Robert Wölfler steht vor dem E-Herd und streicht mit seinen Fingerkuppen über das glatte Ceranfeld. Die richtige Stelle anzutippen, um das Gerät einzuschalten, ist für ihn eine Herausforderung. Eine bestimmte Platte auszuwählen oder gar deren Temperatur per Fingertippen zu regulieren, ist für ihn nahezu unmöglich. Robert Wölfler ist blind. Wie soll jemand, der nicht sehen kann, ein Haushaltsgerät selbständig bedienen, das dem Tastsinn null Orientierung bietet?

Tag des weißen Stocks am 15. Oktober

Diese Frage oder besser: Diesen Missstand stellt der Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich (BSVÖ) derzeit gerade als Schwerpunktthema in den Mittelpunkt der Woche des Sehens. Sie wird am 15. Oktober mit dem Internationalen Tag des weißen Stocks ihren Abschluss finden, der weltweit begangen wird. „Barrierefreiheit war bei Haushaltsgeräten nie ein großes Thema. Mit der Modernisierung wird es für blinde und sehbehinderte Menschen aber oft noch schwieriger, die Geräte zu bedienen“, weiß Wölfler aus eigener Erfahrung. Der Grund: Touchscreens und Sensortasten ersetzen zunehmend gut tastbare Knöpfe und Regler.

Robert Wölfler und Stefanie Steinbauer
Robert Wölfler und Stefanie Steinbauer © Klz/ Georg Obetzhofer

300.000 blinde und sehbehinderte Menschen in Österreich

Manches kann (teuer) nachgerüstet werden, manches lässt sich via Smartphone, Sprachsteuerung und App steuern – sofern zumindest die barrierefrei ist. „Das ist für Jüngere super, für einen 75-Jährigen mit Makuladegeneration aber in der Regel eher keine Lösung“, gibt Stefanie Steinbauer vom BSVÖ zu bedenken. Was die Zahl der Betroffenen betrifft, rückt sie die Dimensionen zurecht: In Österreich gibt es rund 300.000 blinde und sehbehinderte Personen, in Europa sind es über 30 Millionen. Den potenziellen Markt für barrierefreie Haushaltsgeräte in Europa beziffert sie mit einem Drittel der Bevölkerung. Mit eingerechnet werden dabei etwa Menschen mit motorischen und neurologischen Einschränkungen und Senioren über 65.

Mindestens zwei Sinne ansprechen

„Es gibt nicht nur einen Markt dafür, die UN-Behindertenkonvention sieht auch vor, dass Produkte und Dienstleistungen allen zugänglich sein müssen. Der Rechtsanspruch auf barrierefreie Geräte wird aber in der Regel ignoriert“, unterstreicht Steinbauer. Was man beim BSVÖ fordert – im Rahmen des Projekts „Home Designed for All“ auch gemeinsam mit den Schwesterverbänden in Deutschland und der Schweiz: Bei Tests, wie sie etwa die Stiftung Warentest durchführt, soll Barrierefreiheit als Testkriterium aufgenommen werden. Schon bei der Entwicklung von Produkten sollen entsprechende Experten zugezogen werden. Als Faustregel, damit möglichst viele Menschen mit einem Gerät gut zurechtkommen, hält man dabei fest: Barrierefrei ist, was durch mindestens zwei Sinne kontrolliert und eingestellt werden kann. Auf Robert Wölflers Küchenwaage trifft das bereits zu. Sie zeigt das Gewicht nicht nur auf einem Display an, sie verrät es auch per Sprachausgabe. Geht es nach dem BSVÖ und vielen Betroffenen, sollen Geräte wie die „sprechende“ Waage zur Regel werden.