Der große Knall blieb aus, im Gegenteil: Der Start des Online-Riesen Bolt in Graz ging beinahe unbemerkt über die Bühne. Seit wenigen Tagen kann man jedenfalls auch über die Bolt-App Taxifahrten in Graz buchen. Ein zusätzliches Angebot neben den heimischen 878, 2801 und dem zweiten, bekannteren Online-Riesen Uber. Wie geht es der Branche in Graz damit, in der ja erst im Sommer der Anbieter 889 eine Vollbremsung hinlegen musste und den Dienst eingestellt hat?
„Das ist ein neuer Mitbewerber wie die anderen auch“, sieht es 878-Chefin Sylvia Loibner gelassen. Ihre Funkgruppe stellt mit 320 Wagen den Großteil der Taxis, die im Großraum Graz unterwegs sind. Sie ist zuletzt sogar gewachsen, weil einige, die zuvor unter 889 gefahren sind, zu 878 gewechselt sind. „Und wir haben neben der Rufnummer seit Jahren die 878-App“, so Loibner. Damit bietet man wie Uber und Bolt auch Fahrten zu Fixpreisen an.
Uber und Bolt als „Mitbewerber wie die anderen auch“
Bolt stammt ursprünglich aus Estland und hat eigenen Angaben zufolge 150 Millionen Kunden in 45 Ländern und 3,5 Millionen Partner wie Fahrerinnen und Kuriere. Österreichspezifische Daten gibt es keine, mehrfache Anfragen der Kleinen Zeitung blieben unbeantwortet. Fix ist nur: Neben Graz ist man auch in Wien, Salzburg und im Burgenland. „In Österreich agiert Bolt ausschließlich als Vermittler und arbeitet mit Taxiunternehmen zusammen, die Fahrer beschäftigen und sich auf der Bolt-Plattform registrieren. Sie arbeiten oft auch mit anderen Plattformen zusammen und entscheiden selbst, über welchen Vermittler sie Fahrten annehmen“, sagt Bolt-Österreich-Chef Farhad Shikhaliyev vor Kurzem in den „Salzburger Nachrichten“.
Der zweite, weltweit bekanntere Online-Riese Uber ist in Graz schon seit Mai 2021 aktiv und hat sein Angebot erst kürzlich ausgeweitet: Vor gut einem Monat wurde Uber Green gestartet, also Fahrten mit E-Pkw, auch Uber Pet für Fahrten mit Haustieren. Wirtschaftliche Zahlen nennt man keine, dafür hat man eine Auswertung für die beliebtesten Reiseziele: Neben dem Flughafen, dem Bahnhof und allgemein der Inneren Stadt ist es das „Kottulinsky“, der Nachtclub im Univiertel. Nach eigenen Angaben verzeichnet man sukzessive eine steigende Anzahl an Uber-Nutzer wie auch an Uber-Fahrern.
„Das Nachtgeschäft unter der Woche ist ganz schwach“
Und demnächst wird man Uber Prermium in Graz anbieten, das sind Fahrten in Limousinen der gehobenen Mittel- und Oberklasse, etwa Tesla-Model oder 5er-BMW. Preislich wird das dann teurer sein als die klassische Uber-Fahrt. „Das Angebot von Uber wird in Graz seit mehr als zwei Jahren trotz Coronaphasen großartig angenommen und bestätigt damit, dass Uber einen wichtigen Bedarf im Mobilitätsmix abdeckt. Insbesondere für die erste und letzte Meile“, sagt Martin Essl, Chef von Uber Österreich.
Insgesamt kämpft die Branche aber mit den Nachwehen der Coronapandemie, bestätigt Peter Lackner von der Wirtschaftskammer. „Vom Umsatz her sind wir bei 85 bis 90 Prozent im Vergleich zu 2019, vor Corona. Es hat sich gesellschaftlich einiges verändert, das Nachtgeschäft unter der Woche zum Beispiel ist ganz schwach. Das merkt man auch als Kunde, weil es da deutlich schwieriger ist, ein Taxi zu bekommen.“ Das Tagesgeschäft und das Wochenende entwickeln sich aber wieder gut.
Ein großes Thema ist der von der Politik forcierte Umstieg auf E-Wagen. „Das ist ein Kostenthema“, so Lackner. „Ein klassischer Hybrid kostet rund 28.000 Euro, ein E-Auto 40.000 aufwärts. Das geht nicht ohne Förderungen.“ Die gibt es auch. In Graz etwa kommen zehn neue E-Taxis auf den Markt, die im Rahmen eines Pilotprojektes über Platten im Boden der Standplätze geladen werden.