Dass die Zahlen zuletzt anlässlich des internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen schon öfters genannt wurden, ändert nichts daran, wie schockierend sie sind: 29 Frauenmorde gab es heuer bereits österreichweit. Mehr als zwei Frauen sind in diesem Jahr durchschnittlich durch ihre (Ex-)Partner gestorben. 20.587 Opfer familiärer Gewalt waren es im Vorjahr, die von Gewaltschutzzentren und Interventionsstellen in Österreich betreut wurden.
Im Zuge der internationalen Kampagne "16 Tage gegen Gewalt" - jedes Jahr vom 25. November, dem internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, bis zum 10. Dezember, dem internationalen Tag der Menschenrechte - machen weltweit Aktionen und Initiativen auf das Recht auf ein gewaltfreies Leben aufmerksam, auch in Graz. Hier hat man die eigenen Aktionen erst am Tag fünf der 16 Tage vorgestellt - "um die Aufmerksamkeit noch etwas länger auf das Thema zu lenken", wie Doris Kirschner vom Referat Frauen & Gleichstellung der Stadt Graz sagt.
Kampagne mit Grazer Schauspielstars
Mit der auch für Frauen-Angelegenheiten zuständigen Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) stellte sie am Montag die Grazer Kampagne mit dem Titel "#grazstehtauf - Schau nicht weg. Gewalt gegen Frauen geht uns alle an!" vor. Ziel ist es, die Gesellschaft dafür zu sensibilisieren, Solidarität mit den betroffenen Frauen und Zivilcourage zu zeigen.
Außerdem will man den betroffenen Frauen niederschwellig Hilfsangebote näherbringen - unter anderem, indem auf den Rechnungen der Stadt Graz künftig die Nummer des 24 Stunden täglich erreichbaren Frauennotrufs abgedruckt werden soll.
Drei von der Filmproduktionsfirma Henx produzierte Video-Spots mit Martina Poel (als Freundin einer Betroffenen), Gregor Seberg (als aufmerksamer Hausmeister) und Pia Hierzegger (als engagierte Polizistin) rufen dazu auf, nicht wegzuschauen - sie werden in den nächsten Tagen via Social Media ausgespielt und sind ab Dezember in den öffentlichen Verkehrsmitteln und (hoffentlich) auch im Kino zu sehen.
Broschüre und Taschenalarm zum Bestellen
Die Broschüre „Selbst Sicher!“ wird bereits in der dritten Auflage herausgegeben. Sie enthält zahlreiche Verhaltenstipps für Betroffene, Angehörige und Außenstehende in verschiedenen Gewaltsituation, von häuslicher Gewalt, sexueller Belästigung über Stalking bis zur Selbstverteidigung sowie Adressen und Telefonnummern von Institutionen und Anlaufstellen, an die man sich wenden kann. Sie kann kostenlos über frauen.gleichstellung@stadt.graz.at bestellt werden - wie auch ein kleines Alarmgerät, ein sogenannter „Taschenalarm“, der einen schrillen Alarmton auslöst, wenn man sich in Gefahr wähnt.
"Wir müssen potenzielle Opfer schützen, bevor Morde passieren", sagt Bürgermeisterin Elke Kahr - und dazu gehöre das Hinschauen. Die Gesellschaft müsse die Anwaltschaft für diese Frauen übernehmen. Kahr wies darauf hin, dass geschlechtsspezifische Gewalt an Frauen häufig hinter verschlossenen Türen passiere, "im engsten Familienkreis, in Beziehungen. Sie findet in jeder Gesellschaftsschicht statt, auch in den sogenannten 'besten Familien'. Betroffene Frauen denken oft, sie seien selber schuld an ihrem Leid, schämen sich für die Demütigung, getrauen sich nicht, über das Thema zu sprechen, verharmlosen gewaltsame Übergriffe ihrer Partner, wissen nicht, wohin sie sich wenden können oder werden nicht ausreichend gehört."
In Graz werde man aus diesem Grund die Fraueneinrichtungen – besonders für Opfer von häuslicher Gewalt – künftig besser fördern. "Wir wollen weitere Übergangswohnungen für betroffene Frauen schaffen und die Männerberatung ausbauen", so Kahr.