Dies war wohl keine gute Werbung für die ÖBB: Rund 150 Schülerinnen und Schüler und deren begleitende Lehrerinnen und Lehrer des Grazer Gymnasiums Lichtenfels standen Montagfrüh am Hauptbahnhof in Graz. Sie wollten mit dem Zug um 7:26 Uhr zu einem Projekttag nach Wien fahren.

Daraus wurde es aber nichts: Die zwei ersten und drei dritten Klassen durften nicht mit der Bahn fahren – und dies trotz einer Reservierungsbestätigung. 

Der Unmut war groß, es kam zu Diskussionen mit Zugbegleitern und anderen Fahrgästen, enttäuschten Kindern und gestressten Lehrern. Die rund 50 jüngeren Kinder und deren vier Lehrerinnen, die bereits im Zug waren, mussten wieder aussteigen. Die anderen Schüler und Lehrer waren erst gar nicht eingestiegen. Alle mussten umdisponieren.

"Trotz einer Bestätigung vom 10. Juni, dass alle Sitzplätze sach- und fachgerecht von unserer Seite reserviert wurden, hat die ÖBB die Reservierungen von insgesamt fünf Klassen unserer Schule nicht bearbeitet", heißt es in einer schriftlichen Entschuldigung der Schule an die Eltern.

Halbe Stunde Verspätung

Jene Lehrerin, die die Reise organisiert hatte, hatte am vergangenen Donnerstag – Wochen nach der erhaltenen Buchungsbestätigung – bei den Bundesbahnen nachgefragt: "Dort hieß es, man werde sich rasch darum kümmern." Passiert ist offenbar nichts: "Der Zugbegleiter wollte uns nicht mitnehmen, der Zug hatte eine halbe Stunde Verspätung, weil wir doch versucht haben, die Reise irgendwie stattfinden zu lassen."

Die anderen Fahrgäste hätten großteils mit Verständnis reagiert, sagt die Lehrerin. Ihre Schüler wollten zu einer Exkursion in den Tierpark nach Schönbrunn, dessen Führung kurzfristig abgesagt werden musste: "Dort reagierte man verständnisvoll, weil wir scheinbar nicht die einzigen sind, die wegen den ÖBB absagen mussten."

"Kommunikationspannen"

Der provisorische Schuldirektor Nikolaus Holzapfel ärgert sich über ein "systemisches Problem der ÖBB": "Es passierten Kommunikationspannen. Man wird den Verursacher nicht finden. Aber vielleicht gibt es eine Klarstellung der ÖBB, wieso man diese Reservierungen innerhalb eines Monats nicht bearbeiten konnte."

Es hätte keine klaren Informationen gegeben. Die Gruppenreservierungen wurden am 2. sowie am 10. Juni beantragt. Danach gab es eine Bestätigung per Mail, in der es hieß, dass die Reservierung mehrere Wochen dauern könne und man im Fall voller Züge gesondert kontaktiert werde.

"Nachdem wir bis vorletzter Woche weder eine Bestätigung noch eine Absage der Reservierung erhalten haben, wollten wir uns am 25. Juni beim ÖBB-Kundenservice des Grazer Hauptbahnhofes weitere Informationen holen. Hier wurde uns mitgeteilt, dass wir uns an die Hotline der ÖBB-Schulcard wenden sollen. Diese kann man jedoch am Wochenende nicht telefonisch erreichen", schildert Holzapfel.

Bestätigung oder Absage kam nicht

Diese Hotline wurde letzte Woche angerufen. Dort wurde der Lehrperson mitgeteilt, dass der Fall bearbeitet werde und es eine Rückmeldung per Mail und Anruf gebe. "Man hat uns versichert, dass die Reservierung mit einer so großen Schüleranzahl Priorität hat."

Eine Bestätigung oder eine Absage kam bis gestern nicht. "Hätte man uns vorher Bescheid gegeben, dass eine Reservierung nicht möglich ist, weil der Zug ausgebucht ist, hätten wir von vornherein umgeplant", betont der provisorische Schulleiter. Und weiter: "Wenn ich weiß, dass halb Graz nach Wien fährt und es nicht möglich ist, dass innerhalb eines Monats diese Sitzplatzreservierungen bearbeitet werden, ist dies ein Armutszeugnis für die ÖBB."

"Niemand einen Fehler zuschieben"

Bei den ÖBB werde dieser Fall geprüft, betont Pressesprecher Herbert Hofer, der sich seitens des Unternehmens auch entschuldigt. "Ich will niemand einen Fehler zuschieben, es tut mir für die Schüler, die Lehrer und die Eltern leid." Offenbar habe es aber keine konkreten Reservierungen gegeben: "Und dann mit 150 Schülern zum Bahnhof zu gehen und zu hoffen, dass Plätze reserviert sind, ist fahrlässig."

Aber wieso erhält man mehr als einen Monat lang keine konkreten Rückmeldungen? "Wir haben irrsinnig viele Anfragen. Wir müssen im System den Fehler suchen." Kurzfristig Waggons einzuschieben, sei nicht möglich, es gebe genaue Vorgaben. Eine strikte Reservierungspflicht sei auch kein Thema: "Wir haben ein offenes System, in dem jeder Reisende mit dem Zug fahren kann, und davon wollen wir auch nicht ablassen."

Das beinhalte aber auch, dass eben Leute ohne reservierte Plätze keinen fixen Anspruch darauf hätten.

Auch weiterer Zug voll

Zurück nach Graz: Wie sah das Alternativprogramm aus? Einige Lehrer versuchten kurzfristig, Tickets für einen späteren Zug nach Wien zu ergattern. Erfolglos. Andere wollten mit dem Bus nach Herberstein fahren. Auch dies war mangels genügend Plätzen nicht möglich. Etliche Klassen wichen dann nach Gösting aus, wo sie zur Ruine wanderten. 

Die Eltern sollen die bereits einbezahlten Beträge für den nicht stattgefundenen Ausflug jedenfalls zurückerhalten. Zuvor müsse die Schule aber noch die Monatsrechnung der ÖBB abwarten. Die Fahrt nach Wien hätte exakt 3166,72 Euro gekostet. "Wir werden die Fahrt nicht bezahlen", zeigt sich die zuständige Lehrerin kämpferisch. Ob sie überhaupt verrechnet werde, würde man erst im Juli sehen. Die Eltern habe man so lange um Geduld gebeten.

Übrigens: Zahlreiche Gymnasiasten aus dem BG/BRG Lichtenfels machten sich auch heute nach Wien auf – da aber mit dem Flixbus. Und jener Zugbegleiter, der in Graz den Ärger vieler Fahrgäste abbekam, begab sich nach der Ankunft in Wien in Krankenstand.