus in Graz zu. "Die traditionellen Betriebe werden leider weniger", bedauert Klaus Friedl, Fachgruppenobmann in der Wirtschaftskammer. "Die Personalsituation ist herausfordernd, darüber muss sich die Politik Gedanken machen." Lösungen hat auch er nicht.
Ebenso wenig wie Anita Zarfl: "Mein Mann, der eigentlich seit zwei Jahren in Pension ist, und ich haben den Betrieb allein geführt", schildert sie. Ausgeholfen haben die Söhne und ein Stammgast, der Herr Karl. Jahrelang habe man versucht, Leute zu kriegen, die nicht nur Arbeit, sondern auch Verantwortung abnehmen – vergebens. "Leider lassen viele ihre Finger von der Gastronomie", sagt Zarfl. Sie gehört nicht dazu, will kurz verschnaufen und dann in einem anderen Gastrobetrieb weiterarbeiten.
Ungerhof sucht neue Pächter
Bereits zugesperrt hat der traditionsreiche Ungerhof in der Ungergasse. Seit 1889 gab es dort fast durchgängig ein Gasthaus. "Wir suchen nun neue Betreiber, ein engagiertes Team mit Ideen", erzählt Hausbesitzerin Evelin Wutzl. Ihre Eltern führten den Ungerhof in den 1970er-Jahren, später ihre Schwester und der Sohn. 20 Jahre lang war der legendäre Kurt Haid Gastgeber, zuletzt wollte Antonio Lovric dort eine kroatische Küche etablieren. Als der Koch kündigte und sich die Personalsituation zuspitzte, ging es sich nicht mehr aus.
"Wir wollen den Standort unbedingt erhalten", gibt sich Wutzl kämpferisch. Auch sie hofft auf Hilfe durch die Politik, etwa in Form einer "Anschubunterstützung".
"Kulturgut muss erhalten bleiben"
Zurück zum Schwarzen Adler: Die Lokalität gehört der Akademischen Sängerschaft Gothia. In den Räumlichkeiten soll im nächsten Jahr ein neuer Betrieb landen. Julian Pekler – er betreibt die Burger Factory in der Feuerbachgasse – will nach einer Sanierung im Sommer 2023 quasi den "Schwarzen Adler 2.0" eröffnen: "Wir wollen dort die österreichische Wirtshauskultur erhalten."
Darauf setzt auch Klaus Friedl: "Das Kulturgut Gasthaus muss erhalten bleiben." Und darauf hoffen letztlich auch Helene Merl und Toni Prommer. Sie übergaben kürzlich nach langer Suche ihr bekanntes Leonhardstüberl an Ali Yilmaz, dessen Vater den "Mur Kebap" führt. Und Prommer freut sich: "Er will es als Gasthaus weiterführen."