Am Beginn und am Ende der spannenden „Zeitreise“, die man im Gespräch mit Pfarrer Matthias Weigold unternimmt – vorbei an der entscheidenden 5000-Gulden-Spende und alliierten Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg, mit Umwegen über Schweden und den Schwarzwald –, landet man an der Adresse Kaiser-Josef-Platz 9 in Graz. Neben dem Bauernmarkt und nur eine kleine Arie von der Oper entfernt steht die Heilandskirche. Seit nunmehr 200 Jahren.

Dieses Jubiläum wird am morgigen Donnerstag in der heute größten evangelischen Pfarrgemeinde Österreichs gefeiert: Um zehn Uhr beginnt der Festgottesdienst und parallel dazu ein Kindergottesdienst, anschließend spannt man beim Festprogramm den Bogen von Livemusik, Kulinarik und Unterhaltung für die Kleinsten bis zum Schlusssegen durch Superintendent Wolfgang Rehner.

Die Heilandskirche Graz um 1855
Die Heilandskirche Graz um 1855 © KK

Die 500-Gulden-Spende

„Es wird ein steirisches Gustav-Adolf-Fest“, erläutert Pfarrer Weigold. Der Schwedenkönig Gustav Adolf wurde im Laufe der Zeit zur evangelischen Symbolfigur, habe der doch im Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648) den Untergang des Protestantismus verhindert. Knapp 200 Jahre nach dieser Schlacht nimmt die friedliche Geschichte der Grazer Heilandskirche ihren Ausgang: Der Handwerker Johann Kirste, er produziert Seile verschiedenster Art, kauft auf dem Holzplatz vor der Stadt (heute eben als Kaiser-Josef-Platz bekannt) einen Baugrund. Nicht genug damit, dass er dieses Areal der Gemeinde schenkt – er stiftet auch 5000 Gulden für den Bau eines Bethauses. „Dieses war anfangs aber nur ein schlichtes Haus ohne Kirchenfenster, Turm und Glocken, weil sie damals Evangelischen noch verboten waren. Eine ‚richtige Kirche‘ wurde das Gebäude erst in den Jahren 1853/54“, erzählt Weigold.

Im Laufe der folgenden Jahrhunderte sollte es Klassenzimmer beheimaten und als Luftschutzbunker dienen. Im Winter 1944/45 zerbarsten bei einem Bombenangriff alle Kirchenfenster – es folgte längst nicht die einzige Renovierung „des Heilands Kirche“, wie sie Weigold gerne nennt. Der 49-Jährige, gebürtig aus dem Schwarzwald stammend Pfarrer, zitierte bei seiner offiziellen Amtseinführung im Jahr 2019 auch das Leitbild der Kirche nach Jeremia: „Suchet der Stadt Bestes“. Hat er es schon gefunden? „Das ist ein stets aufrecht bleibender Anspruch“, betont er. Aber ja, der grüne Waldfriedhof in St. Peter und die Flüchtlingsarbeit der Pfarrgemeinde sei schon sehr nahe am Besten der Stadt.