Die einen werkelten bis in die Nachtstunden, die anderen rückten frühmorgens noch einmal aus. Und einige haben inmitten all der Vorbereitungen das Bett erst gar nie gesehen. Doch wie viel Herzblut die Steckerinnen und Stecker bis zur allerletzten Minute in geübten Griffen in die Narzissenfiguren steckten, konnten die Besucherinnen und Besucher den prächtigen Skulpturen beim 62. Narzissenfest ansehen.

Ab neun Uhr begann das fröhliche Lustwandeln und Staunen durch Altaussee, bei dem Tausende Handys und Fotoapparate gezückt wurden, um die Blütenpracht in die persönlichen Handyannalen eingehen zu lassen. Am Nachmittag zogen die Figuren dann am Altausseer See ihre Runden. Extra fürs Fotografieren sind auch Christa und Otmar Hamberger aus Ansfelden in Oberösterreich zum Narzissenfest angereist. „Bisher haben uns die vielen Leute abgeschreckt“, erzählen die beiden. Doch das neue Festkonzept, bei dem die Besucher an nur einem Ort an den Figuren vorbeiwandeln, kam dem Paar gelegen. Sie sind Fans von Brauchtum und Tradition. Und mit dieser Vorliebe kommen sie beim Narzissenfest mehr ganz auf ihre Kosten. Die weißen Blüten, die Trachten und die einzigartige Landschaft bilden den perfekten Rahmen für das größte Frühlingsfest Österreichs.

Ganz planmäßig verliefen die Vorbereitungen bei Hans und Helena Dostal. Gesteckt wurde für die Figur „Aptychen pflegende Blauringkrake“ von acht Uhr morgens bis acht Uhr abends. Aptychen, das sind die schnabelartigen Beißwerkzeuge der Kraken. „Die Freundinnen meiner Frau aus Tirol und sogar aus der Slowakei sind angereist und haben geholfen“, erzählt Hans Dostal. So wurde das Narzissenstecken zum internationalen Freundinnentreffen. „Jede Figur hat ihre eigene Anekdote“, erzählen Franz Loitzl und Thomas Feldhammer, die zumindest gedanklich seit 2019 an ihrem Narzissen-Adler feilten. Und welche Anekdote schreibt der „Aar“? „Ich bin gestern um fünf Uhr früh noch einmal in den Wald gefahren, nur um Moos zu besorgen, diese Geschichte wird vom Adler bleiben.“

750 Stunden Handarbeit hat er für seinen majestätischen Überflug über das Ausseerland gebraucht. Der Publikumsmagnet landete auf dem zweiten Platz der Jurywertung. Im Maßstab 1:40 wurde dem Adler ein überdimensionales Blütengefieder gezaubert. „Aufpassen muss man auf die Proportionen und man muss einplanen, wie es aussieht, wenn die Narzissen später reingesteckt werden. Beim Fuß trägt es mehr auf als beim Körper.“

Lisa und Katharina begrüßten die Besucher  zum Narzissenfest. Isabella fiel krankheitsbedingt aus
Lisa und Katharina begrüßten die Besucher zum Narzissenfest. Isabella fiel krankheitsbedingt aus © APA/BARBARA GINDL

Darauf achtet auch die Jury, verrät Jurorin Christine Komarek, die bereits seit 27 Jahren dabei ist, und ihr geschultes Auge auf die Blütenpracht des Schneemanns wirft. „Wir bewerten, wie viele Narzissen und wie viel Fremdmaterial verbraucht wurden. Und wie dicht die Figur gesteckt ist. Die Proportionen sollten stimmen und wir achten auch auf die Schwierigkeit.“ Rundungen sind schwieriger zu stecken. Berücksichtigt werden auch Größe, Kreativität und Präsentation.

Bei der Gruppe rund um Barbara und Kurt Freller sowie Stefan Pucher dreht sich alles um Rundungen. Ihr Schneemann Gustl mit seinem gut genährten Bauch ist höchste Steckklasse. Er holte sich beim 62. Narzissenfest den ersten Platz in der Kategorie Neue Gestelle sowie den Stockerlplatz für die schönste Ausführung. Nach dem Adler auf Platz drei landete das Peace-Zeichen der Katholischen Jungschar, das auch in der Kategorie originelle Ideen siegte. Der starre Blick der heiratswütigen Schleiereule zog ebenfalls viele Besucher in den Bann. Mit Brautstrauß im Schnabel und Schleier auf dem Köpfchen stand sie quasi zum Hochzeitsflug bereit. 600 Arbeitsstunden investierte die Gruppe Familie Schönmaier in das Tier. Die Schleiereule punktete in der Kategorie Alte Gestelle vor der Lederhose und der Narzissenkrone. Bei den Junioren landete die Friedenstaube am ersten Platz.

„Die Narzissenfamilie ist eine eingeschworene Gemeinschaft“, erzählt Angelika Huber, stellvertretend für ihren Vater, Otmar Schönmaier, dem langjährigsten Teilnehmer des Korsos. Auch unter den Besuchern grassiert längst das „Blütenfieber“. Beim Publikumsstecken entstand Rudi die Robbe.