Die Renaissance der Bahnhofsmission der Caritas in Graz ist eigentlich als „Pop-up-Tageszentrum“ gedacht: 100 Tage lang will man beobachten, wie die Anlaufstelle für jene Menschen, die sich tagsüber rund um den Hauptbahnhof aufhalten und prekär wohnungsversorgt oder gar obdachlos sind, angenommen wird und mit welchen Bedarfen und Anliegen Menschen in die Einrichtung kommen. Gleich einem Praxislabor will man von diesen Erfahrungen lernen. Nun, nach etwas mehr als 50 Tagen ist klar: Die Nachfrage ist groß.
Schon nach den ersten drei Tagen verzeichnete die Bahnhofsmission über 70 Besuche, viele der Gäste wurden schon nach kurzer Zeit zu Stammgästen. Insgesamt war es in den ersten 50 Tagen ihres Bestehens zu mehr als 3800 Besuchen in der Einrichtung gekommen, zu Spitzenzeiten an Wochenenden verzeichnete das Tageszentrum rund 100 Gäste pro Tag. Genaue Statistiken gibt es nicht, da sich die Gäste ohne Registrierung in der Bahnhofsmission aufhalten dürfen. Die Teams schätzen aufgrund ihrer Beobachtungen, dass im Zeitraum der ersten 50 Tage rund 300 individuelle Besucherinnen und Besucher vor Ort waren.
Angebote wie der Ruheraum erfreuten sich rasch großer Beliebtheit, oftmals bei Menschen, die in der Vornacht ohne eigenes Bett auskommen mussten. Zudem habe sich das Tageszentrum als ein wertvolles Handlungsfeld für freiwillige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewiesen, die von einem Kernteam aus Hauptamtlichen angeleitet werden, heißt es von der Caritas.
„Es ist wichtig, dass Menschen in prekären Situationen im Tageszentrum am Bahnhof eine Anlaufstelle vorfinden, wo sie sich aufwärmen, eine Mahlzeit oder einfach Ansprache bekommen können“, sagt Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ), die ankündigt, dass künftig das Sozialamt der Stadt Graz die Einrichtung finanzieren und die Caritas Steiermark mit dem Betrieb beauftragen wird. Denn: „Der Bedarf besteht weiterhin.“
„In den vergangenen 50 Tagen haben wir den Bedarf an einer Einrichtung am Bahnhof nochmals vor Augen geführt bekommen“, bestätigt auch Caritas-Direktorin Nora Tödtling-Musenbichler, die sich sehr freut, dass man dem Bedarf ab Sommer in Form einer dauerhaften Einrichtung begegnen kann. „Gemeinsam ist es uns gelungen, hier einen sozialen Ort zu schaffen, der, getreu unserem Leitspruch, dazu beiträgt, ein besseres, ja, ein gutes Leben für alle zu erreichen“, so Tödtling-Musenbichler. Die Einrichtung wird bis dorthin auch noch nach den Bedürfnissen der Besucherinnen und Besucher adaptiert.