Es gab offenbar längeren Gesprächsbedarf. Mit 15 Minuten Verspätung wurde die Pressekonferenz am Dienstagabend angepfiffen. Die angekündigte Entscheidung blieb aber aus. Ob Graz jetzt ein zweites Fußballstadion bauen soll oder nicht, ist nach wie vor offen. Stattdessen beauftragt die Rathauskoalition aus KPÖ, Grünen und SPÖ für zwei Standorte eine vertiefende Machbarkeitsstudie. Das höchste Potenzial hat die Wiese zwischen Ikea und Nahverkehrsknoten Puntigam, aber auch das alte Ackern-Areal. Dazu wird auch eine Erweiterung samt Sanierung der bestehenden Merkur-Arena geprüft.

„Der Stadionausschuss hatte eine klare Aufgabe – einen möglichen zweiten Standort zu finden. Das haben wir getan, damit ist das abgeschlossen“, sagt SPÖ-Klubchefin Daniela Schlüsselberger, die für die Rathauskoalition das Thema federführend zieht. „Dann soll eine Projektgruppe und ein Lenkungsausschuss eingesetzt werden. In diesen Ablauf werden auch die Vereine direkt eingebunden.“

Koalition zeigt sich zufrieden, keine Reaktion der Klubs

Die Machbarkeitsstudien sollen im Juni, spätestens Juli, im Gemeinderat beauftragt werden. Die Koalition rechnet mit Einstimmigkeit. Rund 200.000 Euro wird das kosten. Finanzstadtrat Manfred Eber (KPÖ) spricht die Finanzierung eines Stadions an: „Selbstverständlich müssen sich auch andere beteiligen, da spreche ich in erste Linie das Land an. Das hat auch Bereitschaft bekundet, wenn ein Projekt vorliegt.“ Das erarbeite man gerade. Und natürlich „auch die Vereine“, die sich beteiligen müssen.

Vertreter von Sturm und GAK waren bei der Pressekonferenz nicht dabei, gaben auch im Nachhinein keine Stellungnahme ab. Grünen-Klubchef Karl Dreisiebner zeigt sich jedenfalls zufrieden: „Wir sind so weit gekommen, wie davor noch niemand gekommen ist – das darf uns durchaus freuen.“

Manfred Eber, Daniela Schlüsselberger, Bertram Werle und Karl Dreisiebner
Manfred Eber, Daniela Schlüsselberger, Bertram Werle und Karl Dreisiebner © Klz / Klier Thomas

„Wir wollen keine Versprechen wecken, die am Ende des Tages der Realität nicht standhalten“, so Schlüsselberger. Daher „dieser vorsichtige Schritt“, aber: Wenn es sich finanziell und technisch darstellen lässt, sollen es zwei Stadien werden.

Studienergebnisse liegen in acht Monaten vor

Das Ziel: In Liebenau soll geprüft werden, wie eine Kapazitätsvergrößerung auf 20.000 Plätze zu bewerkstelligen wäre. Für ein neues Stadion wird eine 15.000er-Variante geprüft – mit der Möglichkeit, auf 25.000 zu erweitern. Die Machbarkeitsstudien sollen rund acht Monate dauern, ab einer Entscheidung für Liebenau oder Neubau rechnet man mit weiteren 53 Monaten. Wobei: „Bei einem Neubau gehen wir von einer UVP-Prüfung aus“, sagt Stadtbaudirektor Bertram Werle.

Der Diskussion am Dienstagabend ist eine jahrelange Fehlpassorgie vorangegangen: Fußball, Stadt- und Landespolitik spielten sich ständig Bälle zu, die der jeweils andere nicht verarbeiten wollte. Seit 2019 treibt vor allem Sturm-Präsident Jauk den Ball in der Stadionfrage voran, wurde aber noch in der Bürgermeisterära Nagl vom damaligen Finanzstadtrat Günter Riegler (ÖVP) in seinem Elan gestoppt: „Ein zweites Stadion kann man dem Steuerzahler nicht zumuten“, sagte Riegler 2019 klipp und klar.

Die aktuelle Koalition nahm einen neuen Anlauf und legte sich 2022 auf die Zwei-Stadion-Lösung fest – aber ohne Konzept und Finanzierung. Der Ruf von Bürgermeisterin Kahr, das gehe nur durch finanzielle Unterstützung des Landes, verhallte in der Burg wiederum ungehört. Jetzt ließ Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) vor Kurzem mit der Forderung nach einem Nationalstadion in Premstätten aufhorchen, ebenfalls ohne Konzept und Finanzierung.

Was den Ball jetzt wieder ins Rollen brachte

2023 dann der vermeintliche „Gamechanger“: Im Interview mit der Kleinen Zeitung machte Sturm-Präsident Jauk sein Angebot öffentlich: Sturm würde der Stadt das Baurecht in Liebenau um einen „zweistelligen Millionenbetrag“ abkaufen und das Stadion selbst weiterentwickeln. Im Gegenzug könne die Stadt mit diesem Geld – und weiteren Steuermillionen – ein neues 10.000er-Stadion als neue Heimstätte für den GAK errichten. Koalition wie Stadt-ÖVP konnten der Idee viel abgewinnen, eine Frage blieb aber ungelöst: Wo soll das zweite Stadion stehen?

Für den GAK kam lange nur eine Fläche im Norden der Stadt infrage, aber trotz kreativer Ideen wie eines Stadions am Dach eines Einkaufszentrums stellte sich heraus: Es fehlt überall der Platz. Auch ein Ausbau in Weinzödl ist nicht möglich, Natur- und Wasserschutz stehen dem entgegen. Der Sportverband ASKÖ will sein Stadion in Eggenberg auch nicht zu einer Fußballarena umrüsten.

Damit ist man nun wieder zurück beim Anfang: bei einem Ausbau der Merkur-Arena. Dabei geht es weniger um die Kapazität (16.400 Zuschauer national), sondern um ausreichend Platz für die TV-Übertragungen sowie einen Ausbau des VIP-Klubs inklusive lukrativer Skyboxen für besonders zahlungskräftige Sponsoren.

Kritik von der Grazer ÖVP

Die Grazer ÖVP kritisiert in einer Reaktion den „ergebnislos zu Ende gegangenen Stadionausschuss“. Das sei „sinnbildlich für die planlose Politik der Kahr-Regierung“, so ÖVP-Graz-Geschäftsführer Markus Huber. Er fordert „Planungssicherheit“ für die Vereine ein, stattdessen seien es bisher „zweieinhalb verlorene Jahre für den Fußball in unserer Stadt“ gewesen.