1924 in Österreich: Die Währungsreform wird beschlossen, der Schilling ersetzt die Krone. Der ORF-Vorläufer RAVAG nimmt seinen Betrieb auf. Der Staat führt als erster in Europa eine Profifußballliga ein. Und in Graz ist es endlich so weit: Nach mehr als zehn Jahren Verhandlungen und Vorlaufzeit sowie einem Gemeinderatsbeschluss aus dem Jahr 1918 gründet man am 2. Jänner 1924 ein städtisches Werbeunternehmen. Gemeinsam mit der Firma „Kienreichs Anzeigen Vermittlungsgesellschaft m.b.H.“ (ein Tochterunternehmen des traditionsreichen Verlagshauses und Buchhandels Josef A. Kienreich) hebt die Stadt die „Ankünder Steiermärkische Ankündigungs-Ges.m.b.H.“ aus der Taufe – rund zwei Jahre, nachdem Wien die Gewista („Gemeinde Wien – Städtische Ankündigungsunternehmung“) gegründet hatte. Mit dem Wiener Konkurrenten arbeitet man in Graz längst auf nationaler und internationaler Ebene in verschiedenen Konstellationen zusammen – ist doch Ankünder über das letzte Jahrhundert nicht nur zur klaren Nummer eins im Süden Österreichs geworden, sondern auch zum drittgrößten Außenwerbeunternehmen Österreichs. „Bei der Ertragskraft sind wir national sogar die Nummer zwei“, betont Dieter Weber, gemeinsam mit Bernd Schönegger Geschäftsführer des Unternehmens. Und: „Wir sind mit Abstand das erfolgreichste städtische Unternehmen am freien Markt.“
In den Zahlen liest sich das so: Im Jahr 2022 konnte Finanzstadtrat Manfred Eber (KPÖ) einen Gewinn von 4,7 Millionen Euro einbuchen, 2023 dürften es vorbehaltlich Rechnungsabschluss 4,9 Millionen werden und für heuer stehen sogar 6,1 Millionen im Budget. Erst ab 2025 soll der Flughafen wieder mehr Ertrag abliefern als der Ankünder, wenn dessen Höhenflug weiter anhält und die städtischen Budgetpläne so halten.
Von Anfang an innovativ
Längst bietet man verschiedenste Medien im „Out-of-Home-Bereich“ an, also Außenwerbung. Begonnen hatte dabei freilich alles mit kleinen Plakaten und Litfaßsäulen. Die ersten Innovationen ließen aber nicht lange auf sich warten, schon bald gab es Werbung in der Tramway und Lichtreklamen. Nach dem Zweiten Weltkrieg – hier war man als Werbeunternehmen an das Reichspropagandaministerium in Berlin gebunden – ging der Ankünder 1950 zu 100 Prozent an die Stadt. Und die ersten 8-Bogen-Großplakate wurden geklebt.
Quantensprünge, auch ins Ausland
1975 gab es erstmals Werbung auf Bussen, damals eine Novität in Österreich, und Mitte der Neunziger kam mit den City-Light-Vitrinen ein weiterer Quantensprung in der österreichischen Außenwerbung dazu. Kurz zuvor war Ankünder bereits in die neu gegründete Stadtwerke AG eingegliedert worden – und hatte riesige Expansionsschritte getätigt. 1991 gründete man mit der Europlakat d.o.o. in Kroatien die erste Auslandstochtergesellschaft, 1992 folgte die Europlakat in Slowenien. Weiter expandiert wurde 2013, als der französische Weltmarktführer JCDecaux einstieg, der auch an der Wiener Gewista beteiligt ist. Ein Coup, der Weber – damals mit Josef Karner als Co-Geschäftsführer – gelang und der Ankünder mit einem zweimaligen Anteilstausch (2013 und 2017) dabei half, die Reichweite in ganz Österreich beträchtlich zu erhöhen.
Parallel tat sich auch auf der Innovationsebene einiges in der Außenwerbung: „Bis Anfang der 2000er war immer noch das Plakat das wichtigste Medium“, sagt Geschäftsführer Weber. Als Massenmedium habe es nach wie vor eine Bedeutung, doch das Portfolio hat sich mit der Digitalisierung gewaltig erweitert. Eine Videowall am Jakominiplatz und erste Infoscreens als „Öffi-TV“ (2001), großformatige, leuchtende „Poster Lights“ (2005), digitale „City Lights“ (2017) und „Premium Screens“ als erste digitale Großflächen an Straßenzügen (2022) bieten immer wieder neue Werbemöglichkeiten für die Kunden.
Die Zukunft: Smart und Service Content
Wohin die Reise nun geht? Die Plakate seien dank Digitalisierung dabei, sich von einem monatlichen Rhythmus zu einem stündlichen(!) zu entwickeln. „Ein Turbo für unsere Branche“, sagt Weber. Durch die Zusammenarbeit mit den Partnern sei eine programmatische Buchung EU-weit möglich. Um konkurrenzfähig zu den sozialen Medien zu bleiben, arbeitet die Branche daran, potenzielle Kunden über anonymisierte Handydaten direkt am Weg über digitale Flächen ansprechen zu können („Footfall“), etwa in Einkaufszentren. Aber auch Inhalte wie Schlagzeilen oder Service wie Wetterwarnungen würden eine immer größere Rolle spielen.
Jetzt feiert Ankünder aber erst einmal den Hunderter – zum Auftakt ins Jubiläumsjahr macht eine Straßenbahn auf „Faszination Werbung“ aufmerksam, für den Herbst plant man weitere Feierlichkeiten, vor allem für die 53 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bei denen man sich für die Teamleistung bedanken will. „Wir sind gigantisch gestiegen, aber ein stabiles und langfristig abgesichertes Unternehmen. Die Transformation vom reinen Plakat- zum Medienunternehmen haben wir mehr als nur geschafft“, sagt Weber nicht ohne Stolz.