Lärmende Musik, Müll auf der Wiese, stinkender Rauch – manche Anrainer, Medien und Politiker zeichnen ein düsteres Bild von der Grazer Auwiesen, die "Kronen Zeitung" schrieb unlängst sogar von "Anarchie". Ein Gegenbild entwerfen die Grillenden: Spielende Kinder, ein geselliges Miteinander von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund und der Müll in der Tonne. Wie geht es nun wirklich zu auf der Auwiesen? Ein Lokalaugenschein bringt Klarheit.
Arabische und englische Musik
Sonntag, 17 Uhr, strahlend blauer Himmel und 24 Grad: Besser könnte das Grillwetter nicht sein. Vor allem an den Wochenenden ist die Liebenauer Auwiesen gut besucht: Heute haben sich wieder hunderte Menschen eingefunden, einige mit der Familie, einige mit Freunden und andere allein. Manche haben große Zelte mitgebracht, um sich vor Wind und Sonne zu schützen.
Etliche Gruppen lassen Musik aus den eigenen Boxen erklingen: Man hört vor allem englischen Pop und Rap, aber auch arabische Musik. Songs von US-Stars wie Rapper Drake und arabische Volkslieder wechseln einander ab.
"Umweltschutz hat etwas mit Manieren zu tun"
Viele der Grillenden haben einen Migrationshintergrund. So auch der 23-jährige Burak, der heute mit einigen Freunden da ist. Konfrontiert mit den Schilderungen der Anrainer, führt er aus: "Umweltschutz hat etwas mit Manieren zu tun. Wir passen auf, keinen Müll liegenzulassen, wir wollen ja auch für die kleineren Kinder Vorbilder sein."
"Nur sehr wenige lassen ihren Müll auf der Wiese liegen", meint Masi (28), die hier den Tag mit ihren Freundinnen genießt. Arash Nabizadeh (22) grillt heute mit seinen Eltern und zwei Geschwistern, "bis die Sonne untergeht". Auch ihm ist "Naturschutz sehr wichtig". Seine Lösung: "Es muss öfter und strenger kontrolliert werden." Burak und Masi stimmen zu. Ebenfalls einer Meinung sind sie über ein völliges Grillverbot: "Das wäre schrecklich!", erklärt Masi.
"Ort der Integration"
Für Burak ist ein Verbot "Blödsinn", denn: "Die Auwiesen ist ein sozialer Ort." Da schließt sich auch Patrick Schitter (31) an: "Das ist eine Begegnungszone der Kulturen, ein Ort der Integration." In einem Grillverbot sieht er "einen Vorwand, um eine Maßnahme gegen Ausländer zu setzen, da schlägt vielleicht der Migrantenhass durch."
Am besten kennt die Grazer Auwiesen wohl Michael, der dort seit acht Jahren "Michi's Würstelstand" betreibt. "Ich hatte noch nie ein Problem mit den Migranten, das Müllproblem ist nicht vorhanden, es geht den Kritikern wohl einfach gegen die Ausländer." Mit einem Lächeln erzählt er: "Die Familien schenken mir sogar oft etwas zu essen!"
Die Grill-Frage hat auch einen sozialen Aspekt: "In Graz ist Grillen sehr schwierig, wenn man keinen Garten hat – das hier ist der einzige Platz, man sollte ihn nicht wegnehmen", meint Arash Nabizadeh.
Sondersitzung im Bezirksrat wird einberufen
Den Liebenauer Bezirksvorsteher Karl Christian Kvas (ÖVP) beschäftigt die Auwiesen-Diskussion schon länger. Sein Vorschlag: Wer einen der 14 betonierten Grillplätze nutzen will, soll sich vorher anmelden und eine Kaution zahlen. Außerhalb der 14 Plätze ist das Grillen ohnehin verboten, woran sich aber nicht alle Anwesenden halten.
Innerhalb der nächsten zwei Wochen will er eine außerordentliche Sitzung des Bezirksrates abhalten, um das Thema mit allen Parteien zu besprechen. Am Sonntag war jedenfalls von Anarchie keine Spur, nur wenige leere Plastikflaschen haben den Weg bis zum Mistkübel nicht geschafft, die musikalische Untermalung war jenseits der angrenzenden Autobahn nicht zu hören.
Philipp Axmann