Mittlerweile ist es nicht mehr zu übersehen: Die Grazer Thalia ist eine einzige Baustelle. Die Fenster werden getauscht, das Mosaik an der Außenwand saniert, die Originalmöbel werden frisch aufgepolstert und auch der legendäre Stern auf der Tanzfläche soll wieder erstrahlen und sich drehen. Nach vielen Jahren im Dornröschenschlaf wird der legendären Thalia wieder neues Nacht-Leben eingehaucht. Es ist das erste Mal seit mehr als 20 Jahren, dass die denkmalgeschützten Räumlichkeiten umfassend renoviert werden – für ein sehr ambitioniertes Projekt, das sich Alexander Knoll, Martin Fritz und Simon Possegger (alle drei keine Unbekannten in der Szene-Gastronomie in Graz und verantwortlich für Lokale wie Bar Amouro, Katze Katze, Promenade und die Mausefalle direkt unter der Thalia) vorgenommen haben.

Die Drehscheibe mit dem Stern in Aktion: Fete Blanche in der Thalia im Juli 2006
Die Drehscheibe mit dem Stern in Aktion: Fete Blanche in der Thalia im Juli 2006 © Markus Leodolter

„Wir lassen ein Juwel wieder aufleben“, sagt Knoll. Mit viel Liebe zum Detail und unter strengsten Denkmalschutz-Auflagen wollen sie die Thalia wieder zurück in ihre alten Glanzzeiten führen. Dabei geht es dem Trio vor allem darum, behutsam den Charakter der Fünfziger Jahre wieder herzustellen. 1956 hatte der Wiener Architekt Rudolf Vorderegger die Überreste des 1899 stillgelegten Thalia-Theaters in ein Kino umgebaut und ein Tanzcafé mit Gastgarten hinzugefügt, „das an Eleganz und großstädtischem Flair in Graz nichts Vergleichbares fand“, heißt es in einer Beschreibung. Aus heutiger Sicht völlig undenkbar: Im Gastgarten wurden sogar lebendige Flamingos in einem Käfig gehalten.

Eine Reminiszenz an die Flamingos soll es aber geben: „Die Sitzmöbel werden in Erinnerung an die Vögel flamingorot“, sagt Architekt Martin Lesjak von Innocad, den die drei für die Innengestaltung dazugeholt haben – ein Volltreffer, kennt Lesjak doch das Nachtleben auch vom DJ-Pult aus bestens. Wie große Teile der Innenausstattung, von der Bar im Tanzbereich bis zum legendären drehenden Stern stehen auch die Möbel unter Denkmalschutz – 22 der alten Garnituren konnte man noch retten, sie waren in allen Teilen des Gebäudes verteilt. Einen Original-50er-Jahre-Teppich lässt man eigens aus den USA kommen. Die millionenschweren Kosten für die Restaurierung des Außenbereichs und der Fenster, die man nun wieder nach außen aufklappen können soll, übernimmt die Besitzerin, die Acoton Projektmanagement & Bauträger Ges.m.b.H. & Co KG. Neue Fenster seien vor allem auch aus Schallschutz-Gründen ein Muss, betont das Trio. Nachdem man in den letzten Jahren stets den Hintereingang benutzen musste, wird der alte Eingang mit der schönen Treppe und dem Mosaik wiederbelebt, auch dieses Mosaik wird restauriert.

Transformation der 50s in die Zukunft

Während optisch alles an die Fifties erinnert und im Mid-Century-Design gehalten ist, wird im Hintergrund freilich die Technik auf dem letzten Stand sein, auf Lichtgestaltung und Akustik legt Tüftler Lesjak größten Augenmerk. „Es wird eine Transformation der Fünfziger Jahre in die Zukunft“, sagt der Architekt. Über dem Stern wird sich eine riesige Diskokugel drehen, dazu kommen LED-Wände, die Verbindung zwischen dem Club- und dem Loungebereich wird ein offener „Tunnel“ samt Absorber-Wall schaffen, der einen großen Teil der Lautstärke „schluckt“.

Die Thalia von außen, noch mit dem früheren Haubenlokal „Carl“ im Erdgeschoß
Die Thalia von außen, noch mit dem früheren Haubenlokal „Carl“ im Erdgeschoß © Marija Kanizaj

Ansprechen will man ein breites Publikum. „Wir wollen mit dem Projekt viele Menschen abholen, die Hauptzielgruppe liegt zwischen 25 und 45 Jahren“, sagt Possegger. Es soll kein reiner Nachtclub sein, sondern für Kunst, Kultur und Unterhaltung stehen, denn „Gastronomie ist weit mehr als Getränke ausschenken“, betont Knoll. Im Loungebereich, der eine kleine flexible Bühne erhält, will man kleine Konzerte in Verbindung mit der Kunstuniversität anbieten, ein Schwerpunkt soll aber auch Stand-up-Comedy sein. „Im englischsprachigen Bereich ist das ein riesiges Thema“, sagt Possegger, hier sieht man in Graz noch ein großes Potenzial. Im Clubbereich wird die Musik ebenfalls breit gestreut sein, in Anklang an frühere Zeiten wird aber Disco-, Funk- und Soul-Sound ein Fixpunkt sein.

Noch wird auf Hochtouren gearbeitet, für den 8. November ist die Eröffnung geplant. Das übrigens unter neuem Namen: „Circle Thalia“ steht unter anderem für den Kreis als wichtiges Element im Mid-Century Design, aber auch, weil die Drehscheibe mit dem Stern rund ist.