"Ich habe sie alle einfach persönlich angerufen – und so gut wie alle haben sofort zugesagt, dass sie sehr gerne kommen und ohne Gage auftreten", erzählt Künstlermanager Norbert Lambauer, der mit Gerald Prabitz und Klaus Leutgeb hinter einem wahren Benefiz-Gipfel der heimischen Schlagerstars für die Ukraine steht. Mehr noch: "Die meisten haben gemeint, dass sie schon darauf gewartet haben, dass jemand ein Benefizkonzert organisiert".
Die Namen der Bühnenhelden konnte sich jedenfalls sehen lassen: Melissa Naschenweng, Semino Rossi, Nik P., die Nockis – fast 20 der größten Schlagerstars der Alpenrepublik traten am Sonntag gemeinsam in der Steiermarkhalle beim Schwarzlsee im Rahmen von #saveUkraine bei einem Schlagerkonzert für die Ukraine auf.
Schlager-Gipfeltreffen mit 2500 Fans
Bei all den Größen tat der Stimmung auch das Wetter keinen Abbruch. Obwohl die Veranstaltung vom Open-Air-Bereich in die Halle verlegt werden musste. Die 2500 Gäste tanzten und sangen stundenlang zu den Hits beim Schlager-Gipfeltreffen.
Dort wurden die Fans schon ab 13 Uhr eingelassen, bis zur offiziellen Eröffnung um 14.55 Uhr gab es ein DJ Warm-Up. Danach ging es intensiv weiter: Bis 21 Uhr ist das Konzert angesetzt, Nik P. gibt den Abschluss-Act. Zuvor erschien Melissa Naschenweng, wie sie selbst formulierte "in ziviler Kleidung" im Backstage-Bereich. Auf der Bühne gab sie aber "natürlich" in Lederhose ihre Hits zum Besten. Das ganze Konzert gibt es im Streaming-Fenster (ganz unten im Artikel) zum Nachschauen.
Auch zum eigentlichen Anlass der Veranstaltung wurde gesprochen: Zoryana Adrusyak von der Initiative "Save Ukraine Graz" hielt eine kurze Rede. Und Nik P. bestritt das große Finale mit dem dazu passenden Titel "Frieden" und sang eben diesen damit in die Welt.
Die Draufgänger mit persönlicher Ukraine-Verbindung
Und was sagen die Stars zu dem Event? Für Chiara Prossinger von den "Draufgängern" war sofort klar: "Da machen wir mit!" Die Band musste nicht einmal überlegen, erzählt sie. "Wenn wir irgendwie helfen können, dann machen wir es auf jeden Fall."
Für Prossinger ist der Ukraine-Krieg auch persönlich berührend: Der Bruder einer guten Freundin kämpft auf der Seite der Ukraine, die Mutter konnte nach Österreich gebracht werden. Nicht zuletzt deshalb will sie eine Wohnung für zwei oder drei Flüchtlinge zur Verfügung stellen.
Die Teilnahme an der Veranstaltung ist für die Band aber nicht politisch, sondern "einfach menschlich, hier geht es um Menschenrechte". Abgesehen vom persönlichen Engagement geht es ihr aber auch um die größere Wirkung des Konzerts: "Wir wollen ein Zeichen setzen."
Erstes größeres Konzert seit Corona
Ähnlich sieht man das bei der steirischen Band Alle Achtung - bekannt für den Hit-Song "Marie". Von einem "Zeichen für den Frieden" spricht Gitarrist Markus Bieder. Für die Band ist es auch einer der größten Auftritte seit dem Ausbruch des Coronavirus: "Wir haben so lange geprobt, jetzt können wir endlich wieder spielen", schildert Bieder.
Sein Kollege und Frontmann Christian Stani erzählt von einer persönlichen Ukraine-Verbindung: Ein Monat vor dem russischen Einmarsch teilte eine ukrainische Bassistin ein Video von Alle Achtung in den sozialen Netzwerken. Die Band hatte online Kontakt mit der Ukrainerin - bis Kriegsbeginn, doch seither konnten sie die Musikerin nicht mehr erreichen.
"Das wird es nie wieder geben"
Ein Grund mehr für die gute Sache auf der Bühne zu stehen. Das dachte sich auch Matty Valentino, bekannt für den Partysong "Hurra die Gams". Er hat für das Benefizkonzert sogar einen anderen Aufritt abgesagt und ist aus Innsbruck angereist. Und: "So ein Konzert zu so einem Eintrittspreis besuchen zu können, das wird es vielleicht nie wieder geben", ist der Sänger überzeugt. Auch er rückt den karitativen Aspekt in den Vordergrund: "Für den Einzelnen ist es eine kleine Spende, aber gemeinsam können wir etwas bewegen."
Bei all der Gaude bleibt letztlich nur die Frage: Soll man während eines Krieges in Europa überhaupt eine solche Veranstaltung feiern? "Auf Konzerte zu verzichten, ist das Schlechteste, das man tun kann", meint Stani: "Wenn so ein Krieg in Österreich passieren würde, würde es mir denke ich auch ein bisschen helfen, wenn in anderen Ländern solche Konzerte für uns stattfinden würden." Bieder fügt hinzu: "Und auch den jungen Leuten in Österreich sollte man das Feiern jetzt wieder ermöglichen, sie mussten in den letzten Jahren genug leiden."
Philipp Axmann