Das Ausseerland hat sich längst in sein schönstes weißes Festtagsgewand gehüllt. Die Sternnarzissen haben mit ihrer Blüte heuer fast eine Punktlandung hingelegt, immerhin sind sie neben den frisch gekrönten Narzissenhoheiten die Hauptdarstellerinnen an diesem Festwochenende, ihr frischer Zustand ist ausschlaggebend für den Glanz der Figuren. Familie Freismuth steht mit Gummi- und Arbeitsstiefeln ausgerüstet in einem Meer aus Blüten im Bad Ausseer Ortsteil Obertressen. Hinter ihnen thront der Loser, doch für die atemberaubend schöne Landschaft haben sie heute keinen Blick.


Wer seine Füße zum ersten Mal auf diesen Boden setzt, weiß, wieso gutes Schuhwerk auf der Feuchtwiese so wichtig ist. Der Boden, den die Blume mit überraschend wenig Ansprüchen liebt, ist gatschig, stellenweise mit Wasser überdeckt. Nährstoffarm soll er sein, dann fühlt sich die Narzisse wohl. Wird der Boden gedüngt, haut die Narzisse einfach ab.

700 bis 1000 Narzissen haben in einem Kübel Platz - für die Friedenstaube braucht Familie Freismuth 60 Kübel
700 bis 1000 Narzissen haben in einem Kübel Platz - für die Friedenstaube braucht Familie Freismuth 60 Kübel © Jürgen Fuchs


Artenreiche Wiesen gehören auch hier im Ausseerland zu den stark bedrohten Lebensräumen in der Kulturlandschaft. Ein eigener Verein zum Schutz und Erhalt der Narzissenwiesen setzt sich für die Pflege dieser besonderen Landschaft sowie den Erhalt der Narzisse ein. Pflücken macht ihr übrigens nichts, das regt sogar die vegetative Vermehrung an.
Zurück zu Familie Freismuth mit Pflückstart um 9.30 Uhr. "Vorher ist es noch zu nass. Wenn die gebrockten Blüten nass sind, werden sie schnell braun", sagt Barbara Freismuth, die mit ihren Söhnen Jacob und Philip sowie ihrer Schwester Selma die Wiese durcharbeitet. Philip ist schon frühmorgens mit dem Moped ausgefahren, um eine passende Wiese auszukundschaften.


"Eigentlich wollte ich nichts mehr tun", sagt die achtfache Mama Barbara Freismuth, die sich nach vielen Figuren schon in die Pflück- und Steck-Pension verabschiedet hatte. Doch ihre Nachzügler, die 15-jährigen Zwillinge Jacob und Philip, wollen unbedingt mitmachen. Warum? "Aus Tradition und damit die Leute etwas zu schauen haben, es ist schon schön", erklärt Jacob. Mit ihrer Blumenausbeute – vier Personen brocken ungefähr einen Kübel Narzissen in 20 bis 30 Minuten – wollen sie einer Friedenstaube Leben einhauchen und sie für das Fest in weiße Blumenfedern hüllen. "Das Gestell kommt vom Narzissenfriedhof, dort kann man sich alte Figuren holen", erzählt Jacob. "Sobald ich erwachsen bin, mache ich selber mit und gründe vielleicht einen Steckverein", hat sich der 15-Jährige vorgenommen. Doch jetzt müssen sie bis spätestens heute 60 Kübel Narzissen beieinander haben, damit die Friedenstaube zum Korso abheben kann.

Haustechniker Daniel Kalchschmid und Gastgeberin Julia Köberl vom Narzissendorf Zloam
Haustechniker Daniel Kalchschmid und Gastgeberin Julia Köberl vom Narzissendorf Zloam © Jürgen Fuchs


Auch auf der Zloam ist die Landschaft wie ein Traum. Zu Füßen der Blumenpflücker liegt der Grundlsee. Wo im Winter die Skifahrer hinuntersausen, pflücken jetzt die vielen Helfer auf der größten Narzissenwiese in Grundlsee bergauf. Die Gastgeber des Narzissendorfs Zloam, Julia Köberl und Jakob Zand, sind selbst im Pflückmodus. Eine überdimensionale Lederhose soll entstehen. Hier greifen Familie, aber auch Gäste mit an.


"Wichtig ist, dass die Stiele relativ lange bleiben, die werden später gestutzt", erklärt Jakob Zand. Braune Blüten müssen auf der Wiese bleiben, geschlossene Knospen dürfen mit in den Strauß.
Sind die Kübel voll, übernimmt Haustechniker Daniel Kalchschmid. Er bringt sie mit einem Allradfahrzeug ins Tal, versorgt sie mit Wasser und stellt sie kühl. Heute ab 16 Uhr gibt es bei Musik ein Schaustecken im Narzissendorf Zloam, auch Gäste dürfen Hand anlegen. 80 Kübel Narzissen wird die Lederhose brauchen, damit sie morgen beim Korso eine gute Figur macht.