Gäste aus Politik und Wirtschaft, Führungen durch den Betrieb, Ansprachen: Am Freitag wird in Raaba ein runder Geburtstag gefeiert. 100 Jahre ist es her, dass die aus Odessa geflüchtete Familie Schedlbauer in der Gemeinde eine Mühle in Betrieb nahm.

Wendepunkt EU-Beitritt

Mehl wird vor Ort nach wie vor gemahlen. Die heutige Farina-Mühle ist allerdings längst kein Familienbetrieb mehr. „Nach dem EU-Beitritt gab es in den 90er-Jahren einen Strukturwandel in der Branche“, erklärt Peter Stallberger, Geschäftsführer von GoodMills Österreich. Die Farina-Mühle gehört heute zur internationalen GoodMills-Gruppe. Als größter Mühlenkonzern Europas beschäftigt GoodMills an 25 Standorten in sieben Ländern insgesamt 3000 Mitarbeiter.

Die Marke Farina wurde 1964 erfunden
Die Marke Farina wurde 1964 erfunden © KK

Hochmoderne Produktion

Gewandelt hat sich nicht nur die Firmenstruktur, sondern auch das Handwerk. „Viele haben ja noch alte Bilder vom Müller vor Augen, der Getreidesäcke schleppt. Das hat mit der hochmodernen Produktion von heute nichts mehr zu tun“, unterstreicht Andreas Seidl, Produktionsleiter für die drei österreichischen GoodMills-Standorte Raaba, Schwechat und Rannersdorf. Ein Beispiel, wie viel Hightech heute zum Einsatz kommt: Kameras spüren Getreidekörner auf, deren Farbe darauf schließen lässt, dass sie das Mehl verunreinigen könnten. Per Luftstoß werden sie automatisch aussortiert. „Der Müller ist zum Verfahrenstechniker für Getreidewirtschaft geworden, der technisches Verständnis braucht. Gleichzeitig arbeitet man mit einem Naturprodukt, das ist eine spannende Kombination“, schwärmt Seidl vom Beruf. Seine Begeisterung hat er bereits an rund 40 Lehrlinge weitergegeben.

Blick ins Innere der Mühle
Blick ins Innere der Mühle © Jürgen Fuchs

95.000 Tonnen Getreide jährlich

Ob Lehrling oder Produktionsleiter – rund 50 Mitarbeiter arbeiten bei Farina in Raaba. Sie stellen Roggen-, Weizen- und Dinkelmehle für Haushalte und Bäckereien her. Produkte der Marken Farina und Fini’s Feinstes werden produziert, aber auch Eigenmarken-Mehle für Handelsketten. „Graz-Raaba ist neben Mannheim außerdem der einzige Standort, an dem wir Hartweizen verarbeiten“, unterstreicht Stallberger. Der Hartweizengries, der in der größten Hartweizenmühle Österreichs in Raaba erzeugt wird, wird in der Teigwarenherstellung verwendet. Die Produktionsmengen haben sich in den letzten Jahren vervielfacht. Aktuell hält man laut Seidl bei einer Jahresvermahlmenge von 95.000 Tonnen.

Photovoltaik und Mehlstaubheizung

Photovoltaik-Fassade
Photovoltaik-Fassade © Jürgen Fuchs

Nachhaltigkeit wird in Raaba großgeschrieben – auch aus wirtschaftlichen Gründen. „Eines unserer Erfolgsrezepte ist, dass wir sehr frühzeitig auf Energieeffizienz gesetzt haben“, unterstreicht Seidl. So hat man in Raaba 2009 die damals größte Fassaden-Photovoltaikanlage Österreichs installiert. 2014 nahm man eine Getreidestaubheizung in Betrieb. Statt den Getreidestaub zu entsorgen, wird er seither verbrannt. Was Heizung und Warmwasser betrifft, ist man nun energieautark und speist sogar ins Fernwärmenetz ein. „Außerdem sparen wir uns auf diese Weise 70.000 Liter Heizöl jährlich“, unterstreicht der Produktionsleiter.