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Am Samstag zogen wie befürchtet wieder heftige Gewitter über die Steiermark. Im Messnetz, das den Meteorologen der Geosphere zur Verfügung steht, wurden die höchsten Regenmengen beim Rückhaltebecken des Schöcklbachs in Weinitzen gemessen. „119 Liter pro Quadratmeter wurden verzeichnet, das sind gewaltige Mengen“. 100 Liter pro Quadratmeter wurden in St. Radegund gemessen. „Das Problem ist dabei, dass große Regenmengen in sehr kurzer Zeit fallen und der Boden nach dem vielen Niederschlag nichts mehr aufnehmen kann“, unterstreicht Johannes Rieder von Geosphere. Die Freiwilligen Feuerwehren in den Bezirken Graz-Umgebung, Hartberg-Fürstenfeld und Weiz standen und stehen nach wie vor im Dauereinsatz.
Deutschfeistritz: Mehr als 100 Liter Regen pro Quadratmeter
Keine Messstation gibt es in Deutschfeistritz. „Man kann aber davon ausgehen, dass es deutlich über 100 Liter gewesen sind“, so der Meteorologe. Der Übelbach trat in der Folge Samstagabend über die Ufer und überschwemmte die Gemeinde. Der Bach war laut Beschreibungen von Augenzeugen am Abend so breit wie die Mur. „Ich bin Jahrzehnte bei der Feuerwehr. Aber das habe ich noch nie erlebt“, so Feuerwehr-Kommandant Andreas Reiter. Die Eisenbahnstrecke stand teils unter Wasser, der Ortskern war nur mit dem Boot zu erreichen. 30 Personen wurden in Sicherheit gebracht. „Wir rufen wirklich alle Leute auf, in ihren Häusern zu bleiben. Es besteht absolute Lebensgefahr“, sagte Meike Brucher von der Marktgemeinde am Abend.
Im Sensenwerk hätte die Mojo Blues Band auftreten sollen, die ersten Gäste waren schon dort – „bis wir um 18.15 Uhr alle evakuiert haben. Eine halbe Stunde später, nicht auszudenken, was dann passiert wäre“, so Brucher.
Wasser riss Autos mit
Das Wasser riss im Ort Autos mit, die Fahrzeuge verkeilten sich in der engen Kirchberggasse. Menschen wurden eingeschlossen. Er selbst stand mit einem Zivilisten „auf einer Insel“, so Reiter. Er habe zu Personen, die im ersten Stock aus dem Fenster schauten, nach Hilfe geschrien. „Auf einmal halten sie eine Leiter aus dem Fenster. Zwei Burschen von der Kebab-Bube haben geholfen, ein Ehepaar aus dem Auto zu retten.“
Feuerwehrkommandant Andreas Reiter schildert den dramatischen Einsatz
Wetter: Regen und Gewitter auch am Sonntag
Die Situation im Ort war extrem gefährlich, die Feuerwehrkräfte im Dauereinsatz. In Stübing wurden sogar Regenmengen von 141 Liter gemessen. In der Landeswarnzentrale traf am Samstag der Krisenstab mit Landeshauptmann Christopher Drexler zusammen. Entwarnung können zumindest die Meteorologen derzeit nicht geben. „Die Unwettergefahr geht zwar zurück, mit Regenschauern und Gewittern ist am Sonntagnachmittag aber wieder zu rechnen“, so Rieder. Nachdem der Höhenwind stärker geworden ist, ziehen die Wolken heute schneller. Dass derartig große Regenmengen in einem Gebiet fallen wie gestern, ist damit zumindest unwahrscheinlicher. „Richtig beruhigen wird sich das Wetter wahrscheinlich erst zum Mittwoch hin“, erklärt der Meteorologe.
Graz: Warnstufe Rot beim Rückhaltebecken in Weinitzen
Die Grazer Berufsfeuerwehr hat eine einsatzreiche Nacht hinter sich. 130 Einsätze wurden abgearbeitet. „Gegen 19.15 Uhr gingen am Samstag die ersten Notrufe ein“, erzählt Einsatzleiter Gernot Ranftl. Die größte Herausforderung nach den heftigen Regenfällen, die auch im Raum Graz niedergingen: das Rückhaltebecken für den Schöckelbach in Weinitzen war voll und konnte kein Wasser mehr aufnehmen. Über die Radegunderstraße flossen die Wassermassen ab. Autos wurden weggeschwemmt. Es kam zu Verklausungen, nachdem das Wasser mitriss, was sich ihm in den Weg stellte. Ähnliche Szenen spielten sich in der Andritzer Reichsstraße ab. Auch der Leonhardbach wurde zu einem reißenden Gewässer.
Hartberg-Fürstenfeld: Sintflutartiger Regen im Wechselgebiet
Auch im Osten des Landes hielten Unwetter am Samstag die Einsatzkräfte auf Trab. Über das Wechselgebiet brachen am Samstag kurz nach 18 Uhr sintflutartige Regenfälle herein. Im Minutentakt gingen Alarmmeldungen bei den Einsatzkräften ein. Beim Schäffernsteg (Kreuzung B63 mit der L146) machten Wassermassen, Geröll und Schlamm eine Durchfahrt unmöglich. Autos wurden von den Wassermassen mitgerissen und weggeschwemmt. Verletzt wurde dabei Gott sei Dank niemand. Das ganze Schadensausmaß wird erst im Lauf des Sonntags klar werden.
Bilder aus dem Raum Schäffern:
Zivilschutzwarnungen in mehreren Gemeinden
Für die Gemeinden Weinitzen und Eggersdorf gab es am Samstag eine Zivilschutz-Warnung, ebenso für die Grazer Bezirke Andritz, Mariatrost und den Bereich Hilmteich. Der Zivilschutzalarm wurde Sonntagfrüh wieder aufgehoben. Die Bevölkerung wird jedoch gebeten, weiterhin vorsichtig zu sein. Offene Gewässer, Keller, Tiefgaragen und Unterführungen sollten gemieden werden.
Am Sonntag hat die BH Graz-Umgebung die Katastrophe für Deutschfeistritz, Übelbach, Eggersdorf, Kumberg und Weinitzen festgestellt.
Verkehr: Murenabgang auf der A9
Eine eineinhalb Meter hohe Schlammlawine verlegte am Samstag die A9 (Pyhrnautobahn) bei Übelbach. Der Murenabgang ereignete sich knapp nach der Anschlussstelle Übelbach. Die A 9 wurde in Richtung Süden sofort gesperrt, aus Sicherheitsgründen und wegen der anhaltenden Regenfälle wenig später auch die Richtung Norden, so der Autobahnbetreiber Asfinag. Bis zumindest Sonntagabend gibt es eine Umleitung über die S6, den Knoten Bruck und die S35. Zahlreiche weitere Verkehrsverbindungen sind als Folge der Unwetter gesperrt. Sonntagvormittag waren das: Die Abfahrt Gleisdorf-West von der A2 Südautobahn, die L401 Hartbergerstraße zwischen Fürstenfeld und Bierbaum, sowie die L123 über den Pogusch. Aktuelle Verkehrsmeldungen liefert Antenne Steiermark.
Das aktuelle Radarbild
Stromausfälle in Teilen der Steiermark
Wie auf der Live-Karte der „Energienetze Steiermark“ ersichtlich ist, kam es am Samstag teilweise zu Stromausfällen. Besonders betroffen waren das Murtal, später der Norden von Graz und Gemeinden nördlich von Pischelsdorf.