Ein Nagelstudio, das alte Schild einer Tanzschule und viele Graffiti-Tags: An der Adresse Kaiser-Franz-Josef-Kai 50 erahnt man nicht, dass sich im Inneren das zweitälteste Theater der Stadt befindet – das Biedermeiertheater des Grazer Gesellenvereins, das 1914 seine Pforten schloss. Auch der legendäre Volksschauspieler Alexander Girardi (1850–1918) ist hier aufgetreten.

„Das Theater kennt wirklich kaum jemand“, sagt auch Britta Badura. Sie ist Teil des Teams von Theater Quadrat und der sozio-kulturellen Initiative „aXe“, das die altehrwürdigen Räume als „Theaterhaus“ wieder aus dem Dornröschenschlaf wachküsst. Lange Zeit wurde der Saal, der sowohl künstlerisch und kulturell bedeutend ist und mit seinen korinthischen Holzsäulen und der Empore in Graz als einzigartig gilt, von der Tanzschule Nebel genutzt. Vor rund zehn Jahren brachte ihn Altbürgermeister Siegfried Nagl als alternative Gedenkstätte für Girardi ins Spiel. Zu der soll zwar weiterhin das Geburtshaus in der Leonhardstraße werden, die Bemühungen führten aber dazu, dass das Gebäude 2016 unter Denkmalschutz gestellt wurde.

Vor sechs Jahren wurden die Räume endlich wieder zum Theater – für eine Produktion der mittlerweile aufgelösten Gruppe „t‘eig“. Vier Jahre sollten sie danach leer stehen, bis Alexander Kropsch (Theater Quadrat) und Peter Ulrich (aXe) im Herbst beschlossen, sie nachhaltig wiederzubeleben.

Die Renovierung und Sanierung ist fast mittlerweile abgeschlossen, einen großen Teil hat das Theaterteam selbst erledigt. Einige technische Adaptierungen sind noch ausständig, wie etwa ein barrierefreier Zugang: „Wir haben noch viel vor uns, aber die Gewissheit, im Herbst endlich mit dem Spielbetrieb beginnen zu können, freut und motiviert uns sehr“, so Kropsch. Auch die Betriebsgenehmigung soll bald folgen. Finanziell wird das Vorhaben von der Stadt Graz unterstützt, ist doch auch Kulturstadtrat Günter Riegler (ÖVP) „die Erhaltung und Wiedereröffnung des Theatersaales am Kai seit Jahren ein großes Anliegen“, wie er betont: „Sowohl wegen der Architektur, als auch wegen des historischen Bezuges zu Girardi.“ 250.000 Euro hat der Gemeinderat im Dezember 2023 für das Renovierungsvorhaben freigegeben, dazu kommt noch eine Unterstützung für den laufenden Betrieb.

Bis zu 80 Zuschauer sollen im neuen Theaterhaus Platz finden. Was sie ab Ende September zu sehen bekommen, steht bereits fest: Die Produktion „Ein Körper : Mein Fließen“ von Theater Quadrat setzt sich mit Geschlechteridentität und Klassenzugehörigkeit auseinander, darauf folgen eine Musiktheaterproduktion von aXe, Kafkas „In der Strafkolonie“ und eine Tanzperformance zum Thema Männlichkeit von Schauspieler Fredrik Jan Hofmann. Für die Spielpläne der kommenden Jahre gibt es einen Open Call, Interessierte können eigene Projekte einreichen.