Seit fast einem Jahr tobt gegen die Grazer Streamerin Pia Scholz, wie Shurjoka bürgerlich heißt, eine Hasswelle, die sich über mehrere Plattformen zieht. Das Ziel: Die 26-Jährige „krass zu brechen“, wie es in den zahlreichen Streams und Videos gegen Shurjoka gesagt wird. Das Resultat: Hohe Aufrufzahlen und damit verbundene hohe Einnahmen und eine Community, die loszieht, um die Grazerin mit einer Hasswelle zu überfluten.
Starke politische Meinungen
Shurjoka ist mit Gaming Streams auf der Plattform Twitch bekannt geworden und zu einer der erfolgreichsten österreichischen Streamerinnen geworden. In ihren Streams, also Liveübertragungen, redet sie auch oft über politische Themen und hat dabei eine klare Meinung, die sie ins Netz bringt. Dabei schießt sie gerne auch selbst scharf. Sie setzt sich stark für die Rechte von Frauen und queeren Personen ein. Die intersektionale Feministin, so identifiziert sie sich selbst, positioniert sich links. Dass ihre Meinung oft polarisiert und auch auf Widerstand trifft, ist ihr bewusst. Die aktuelle Welle an Hassnachrichten und systematischen „Brechens“ hat aber neue Ausmaße angenommen.
Ausgelöst wurde die Welle durch den Aufruf, das Harry-Potter-Spiel „Hogwarts Legacy“ zu boykottieren, da die Autorin J.K. Rowling indirekt davon profitierte. Rowling selbst steht oft in der Kritik aufgrund ihrer transfeindlichen Aussagen. Anfangs entfachte dies eine Debatte über das „Canceln“, also den Auschluss von Personen oder Marken aufgrund problematischer Handlungen. Im Mai eskalierte die Situation dann. Da wurde Shurjoka mit dem deutschen Computerspielpreis als „Spielerin des Jahres“ ausgezeichnet. Zu Unrecht, wie viele deutsche Streamer meinen.
Mit Cybermobbing Geld verdienen
Diese monatelange Kampagne zieht vor allem in der Gamingszene weite Kreise und bekommt dadurch eine Menge Aufmerksamkeit. Das spiegelt sich in den Zuschauerzahlen der Streams und den Aufrufen auf Videos zu dem Thema wider. Und damit verdienen die Streamer bekanntlich ihr Geld. Deswegen werden auch haufenweise Videos auf YouTube hochgeladen, mit Titeln wie „“SHURJOKA DREHT KOMPLETT DURCH“ oder „Die ekelhaften LÜGEN und HETZE von Shurjoka“. Dass damit große Einnahmen generiert werden, machen die Streamer wie „Montana Black“ sogar selbst öffentlich.
Aber nicht nur Branchenkollegen gehen auf die Grazer Streamerin los. Auch die Fans der Beteiligten ziehen los und beteiligen sich an der Hassparade. Bei Beiträgen rund um das Thema wird die Grazerin beleidigt und die Streamer in Schutz genommen.
Shurjoka erzählt davon, unter den Angriffen psychisch zu leiden, was einige Streamer als weitere Angriffsfläche nutzen. Auf X versucht sie gegen die Welle anzukommen und aufzuzeigen, welche Dimensionen die Kampagne gegen sie bereits genommen hat. Sie zeigt sich immer frustrierter und schießt dabei selbst scharf zurück.
Dass die Gaming- und Streaming-Szene eine männlich dominierte Branche ist, spielt dabei auch eine Rolle. Eine junge Streamerin, die sich noch dazu politisch äußert, fällt auf. So werden Gamerinnen oft Opfer von heftigen sexistischen Beleidigungen. Shurjoka ist damit kein Einzelfall. Der Standard schreibt bereits im Oktober 2021 über die Popkulturkritikerin Anita Sarkeesian, die sich kritisch zu sexistischen Klischees in Videospielen äußerte und daraufhin so massiv angegriffen wurde, dass sie umziehen musste.