Graz ist so regenbogen-bunt wie nie: Es gibt einen Regenbogen-Zebrastreifen beim Kunsthaus, Herrengasse und Rathaus sind erstmals mit Regenbogenflaggen bestückt, und auch der Erzherzog-Johann-Brunnen am Hauptplatz, der in einer Nacht-und-Nebel-Aktion illegalerweise bemalt wurde, leuchtet nach wie in Regenbogenfarben.
Das sind aber nicht die einzigen Neuerungen zur Grazer CSD-Parade, die am Samstag in Gedenken an den Christopher-Street-Day – er erinnert an den ersten bekanntgewordenen Aufstand von Homosexuellen und anderen sexuellen Minderheiten gegen die Polizeiwillkür in der New Yorker Christopher Street am 28. Juni 1969 – in Graz stattfindet. Zum ersten Mal in der Geschichte hat der amtierende Stadtchef, Bürgermeisterin Elke Kahr, zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gesprochen – dass die KP-Chefin hier überhaupt zugesagt hat, war ein weiteres wichtiges Signal für die LGBTIQ*-Gemeinde.
Umjubelte Reden von Kahr und Schwentner
Und: Auch Vizebürgermeisterin Judith Schwentner (Grüne) setzte ein Zeichen – in diesem Fall aber nicht durch Worte, sondern durch Musik. Die frühere "DJane Odessa" feierte ein Comeback auf einem der Wagen am Hauptplatz. Aufgelegt wurde ausschließlich ukrainische Musik – ist doch Schwentner eine langjährige Kennerin des Landes und hat auch eine gute Freundin in Lemberg. Mit dem Auftritt wollte sie ein Signal gegen den russischen Angriffskrieg setzen.
Hier Teil eins der Fotos vom CSD 2022:
Die weibliche Stadtspitze fand jedenfalls treffende Worte: "Mir ist es wichtig - um es einmal mehr zu sagen -, dass wir uns nicht über Unterschiede definieren sollen, sondern darüber, was uns alle gemeinsam eint, was unsere Gesellschaft in Wirklichkeit zusammenhält", so Kahr. Die Regenbogenfahne würde das auf die schönste Weise zeigen: "Eine Welt, die bunt, vielfältig und angstfrei ist", so die Bürgermeisterin. "In so einer Welt wollen wir alle leben". Auch spricht sie sich für eine Änderung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz aus, weil es immer noch zu Diskriminierung kommen könne.
Vizebürgermeisterin Schwentner brachte hingegen den Ukraine-Krieg ins Spiel: "Auch dort geht es um Menschenrechte, auch LGBTQ-Rechte sind nichts anderes als Menschenrechte." Jeder Mensch sei anders, "dieses Anderssein zu respektieren ist die größte Aufgabe, die Menschen jeden Tag zu bewältigen haben". Es gehe um Respekt, denn "Liebe ist Liebe". Die beiden Rednerinnen wurden laut Polizei von rund 10.000 Gästen umjubelt, die bei der Pride in Graz dabei waren. Angemeldet waren lediglich so viele, wie bei den Vorgängerveranstaltungen - nämlich 2000 bis 5000. Die Beamten beurteilten die Versammlung als total friedlich und harmonisch und ohne jedwede Zwischenfälle.
Teil 2 der Fotos vom CSD 2022 in Graz:
CSD-Tram, Innenstadt - ganz Graz trägt Regenbogen
Vor der Grazer CSD-Parade und zum Parkfest am Samstag gab es diese Woche einige Programmpunkte: Am Dienstag fand in der Heilandskirche ein ökumenischer Regenbogen-Gottesdienst statt. Am Mittwochnachmittag pendelte die CSD-Tram zwischen Steirerhof und Laudongasse. Am Freitag eröffnet die Sonderausstellung "Ganz schön bunt! Das Phänomen Regenbogen" im Volkskundemuseum, geöffnet bis 4. Dezember.
Als Zeichen der Solidarität und Toleranz hat der Präsident des Oberlandesgerichts Graz, Michael Schwanda (rechts), am Dienstag zum Christopher-Street-Day gemeinsam mit Joe Niedermayer und Patricia Deutschmann aus dem Vorstand der RosaLila PantherInnen die Pride-Flagge am OLG Graz gehisst – als erstes Gerichtsgebäude Österreichs.
Für viele Passantinnen und Passanten ist es zumindest ein netter bunter Anblick, für die Grazer LGBTIQ-Gemeinde aber ein lang gehegter Herzenswunsch, der endlich in Erfüllung geht – und vor allem ein immens wichtiges Zeichen: Am Montag wurden vor dem Grazer Rathaus und in der Herrengasse Regenbogenflaggen gehisst, und zwar offiziell und in Anwesenheit von Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ), Stellvertreterin Judith Schwentner (Grüne) sowie Vertreterinnen und Vertretern von SPÖ und Neos.
Ein Zeichen ganz in Bunt - auch am Zebrastreifen
Im letzten Jahr hatte es zumindest auf dem Schloßberg Regenbogenflaggen anlässlich von Pride Month und Christopher-Street-Day (28. Juni) gegeben, eine Beflaggung der Innenstadt war vorübergehend überhaupt ausgesetzt worden. Für eine kleine, inoffizielle Beflaggung des Rathauses hatten davor jahrelang die Grazer Grünen auf Initiative der damaligen Vizebürgermeisterin Lisa Rücker gesorgt – die Partei musste den Fahnenplatz aber eigens anmieten.
Im Juli 2021 wurde dann der Regenbogen-Zebrastreifen vor dem Kunsthaus umgesetzt. Und heuer ließ die neue Stadtregierung anlässlich des Pride Month, der international jeden Juni gefeiert wird, auch die Straßenbahnen mit Regenbogenfähnchen beflaggen. Weil, wie Bürgermeisterin Kahr unterstreicht, ihr die Unterstützung der Community ein großes Anliegen ist: "Ich finde es wichtig, die Fahnen zu hissen, weil ich mir mein Leben lang eine Gesellschaft gewünscht habe, die so bunt ist wie der Regenbogen." Für Joe Niedermayer von den RosaLila Panther:innen – der Verein veranstaltet auch die CSD-Parade am Samstag – ist das Engagement der Stadt Graz naturgemäß ein wichtiges Zeichen, für das man lange gekämpft hat. Das mache Betroffenen Mut, zu sich zu stehen und trage zur Akzeptanz der Bevölkerung bei. Und: "Außerdem bekennt sich Graz öffentlich zu seinen Werten als Menschenrechtsstadt."