Es ist leise geworden um den Grazer S-Bahn-Tunnel. Seit im Mai 2023 die Grundsatzentscheidung pro S-Bahn- und gegen U-Bahntunnel im Gemeinderat einstimmig gefallen ist, hörte man nicht mehr viel davon. Jetzt, wenige Tage, bevor in Salzburg über den dortigen S-Bahn-Link abgestimmt wird, taucht das Thema plötzlich auch in Graz wieder auf. Die ÖBB geben den Startschuss für das Megaprojekt. Konkret: Den Startschuss für erste grundlegende Studien, die gemeinsam mit Land und Stadt beauftragt werden.

Das Ziel steht dabei für alle außer Zweifel: Möglichst viele S-Bahn-Äste im Großraum Graz über den Zentrumsbereich miteinander zu verknüpfen, um den öffentlichen Verkehr auf ein neues Level zu heben. Gelingen soll das mit einem Tunnelsystem im Grazer Zentrum. Vorbilder dafür gibt es, im Grazer Rathaus bezieht man sich gerne auf Zürich. Dort hat man mittels unterirdischer S-Bahn im Zentrum die ÖV-Zahlen mehr als verdreifacht, von täglich 160.000 S-Bahn-Fahrten im Jahr 2000 auf dann 514.000 im Jahr 2019. Viel mehr, als die Planer selbst erwartet hatten.

S-Bahn-Tunnel soll vor allem Pendler zum Umsteigen bewegen

Die Variante aus 2022, auf die man sich im Wesentlichen in Graz geeinigt hat
Die Variante aus 2022, auf die man sich im Wesentlichen in Graz geeinigt hat © Grafik Kleine Zeitung

Mit der nun beauftragten Studie soll geklärt werden, wie es um die grundsätzliche Machbarkeit und die „verkehrliche Wirksamkeit“ eines S-Bahn-Tunnels bestellt ist. Sprich: Wie und mit welchem technischen Aufwand lässt sich Graz untertunneln und was bringt das für die Mobilitätsziele. Die sehen ja eine Stärkung des ÖV-, Rad- und Fußverkehrs vor.

Stadt, Land und ÖBB ziehen da jedenfalls an einem Strang. „Auf den gesamten Großraum Graz kommen verkehrstechnisch in den nächsten Jahren große Herausforderungen zu“, so Verkehrslandesrat Anton Lang (SPÖ). Das weiß auch Vizebürgermeisterin Judith Schwentner (Grüne), beide haben dabei die (Berufs-)Pendler im Blick. „Täglich pendeln immer mehr Menschen nach Graz. Damit diese Entwicklung auch langfristig nachhaltig gestaltet werden kann, brauchen wir leistungsfähige und umweltfreundliche Lösungen“, so Schwentner.

Erste Studienergebnisse für 2026, Umsetzung „nach 2040“

ÖBB-Chef Andreas Matthä stimmt da mit ein: „Die Stärkung des innerstädtischen Nahverkehrs ist Voraussetzung für die umweltfreundliche Mobilität von morgen.“ Wobei „morgen“ relativ ist, denn klar ist: Bei so einem Großprojekt geht nichts von heute auf morgen, eine Umsetzung wird laut ÖBB vage für „nach 2040“ in Aussicht gestellt. Die Ergebnisse der ersten Studie werden für 2026 erwartet. Dann soll die grobe Linienführung stehen, aus der man auch eine „grobe Kostenabschätzung“ ableiten kann. Dem stellt man dann eine „gesamtwirtschaftliche Gegenüberstellung von erzielbarem Nutzen und Kosten – wie auch bei anderen Bahn-Infrastrukturprojekten üblich“, wie es seitens der ÖBB heißt.

Bei den bislang diskutierten Varianten ging man von Kosten von rund 2,3 bis 3,1 Milliarden Euro für einen S-Bahn-Tunnel aus. Demgegenüber standen 3,5 Milliarden Euro für die alte, mittlerweile aber verworfene U-Bahn-Idee.