Ein Schreiben, das die Träger von Kinderbetreuungseinrichtungen am Mittwoch verschickt haben, sorgt für Alarmstimmung bei steirischen Eltern. Was GiP, Rettet das Kind, Wiki und die Diözese Graz-Seckau darin festhalten: Der Fachkräftemangel hat einen Höchststand erreicht. Eltern müssen damit rechnen, im Herbst ohne Platz in Kindergarten oder Kinderkrippe dazustehen. Reduzierte Öffnungszeiten, die Umwandlung von Ganztages- in Halbtagesgruppen und sogar die Schließung von Gruppen stehen im Raum.
Verschickt wurde die „Eltern-Frühwarnung“ von den genannten Trägern flächendeckend. Wie es in den einzelnen Einrichtungen tatsächlich weitergeht, soll bis Mitte August klar sein. In dem Schreiben wird allerdings nicht ausgeschlossen, dass im Lauf des Jahres weitere Gruppen schließen müssen.
Kommentar zum Thema
230 Stellen können nicht besetzt werden
Die Größenordnung des Problems umrissen Vertreter der Träger am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. „230 Stellen können wir derzeit nicht besetzen“, fasste Wiki-Geschäftsführer Christian Leitner die Situation für Wiki, GiP, Volkshilfe, Diözese, Elver und Rettet das Kind zusammen. Für die städtischen Kindergärten in Graz gab Bildungsstadtrat Kurt Hohensinner (ÖVP), der kürzlich ein Maßnahmenpaket mit mehr Personal und Stundenaufstockungen auf Schiene gebracht hat, bekannt: „Rund 30 Stellen sind derzeit unbesetzt.“ Rein rechnerisch liegt damit folgendes Bedrohungsszenario für Eltern am Tisch: In den genannten Einrichtungen fehlen 120 Kinderbetreuer und -betreuerinnen sowie 140 Elementarpädagogen und -pädagoginnen. Geht man davon aus, dass eine Ganztagsgruppe zwei Pädagoginnen braucht, kämen 70 geplante Gruppen nicht zustande.
Umfassendes Paket gefordert
„Wenn sich die aktuelle Personalsituation nicht rapide verbessert, stehen wir am 12. September vor einem riesengroßen gesellschaftlichen Problem“, warnt Leitner. An das Land richten die Träger darum die dringende Forderung, den sogenannten „Personaldispens“, der im September ausläuft, zu verlängern. Er macht es möglich, dass einschlägig vorgebildete Kräfte, die nicht die Ausbildung einer Elementarpädagogin haben, Gruppen leiten dürfen.
„Kurzfristig muss man auch über den flexibleren Einsatz von Personal und Gruppenzusammenlegungen an Randzeiten nachdenken dürfen“, so Alexandra Strohmeier-Wieser, Leiterin des Referats für Elementarpädagogik der Diözese Graz Seckau. Langfristig fordern alle Beteiligten ein umfassendes Paket. Dazu zählen neue Ausbildungswege, Programme für Quereinsteiger, kleinere Gruppen und weniger Bürokratie. „Die Leute wollen mit Kindern arbeiten und im Berufsalltag ersticken sie in Behördenauflagen“, kritisiert GiP-Vorstand Peter Schwarz.
Amon: "Nicht vorschnell in Panik versetzen"
Neo-Landesrat Werner Amon (ÖVP), seit Kurzem für den Bereich Bildung zuständig, versucht die Wogen zu glätten. „In der Elementarpädagogik müssen wir rasch handeln, dennoch verwahre ich mich dagegen, Eltern sowie Pädagoginnen und Pädagogen vorschnell in Panik zu versetzen“, so Amon. Er will das Ergebnis von Gesprächen „rechtzeitig vor dem Herbst“ präsentieren und betont: „Wir werden niemanden zurücklassen.“
So reagieren FPÖ, Neos und KPÖ
Reaktionen darauf: Die FPÖ fordert „rasches und entschlossenes Handeln“. Für die Neos ist die Verlängerung des Dispenses ein „Signal in die falsche Richtung“. Die Grünen schlagen ein zusätzliches Monatsgehalt vor. Die KPÖ kritisiert unter anderem die Verunsicherung der Eltern durch den Brief.