Nun also doch. Die Grazer Rathaus-Koalition gibt grünes Licht für ein Verkehrsprojekt, das sie eigentlich verhindern wollte. Zwei Jahre lang suchte Vizebürgermeisterin Judith Schwentner (Grüne) Mittel und Wege, die Unterführung Josef-Huber-Gasse – von Schwentner stets als „Auto-Tunnel“ und „Automagnet“ bezeichnet – nicht bauen zu müssen. Zwei Rechts- und zwei Verkehrsgutachten später muss sie zum Schluss kommen: „Die Unterführung ist alternativlos.“

Warum ist das Projekt so umstritten? Weil die gut 140 Meter lange Unterführung, die den neuen Stadtteil Reininghaus mit dem Griesplatz und der Innenstadt verbinden soll, im klaren Widerspruch zu den städtischen Mobilitäts- und Klimazielen steht: Es wird dadurch mehr Pkw-Verkehr entstehen. Das hat auch der Stadtrechnungshof so festgestellt. Und die Umweltverträglichkeitsprüfung hat ergeben: Die Unterführung ist nur mit strengen Auflagen wie Flüsterasphalt genehmigungsfähig.

Das lange Ringen um die Unterführung Josef-Huber-Gasse hat nun ein Ende

Aber: Die Unterführung ist Teil des 2010 einstimmig beschlossenen Rahmenplans für Reininghaus und seit 2013, durch Druck des Landes, rechtlich verankert als Aufschließungserfordernis für den neuen Stadtteil mit seinen 10.000 Bewohnern. Kommt sie – oder eine gleichwertige Alternative – nicht, könnte ab 2028 in Reininghaus nicht weiter gebaut werden. Die Folge: Bauträger hätten zwar Bauland, dürften es aber nicht bebauen – und würden bei der Stadt Graz mit millionenschweren Schadenersatzforderungen vorstellig. Das haben die in Reininghaus engagierten Bauträger bereits angekündigt.

Also ließ Schwentner Alternativen prüfen. Die Gutachten liegen jetzt vor und zeigen: Es bräuchte ein riesiges Maßnahmenbündel wie eine großflächige Ausweitung der grünen und blauen Parkzonen im Grazer Westen, eine rasche Radoffensive Richtung Griesplatz sowie eine „Beschränkung der KfZ-Leistungsfähigkeit“ bestehender Straßen durch noch klareren ÖV-Vorrang an den Ampeln. All das wäre politisch umstritten, vor allem geht es sich aber zeitlich nicht mehr aus. „Hätte man schon früher begonnen, ernsthaft Alternativen zu suchen, wäre es möglich gewesen“, ist Schwentner sicher. „Aber jetzt, in Anbetracht der einzuhaltenden Fristen, ist die Unterführung nicht mehr abwendbar.“

Der Baubeschluss zum 40-Millionen-Projekt ist für Dezember geplant

Wie es nun weitergeht? Schwentner bereitet für den Dezember einen Baubeschluss für den Gemeinderat vor, der Stadtrechnungshof prüft bereits begleitend das Beschlussstück. Die Koalition muss rund 40 Millionen Euro aus dem ohnehin klammen Budget reservieren. Die Alternativmaßnahmen hätten nur rund die Hälfte gekostet, meint Schwentner.

Vor allem die ÖVP hatte zuletzt Druck gemacht, dass die Unterführung endlich gebaut wird. Die ersten Planungen dazu stammen bereits aus dem Jahr 2003, gebaut wurde sie aber nie. Für Schwentner ist es „der lange Schatten der Vergangenheit, der uns nun einholt“. Jetzt gelte es, „das Beste daraus zu machen“.

Wettbewerb zur Umgestaltung des Griesplatzes wird beauftragt

Das ist aus ihrer Sicht: Sicherstellen, dass der Griesplatz nicht noch mehr an Pkw-Verkehr abbekommt. „Die Arbeit der Verkehrsgutachten war nicht umsonst, wir werden das Wissen für die künftige Verkehrslösung einfließen lassen.“ Wie die genau aussieht, ob die Josef-Huber-Gasse etwa stadtauswärts eine Einbahn wird, lässt sie offen. „Da werden alle Varianten geprüft, wir haben keinen Zeitdruck.“ Die neue Straßenbahnlinie Richtung Citypark und Don Bosco ist Teil der Planungen, „wir beauftragen jetzt auch den Wettbewerb für die Umgestaltung des Griesplatzes“, sagt Schwentner.

Fix ist: Mit der Unterführung soll eine leistungsfähige Radachse entstehen und auch Fußgänger ausreichend Platz bekommen. „Das wird nicht dunkel und grau, da gibt es in den Niederlanden und Skandinavien schöne Beispiele, wie so etwas modern ausschauen kann.“ Zusätzlich überlege das Land, die Regiobus-Achse dann durch die Unterführung zu verlegen.

Der Baubeginn der Unterführung erfolgt 2025, Fertigstellung bis Ende 2027.

Die lange Geschichte der Unterführung