Die Obdachlosen am Hauptplatz und in der Hans-Sachs-Gasse sorgen weiterhin für hitzige Diskussionen. Die jüngste Aussage einer hochrangigen Beamtin im Rathaus, es komme deshalb nicht zu Wegweisungen, weil Anstandsverletzungen nicht nachgewiesen werden können bzw. es kein Campingverbot in Graz gebe, sorgt nun aber für Kritik.
Der Grazer Rechtsanwalt Franz Unterasinger widerspricht heftig: "Das sind alles nur Ausflüchte, denn natürlich gibt es ein Landessicherheitsgesetz, das klar Anstandsverletzungen definiert. Der Mann am Hauptplatz macht Schmutz im öffentlichen Raum und es gibt ein Campingverbot in der Stadt, sonst könnte ja jeder einfach sein Zelt aufschlagen. Ich finde es eine Katastrophe der Sonderklasse, derlei Handlungen zuzulassen." Unterasinger stellt zwar klar: "Ich beneide niemanden, der auf der Straße lebt, das ist ja keine Frage." Ihn stört aber die Provokation. "Warum lassen wir uns das gefallen? Jeder von uns muss doch den Anstand wahren, warum kann man das bei anderen nicht einfordern?"
Menschliche Lösung gesucht
Juristisch sei die Situation nach Meinung des Anwalts jedenfalls klar: "Man sollte diese Leute durch die Polizei wegweisen lassen." Alfred Strutzenberger, Büroleiter von Bürgermeisterin Elke Kahr, hält diese Haltung wiederum für bedenklich: "Die meisten Leute machen sich Sorgen und wollen helfen. Wir sind auf jeden Fall auch um eine Lösung bemüht, die Gewalt und Wegweisungen nicht notwendig macht." Strutzenberger betont, dass der Obdachlose am Hauptplatz ständig versorgt werde, aber in keine Notschlafstelle will. Auch die Obdachlosen in der Hans-Sachs-Gasse nehmen das Angebot eines Jugendzentrums an.
Bürgermeisterin Kahr, die derzeit auf Urlaub weilt, kündigte indes an, das persönliche Gespräch mit den Betroffenen zu suchen, sie sei – so Strutzenberger – um eine menschliche Lösung bemüht. Anwalt Unterasinger greift das zu kurz: "Wir sollten vorsichtig sein mit der Haltung, zu nachsichtig zu sein."