Im Kleine-TV-Studio debattierte Claudia Gigler über Sexismus im Alltag mit WK-Chef Josef Herk, SPÖ-Landtagsabgeordner Cornelia Schweiner, der Grünen Mandatarin Lara Köck und Stefan Pawlata vom Verein für Männer- und Gschlechterthemen. Jede(r) von ihnen, hat Sexismus in der einen oder anderen Form schon erlebt. Einig war man sich, dass nach dem "Hype um #metoo" die Veränderung der Gesellschaft und der Umgang miteinander fortschreiten muss.

Hand am Hintern

Zu Beginn stand ein Rückblick auf Persönliches: So war Schweiner selbst  unter #metoo aktiv. Hintergrund: "Ich wollte den vielen Frauen, die sich geoutet haben, Respekt zollen" sagte die Politikerin.

Was hat sie selbst erlebt? "Oft waren es nur Späße", erzählte "die einzige Abgeordnete im Bezirk und Wahlkreis - und das irritierte offenbar das System". Aber ihr ist auch "die Hand am Hintern oder am Busen als Abgeordneter passiert". Auch die teils deftigen Reaktionen auf ihr Posting hätten Schweiner verletzt. Man warf "ihr vor, sich nur wichtig zu machen oder nach vorne zu drängen".

Schlimme Erfahrungen wie andere Frauen habe sie keine gemacht, sagte die Grüne Köck. Als Technikerin frisch von der Uni hatte sie damals eher das Gefühl, "mehr kämpfen zu müssen, um respektiert zu werden."

Herk, Chef der Wirtschaftskammer Steiermark, gestand: "Mir geht es bei diesen Schilderungen nicht gut". Eine Pauschal-Verurteilung der Männer und/oder Mächtigen sei ihm aber zu wenig.

Gefühlskompetenzen

Pawlata berichtete aus seinen Burschenseminaren und von den Gefühls-Kompetenzen der Teilnehmer. Diese nennen anfangs oft "hungrig, müde, lustig oder durstig" als Gefühle. Es müssten die Kompetenzen also erst entwickelt werden. Um den Blick zu schulen, würde es helfen, eine Beratung aufzusuchen. Auch, um die Wahrnehmungen zu reflektieren. Um dann auch die Unterschiede zwischen Flirten und Belästigen festzulegen. 

Wer hat was gesehen?

Gigler bohrte bei den Gästen nach: Hand hoch, wer hat welche Form sexueller Belästigung erlebt oder gesehen? Von miesen Witzen über anzügliche Bemerkungen über das Aussehen bis zu unerwünschten Küssen? Fazit: In keinem Punkt blieben alle Hände unten.

Was kann man(n) tun? In Firmen hängt die Organisationskultur oft von der Spitze ab. "Macht sie sexistische, homophobe etc. Witze, färbt das auf untere Ebenen ab", schilderte Pawlata. Er hofft, dass nach dem "Hype um #metoo" die Bewusstseinsbildung weitergeht. Man müsse die Gesellschaft schrittweise verändern.

Herk nickte, es gehe darum, mit gutem Beispiel voranzugehen. Egal welchen Alters oder Geschlechts: "Das wichtigste Gegengift ist Bildung", betonte der WK-Präsident.
Schweiner wiederum erhofft, dass "Töchter nicht erzogen werden müssen, um sich wehren, sondern Gleichstellung einmal in allen Köpfen ist".

Der Fall Pilz

Im Kleine-Studio kam auch die Causa Peter Pilz zur Sprache. Der Schock sitze noch immer tief, erklärte Köck. Denn "wenn eine Partei auf Ausgewogenheit schaut, dann sind das die Grünen." Die Parteichefin habe damals aber richtig reagiert und das Opfer auf dessen ausdrücklichen Wunsch geschützt. 

Kann dieser und andere Fälle als "besoffene Gschichte" betrachtet werden? Tenor der Gäste: "Alkohol berechtigt nicht zu Sexismus".
Für Schweiner sei Alkohol sicher ein "Verstärker", kann aber niemals "Übergriffe legitimieren". "Die typisch betroffene Geschichte gibt es nicht, das ist immer sehr persönlich", meinte Köck. Es würde beim Umgang jedes einzelnen mit Kritik anfangen.

Wie mit Flüchtlingen reden?

Schweiner würde über Sexismus gerne "mit allen Männern reden, nicht nur mit Männern aus anderen Kulturkreisen". Sie erzählte, ihre Mutter, die sich um zehn Flüchtlinge gekümmert hatte, wurde nur von Einheimischen (verbal) attackiert.
Und sie als Pflegemutter eines jungen Flüchtlings? "Im Alltag war zwischen einem pubertierenden Pflegekind und meinem eigenen Sohn in der Pubertät kein Unterschied zu bemerken. Auch Pawlata erlebte in den Workshops und Seminaren kaum Unterschiede zwischen Österreicherin und Migranten. Freilich, es gibt sprachliche Hürden zu überwinden.