Erstmals stehen mit Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) und Vizebürgermeisterin Judith Schwentner (Grüne) zwei Frauen an der Spitze der Landeshauptstadt. In der konstituierenden Sitzung des Gemeinderates ist Kahr mit den Stimmen der neuen Koalition aus KPÖ, Grüne und SPÖ (mit 28 von 46 Stimmen) zur neuen Stadtchefin gewählt worden. Judith Schwentner erhielt als Vizebürgermeisterin 42 von 46 Stimmen. Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) hat beide angelobt.
Die weiteren Grazer Stadträte, die - nach ihrer Wahl per Handzeichen - ab heute im Amt sind, sind Robert Krotzer und Manfred Eber (beide KPÖ), Kurt Hohensinner und Günter Riegler (beide ÖVP) sowie Claudia Schönbacher von der FPÖ. Letztere spielen ja aufgrund des Proporzsystems nicht nur eine Rolle auf der Regierungsbank, sondern haben sich auch als kontrollierende Oppositionsparteien in Stellung gebracht. Gemeinsam mit den Neos haben sich Schwarz und Blau gegen die Wahl der Kommunistin Elke Kahr gestellt. Begründet haben sie dies auch mit den Verbrechen in kommunistischen Regimen in der Geschichte und einer mangelnden Distanzierung durch die Grazer KPÖ. Bei der Wahl der Stadträte haben jeweils nur die zwei Neos-Mandatare gegen die Kandidaten gestimmt.
Für eine Überraschung sorgte schließlich die ÖVP, die Judith Schwentner als Vizebürgermeisterin vorgeschlagen und sie auch mit gewählt hat.
Lesen Sie im Protokoll unten, wie die konstituierende Gemeinderatssitzung verlaufen ist. Den Livestream können Sie hier bis zum 23. November nachschauen.
Liveticker: So lief die konstituierende Gemeinderatssitzung ab
15.38 Uhr: Bürgermeisterin Elke Kahr schließt die Konstituierende Gemeinderatssitzung.
15.08 Uhr: Nach einer kurzen Pause folgen noch die Referatsvergaben und organisatorischen Beschlüssen. Die Festlegung der Referatseinteilung wurde gegen die Stimmen der NEOS angenommen, die Bestellung verschiedener Gemeinderatsausschlüsse und deren Mitglieder und Ersatzmitglieder einstimmig, wie auch die Wahl der Mitglieder der gemeinderätlichen Personalkommission. Zuletzt wurden noch die nächsten Sitzungen des Gemeinderates beschlossen: 16. Dezember (12 Uhr, Budget-Provisorium), 20. Jänner 2022 (12 Uhr). Auch dieser letzte Punkt wurde einstimmig beschlossen.
14.06 Uhr: Nach der Angelobung durch den Landeshauptmann hält die neue Vizebürgermeisterin Judith Schwentner von den Grünen ihre erste Rede. Sie spricht von einem großen Tag, weil zwei Frauen an der Spitze stehen. Auch von der großen Freude, Baudirektion, Stadt- und Verkehrsplanung in einer Hand führen zu können, weil das für die klimafreundliche Entwicklung des neuen Graz entscheidend sei. Sie habe aber auch großen Respekt vor dieser Aufgabe in dieser Stadt, die reich an Ressourcen sei. Jedenfalls stehe sie für eine Stadt, die grüner werde, in "der Kinder keine Angst haben müssen, mit dem Rad zur Schule zu fahren und es Ältere bei der Grünphase auch zu Fuß über die Straße schaffen können."
13.49 Uhr: Christine Braunersreuther (KPÖ) schließt sich an: "Mich freut es sehr, dass nach jahrelanger patriarchaler Dominanz hier zwei Feministinnen an die Spitze der Stadt kommen." Sie dankt auch der ÖVP, dass sie die grüne Kandidatin vorgeschlagen hat. Auch Grünen-Gemeinderätin Manuela Wutte dankt der ÖVP für dieses Signal, Schwentner auch mitzuwählen.
13.47 Uhr: Anna Robosch, SPÖ-Gemeinderätin, thematisiert vor allem die historische Veränderung in der Stadt, dass nun gleich zwei Frauen die Geschicke der Stadt lenken werden: "Das macht mich als Feministin und Frau sehr stolz." Es seien hier nicht nur Feministinnen, sondern auch große Frauen am Werk. Die SPÖ wählt Schwentner.
Hohensinner wird nicht zum Vizebürgermeister gewählt
13.41: Kurt Hohensinner wird nicht Vizebürgermeister. Er erzielt nicht genügend Stimmen: 46 Stimmen wurden abgegeben, ungültig waren 29, 17 Stimmen entfielen auf den ÖVP-Obmann. Nun muss die Wahl wiederholt werden. Das Vorschlagsrecht bleibt auch diesmal bei der ÖVP als zweitstärkster Kraft. Und die Stadtschwarzen überraschen: Sie schlagen die Grüne Judith Schwentner als Vizebürgermeisterin vor und werden sie auch wählen. Viele hatten damit gerechnet, dass sich Hohensinner ein zweites Mal nominieren lassen würde. Dann hätte es eine 24-stündigen Sitzungsunterbrechung gegeben. Der ÖVP-Obmann wollte nur einmal aufzeigen, dass die KPÖ Kahrs eben Versprechen breche - wie jenes, dass der zweitstärkste Partei der Vizebürgermeister zustehe.
13.32 Uhr: Michael Ehmann, SPÖ-Klubchef, unterstreicht das Bekenntnis zur Koalition und kündigt auch Judith Schwentners Wahl zur Vizebürgermeister an.
13.24 Uhr: Grünen-Klubchef Karl Dreisiebner erklärt - bei aller Zusammenarbeit zwischen den Parteien und dem neuen Stil -, was die neue Koalition macht. Sie teilt wichtige Ressorts nicht auf, aber sie habe die Stadträte der anderen Parteien auch mit wichtigen Agenden ausgestattet. Neben Stadtsenatssitzungen werde die neue Koalition auch Stadtregierungssitzungen einführen, an denen alle Parteien teilnehmen können - um so für alle den Informationsfluss und auch Transparenz herzustellen. Er lädt die Opposition ein, zu kritisieren, aber auch gemeinsam mitzuarbeiten. Die Grünen sprechen naturgemäß sich für Judith Schwentner als Vizebürgermeisterin aus.
13.20 Uhr: FPÖ-Klubchef Alexis Pascuttini sieht die KPÖ wortbrüchig und schließt für seine Partei aus, die Grüne Judith Schwentner zur Vizebürgermeisterin zu wählen. Er moniert auch, dass der steirische FP-Klubchef Mario Kunasek nicht als Ehrengast eingeladen worden sei: Ein Foul der Ausgrenzung.
13.13 Uhr: KPÖ-Klubchefin Christine Braunersreuther tritt ans Pult, um der Volkspartei zu antworten. Die KPÖ habe nun die Chance, zu beweisen, dass sie Verantwortung tragen könne. Doch sei man froh, dass man auch andere Partner habe, mit denen man sich diese Verantwortung teilen könne. Sie erinnert daran, dass die KPÖ eigentlich alle Stadtsenatsparteien für eine breite Zusammenarbeit gewinnen wollte. Wäre es dazu gekommen, wäre Hohensinner das Amt des Vizebürgermeisters zugestanden. Doch die Volkspartei habe gegenüber der KPÖ mit großem Misstrauen agiert und sei an einer Einigung nicht interessiert gewesen. Deshalb habe es die Entscheidung für die Koalition mit den Grünen und der SPÖ gegeben. Damit habe sich die KPÖ auch dazu entschieden, Hohensinner nicht als Vizebürgermeister zu wählen. Nun soll eben "die zweitstärkste Partei die Vizebürgermeisterin stellen, das ist Judith Schwentner von den Grünen". Der Wählerwille habe den Wunsch nach Veränderung zum Ausdruck gebracht. Dafür stehe die neue Koalition eben.
ÖVP nominiert ihren Obmann Hohensinner als Vizebürgermeister
13.10 Uhr: Die Klubchefin Daniela Gmeinbauer (ÖVP) zitiert unter anderem die Kleine Zeitung, in der Kahr klar gesagt habe, "die stärkste Partei stellt den Bürgermeister, die zweitstärkste soll den Vizebürgermeister stellen." Sie zitiert Kahr auch damit, dass sie "von politischen Spielchen" nichts halte. Gmeinbauer betont: "Wir sind nicht naiv, wir wissen, dass Teil Eures Pakts ist, Judith Schwentner zur Vizebürgermeisterin zu wählen." Doch damit Kahr ihren Worten treu bleiben könne, schlage sie Hohensinner - von der zweitstärksten Partei - als Vizebürgermeister vor.
13.07 Uhr: Die neue Bürgermeisterin Elke Kahr leitet über zur Wahl der Vizebürgermeisterin und der fünf weiteren Stadträte. Der zweitstärksten Partei, also der ÖVP, das Vorschlagsrecht für den Vize zu. Die Volkspartei schlägt ihren Obmann Kurt Hohensinner als Vizebürgermeister vor. Wieder gibt es eine Wechselrede der Klubs. VP-Klubchefin Daniela Gmeinbauer geht ans Pult.
Die erste Rede der neuen Bürgermeisterin
12.54 Uhr: "Die Wähler haben eine Entscheidung getroffen, die viele überrascht hat. Aber das gehört zur Demokratie dazu - eben auch der Wechsel", sagt Kahr in ihrer ersten Rede als Stadtoberhaupt und stellt klar: "Bürgermeister Siegfried Nagl hat in den 18 Jahren Amtszeit viel für diese Stadt geleistet. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken." Sie erinnert an die Amokfahrt 2015, damals habe Nagl in seiner Rolle für den Zusammenhalt in dieser Stadt Großes geleistet. Sie dankt auch ihrem Vorgänger, dem langjährigen KPÖ-Stadtrat Ernest Kaltenegger, von dem sie viel gelernt habe. Sie spricht von Gemeinsamkeit, den Herausforderungen des Klimawandels, der Spaltung der Gesellschaft in der aktuellen Lage. "Wir dürfen auf keinen Menschen vergessen", mahnt sie, dass man auch sozial Schwachen beistehen müsse. Sie werde auch in ihrer neuen Funktion weiter ihre Sprechstunde abhalten, bei der ja jeder, der Unterstützung braucht, empfangen wird.
Kahr: "Graz ist Stadt der Industrie und des Gewerbes"
"Graz ist eine Stadt der Industrie, des Gewerbes, Welterbe- und Menschenrechtsstadt" - darauf sei man stolz, das wolle man weiter entwickeln. Dem Bauboom will sie Einhalt gebieten, die gute Entwicklung der Wirtschaft gemeinsam mit allen gewährleisten. Auch den Dialog mit den Religionsgemeinschaften will sie intensiv führen. Diese Koalition will Graz "freundlicher, sozialer, ökologischer und demokratischer machen". Sie streicht auch die Vielfalt und Diversität hervor - man wolle für alle Menschen da sein, egal woher sie kommen, wie sie leben oder lieben. Sie lädt auch die Stadträte von ÖVP und FPÖ ausdrücklich zur Mitarbeit ein, die "für wichtige Ressorts Verantwortung tragen." Und abschließend sagt Kahr: "Graz muss eine Stadt für alle Menschen sein", die hier leben: "Dafür will ich meine ganze Kraft einbringen."
Der Landeshauptmann gelobt Kahr als Stadtchefin an
12.50 Uhr: "Ja, ich nehme die Wahl an", sagt Kahr. Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer gelobt die neue Grazer Bürgermeisterin an, nachdem Magistratschef Martin Haidvogl die Gelöbnisformel vorgelesen hat. "Ich gelobe" sagt Kahr, Schützenhöfer gratuliert. Die neue Stadtchefin sagt schmunzelnd "danke, Herr Landeshauptmann" und übernimmt unter Applaus den Vorsitz in der konstituierenden Gemeinderatssitzung.
Kahr wird mit 28 Stimmen zur Bürgermeisterin gewählt
12.48 Uhr: Gemeinderat Piffl-Percevic gibt das Wahlergebnis bekannt: 46 Stimmen abgegeben, 18 ungültig, 28 Stimmen für Elke Kahr: "Ich stelle damit fest, dass Elke Kahr die neue Bürgermeisterin ist."
12.38 Uhr: ÖVP-Gemeinderat Peter Piffl-Percevic leitet zur Wahl der Bürgermeisterin per Stimmzettel über. Es braucht für Kahrs Kür insgesamt eine Mehrheit von 25 Stimmen der 48 Mandatare. Erzielt sie dieses Ergebnis nicht, wird ein weiteres Mal gewählt. KPÖ (15 Mandate), Grüne (9) und SPÖ (4) haben mit 28 Stimmen jedenfalls ein Mehrheit. Die Koalition hat jedenfalls keine komfortable Mehrheit und braucht in ihren Klubs absolute Geschlossenheit. In den Parteigremien gab es bei der KPÖ und den Grünen Einstimmigkeit für diese Koalition, im Regionalvorstand der SPÖ eine Mehrheit von 82 Prozent.
12.28 Uhr: SPÖ-Klubchef Michael Ehmann tritt als letzter Redner vor der Bürgermeisterinnen-Wahl ans Pult. Die Stadtroten stützen die Koalition auch. Der Klubobmann bedankt sich ebenfalls für die gute Zusammenarbeit mit dem scheidenden Stadtchef Siegfried Nagl und wünscht ihm für die Zukunft alles Gute. Die Sozialdemokraten werden Elke Kahr zur Bürgermeisterin wählen. Die SPÖ folge ihrer Tradition den oder die Erste auch zum Stadtoberhaupt zu wählen. Ein Bekenntnis zu Europa, zur Demokratie, gegen Folter ... habe die SPÖ aus ihrem Wertekompass eingebracht und beide Koalitionspartner hätten dem zugestimmt und auch in der Präambel des Pakts verankert. Inhaltlich habe man sich rasch gefunden. Ehmann zitiert den Polit-Experten Heinz Wassermann, der in der Analyse mit der Kleinen Zeitung, von einem klassischen sozialdemokratischen Programm gesprochen habe. Es sei also keine Frage, dass man da dabei sei - und auch Kahr wähle.
Zum geplatzten Wahlversprechen des Gratis-Kindergartens sagt Ehmann: "Manchmal braucht es halt zwei Schritte." Und nun komme einmal der erste mit einer Senkung der Kindergartentarife. Ehmann spricht sich gegen Show-Politik aus: "Es geht darum, ganz unaufgeregt für die Grazerinnen und Grazer zu arbeiten. Es geht um ein freundlicheres, klimafreundlicheres, ein gemeinsames und neues Graz."
12.17 Uhr: Grünen-Gemeinderätin Manuela Wutte sieht einen historischen Moment nahen: "Noch nie war eine Frau Bürgermeisterin in dieser Stadt, noch nie zwei Frauen an der Spitze." Sie mahnt eine neue Kultur ein, einen respektvollen Diskurs aller Parteien auf Augenhöhe. Das sei auch der Wunsch der Bürger. Wutte will ÖVP-Hohensinner Angst nehmen: "Diese Koalition wird den Weg der Mitte und des Miteinanders nicht verlassen!" Die neue Kultur müsse in der Stadtpolitik ankommen. Auch Kontrahenten sollen einander zuhören und vielleicht im Diskurs dann auch eigene Positionen überdenken. Die grüne Mandatarin würdigt das Engagement des langjährigen Bürgermeisters Siegfried Nagl und dankt ihm dafür. Die neue Koalition sei eine, die für Veränderung stehe und das Problem des Klimawandels entschlossen angehen wolle. Wutte zur Kritik am Koalitionsprogramm: Das, was etwa Hohensinner fehle, wie Wirtschaftsthemen, stehe sehr wohl im Pakt. Er müsse nur genauer lesen. Überdies freue sich die Koalition auf die Vorschläge der anderen Parteien für Ressorts, die sie auch führen würden. Die Grünen wählen Kahr - als Kolaitionspartner - natürlich zur Bürgermeisterin.
Neos an FPÖ: "Wir sind keine Opposition der Unverfrorenheit"
12.07 Uhr: Neos-Fraktionschef Philipp Pointner will keine "Opposition der Unverfrorenheit" betreiben - wie die FPÖ. Der neue Gemeinderat stellt sich als "Europäer und Grazer" vor. Er will verantwortungsvolle und nicht zerstörerische Oppositionspolitik machen. Die Neos wollen in Graz die "Beton- und Drüberfahrerpolitik" beenden. Pointner vermisst die Corona-Pandemie und Antworten darauf im Koalitionspakt, auch die Bildung komme ihm zu kurz. Dabei sehne sich "Graz nach der besten Bildung", die der Grundstein für eine gute Zukunft sei. Er sei enttäuscht, dass KPÖ und SPÖ den beitragsfreien Kindergarten versprochen, aber nun vergessen hätten. Er will in Sachfragen gut, lösungsorientiert, aber auch kritisch mit der Koalition zusammenarbeiten. Die Neos wollen aber diesem Koalitionspakt bei den anstehenden "Funktionswahlen" nicht uneingeschränkt zustimmen. Auch die FPÖ kritisiert er für den Skandal um die Klubförderung, der zu Rücktritten von FPÖ-Chef Mario Eustacchio und Klubchef Armin Sippel geführt hat. Ehe dann der Ex-Parteikassier sich selbst angezeigt hat, weil er die Mittel aus dem Steuertopf für sich abgezweigt haben soll.
11.59 Uhr: Der neue FPÖ-Klubchef Alexis Pascuttini sieht ein wenig erfreuliches Wahlergebnis und kann die Koalition von KPÖ, Grüne und SPÖ nicht begrüßen. Stalin, Tito seien Massenmörder, die bei der KPÖ von Funktionären in der zweiten und dritten Reihe verharmlost oder verherrlicht würden. Das Koalitionsprogramm mit 17 Seiten sei mehr als dürftig. Nicht einmal der grüne S-Bahn-Ring sei im Pakt. Die S-Bahn komme im Programm nicht einmal vor. Pascuttini kritisiert auch, dass SPÖ-Chef Michael Ehmann statt eines von ihm einst gefordertes zweiten Stadions für Graz nicht mehr als einen Stadien-Gipfel mit Sturm und GAK ins Programm eingebracht habe. Es gebe da nur viele Schlagwörter, Worthülsen und wenig Vision ... "Das ist zu wenig". Die FPÖ werde dort zusammenarbeiten, wo Projekte im Interesse der Grazer anstünden. Ansonsten werde sie kantige Oppositionspolitik betreiben und Kahr nicht zur Bürgermeisterin wählen.
ÖVP ist "Gegengewicht zur linkslinken Koalition"
11.45 Uhr: ÖVP-Chef Kurt Hohensinner beginnt seine "Widerrede". Die Volkspartei hat ja durchblicken lassen, dass sie Elke Kahr nicht zur Bürgermeisterin wählen wolle. Er bedankt sich bei seinem Parteifreund Siegfried Nagl (ÖVP) für dessen Einsatz als Bürgermeister. Die Volkspartei sei immer noch zweitstärkste Kraft und sie werde ein Gegenpart zu dieser "linkslinken Koalition" sein. In den Ressorts werde sie aber voll mitarbeiten: "Wir sind immer Teil der Lösung, nicht des Problems." An Kahrs Adresse sagt Hohensinner: Es reiche bei ihr und ihrer Partei nicht für das Amt der Bürgermeisterin. Sie stehe nicht für Gemeinsamkeit.
Hohensinner sagt weiter: „Wenn du am Nationalfeiertag in deiner Rede im Volkshaus zur Revolution gegen das System aufrufst, dann fragen sich viele: Ist das einer Bürgermeisterin von Graz würdig? Wenn du auf Facebook schreibst, dass das „kapitalistische System mit all seinen Widersprüchen und Nachteilen für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung“ noch immer da ist, dann schütteln viele den Kopf und fühlen sich in eine andere Zeit versetzt!” Und in Richtung KPÖ-Stadtrat Robert Krotzer sagt er: “Wer Unternehmer als profitgierige Feindbilder darstellt, der hat seine Rolle in der Gesamtverantwortung für die Stadt nicht verstanden.” Die ÖVP wolle eine Politik der Hilfe zur Selbsthilfe und des Aufstiegs. Sie wolle Menschen nicht durch Sozialleistungen in Abhängigkeit halten. Das Koalitionsprogramm hält er für mutlos. Die KPÖ hätte gegenüber der ÖVP auf deren "Gewissensfragen" hin keine ausreichende Distanzierungen von kommunistischen Regimen vorgenommen und kein volles Bekenntnis zu Europa abgelegt. Die ÖVP wählt Kahr nicht mit zur Bürgermeisterin, Hohensinner wünscht ihr für die Amtsführung aber "alles, alles Gute".
Die Arbeitertochter als Bürgermeisterin
11.35 Uhr: Stadtrat Robert Krotzer eröffnet die Reden mit einer Würdigung Elke Kahrs, deren Energie und Tatendrang ihn immer noch beeindrucke. Er ist "überzeugt, dass sie auch der Aufgabe als Bürgermeisterin gewachsen" sei. Kontinuität und Stabilität seien gewährleistet, aber auch Änderungen, die sich die Grazer wünschten, stünden an. "Eine Arbeitertochter aus der Triestersiedlung wird Grazer Bürgermeisterin." Er ortet einen deutlichen Wählerwunsch, dass Politiker nicht zuerst auf sich schauen, sondern sich in den Dienst der Allgemeinheit stellen sollen.
11.33 Uhr: Der von der KPÖ eingebrachte Vorschlag für die Bürgermeisterinnen-Wahl lautet auf Elke Kahr. Nun beginnt die Wechselrede zur Kür der Stadtchefin.
11.25 Uhr: Der erste Tagesordnungpunkt: Die neuen Gemeinderäte sprechen das Gelöbnis, das Magistratsdirektor Martin Haidvogl vorgesprochen hat. Dann beginnt die Wahl der Bürgermeisterin durch den Gemeinderat.
11.20 Uhr: Mit 20 Minuten Verspätung – auch wegen der Eintrittskontrollen - eröffnet Peter Piffl-Percevic (ÖVP) Uhr als "an Jahren ältestes Gemeinderatsmitglied" die konstituierende Sitzung des Stadtparlaments und begrüßt allen voran den Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, die Klubchefinnen aus dem Landtag Claudia Klimt-Weithaler und Sandra Krautwaschl, auch FPÖ Chef Mario Kunasek ist gekommen. Nur der steirische SPÖ-Chef Anton Lang ist ferngeblieben. Auch mit dabei ist KPÖ-Urgestein und Ex-Stadtrat Ernest Kaltenegger.
Die Stimmung im Vorfeld
Gerüchtehalber soll es ja um eine Frage auf Landesebene im Vorfeld ein Ringen gegeben haben. Laut Verfassung muss der Landeshauptmann die Grazer Bürgermeisterin angeloben. Also fällt es ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer zu, diesen feierlichen Akt bei der Kommunistin Elke Kahr vorzunehmen. Entgegen aller Gerüchte, der Landeschef wolle sich von seinem Vize Anton Lang (SPÖ) vertreten lassen, hörte man aus der ÖVP: Schützenhöfer sei glühender Demokrat und werde sich da keine Blöße geben. Und er kam natürlich zur Sitzung.
SP-Lang schwänzt Angelobung "wegen wichtiger Termine"
Spannend ist, dass just SPÖ-Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Lang die Angelobung der neuen Koalition tatsächlich „schwänzt“, dabei sind seine Grazer Genossinnen und Genossen ja auch im Pakt mit der KPÖ und den Grünen verbandelt. Dem Vernehmen nach ist Lang ein erklärter Gegner dieser Koalition. In seinem Büro wollte man den Eindruck verhindern, sein Fernbleiben sei ein politisches Signal und sagt auf Anfrage nur: Lang habe „den ganzen Tag wichtige Termine“ und sei „verhindert“.
Schützenhöfer würdigt die "prägenden Gestalt" Nagl
Bevor aber Schützenhöfer Kahr heute angelobt, hat er sich am Dienstag noch vom scheidenden Bürgermeister Nagl im Rathaus noch verabschiedet und ihn als prägende Gestalt für Graz gewürdigt.
Bernd Hecke