Mit seinem "Menü für Energieversorger" sorgte er im vergangenen Oktober für einiges an Aufregung: Ulrich Matlschweiger, Gastwirt im obersteirischen Großreifling (Gemeinde Landl). Als Reaktion auf seine massiv gestiegene Stromrechnung verlangte der Wirt – exklusiv für Stromanbieter – für sein Schnitzel 149 Euro. "Ich bitte jene zur Kasse, die mit der Energiekrise Geld machen. Die Stromerzeuger zahlen bei mir ab jetzt den zehnfachen Preis, damit sind die Kosten gedeckt", erklärte der 35-Jährige damals seine natürlich scherzhaft gemeinte Aktion. 

Daraus wurde nun bitterer Ernst. Denn am Sonntag schloss Matlschweigers Gasthaus "Hoamat" seine Pforten für immer. "Im vergangenen Jahr sind die Kosten explodiert", erklärt er. "Angefangen hat es mit den Strompreisen, die nie mehr auf ein normales Niveau hinuntergegangen sind." Auch die enormen Preissteigerungen im Einkauf hätten das ihre beigetragen: "Rapsöl war zwischenzeitlich um 300 Prozent teurer als zuvor." 

Alle müssen sparen

Auf der Einnahmenseite ging es aber steil bergab. Matlschweiger spricht von 40 Prozent Umsatzeinbußen: "Wir hatten deutlich weniger Gäste, uns bricht die Mittelschicht weg. Die Einheimischen können es sich nicht mehr leisten, essen zu gehen. Bei den Gästen das gleiche, die versorgen sich in den Appartements selbst." Er habe es weiter probiert, "bei der Abrechnung im August – das war der schlechteste August aller Zeiten – habe ich gewusst, es geht nicht mehr."

Mit diesen Problemen sei er aber nicht alleine: "Ich kenne viele Betriebe, denen es ähnlich geht. In der Gemeinde Landl haben schon fast alle Gasthäuser aufgehört oder überlegen, aufzuhören. Die Klein- und Mittelbetriebe pfeifen aus dem letzten Loch, aber die Politik tut nichts dagegen", sagt er. So würden die "medienwirksamen Förderungen" bei kleinen Betrieben nicht ankommen: "Von 100 Prozent Mehrlast bekomme ich vielleicht 20 zurück." 

Keine neuen Pächter in Sicht

Die Chance, dass sein Gasthaus bald einen neuen Pächter findet, schätzt Matlschweiger daher als "sehr gering" ein. Stehe doch im östlich gelegenen Hall bei Admont schon seit Sommer das "Gasthaus zur Ennsbrücke" zum Verkauf: "Das ist eine zehnmal bessere Lage als hier in Großreifling, aber da hat sich nicht einer gemeldet." 

Das bestätigt Klemens Pirafelner, der den Traditionsbetrieb gemeinsam mit seinem Bruder Christoph Pirafelner führte. Beide gingen mit Ende Juni in Pension: "Es will sich keiner mehr eine Arbeit kaufen", sagt Pirafelner. Die Chance, dass in diesem Haus nochmals ein Gasthaus eröffne, sei daher klein. Trotzdem will sich der Wirt die Gastronomiebetriebe im Gesäuse nicht schlecht reden lassen: "Von Niedergang ist keine Rede. Es gibt viele tolle Betriebe, die gerade frisch übernommen werden und die fast zu gut laufen. Die haben so viel Arbeit, dass sie sich gar nicht mehr auskennen." 

Christoph und Klemens Pirafelner in ihrer Gaststube
Christoph und Klemens Pirafelner in ihrer Gaststube © Veronika Höflehner

Matlschweiger wird Vollzeitpapa

Matlschweiger selbst sieht seine Entscheidung mit einem "lachenden und einem weinenden Auge. Einerseits lastet der Druck nicht mehr auf meinen Schultern, andererseits verliere ich coole Lieferanten, Stammgäste und Mitarbeiter." Der 35-Jährige konzentriere sich nun auf seinen Appartement-Betrieb in Großreifling und seinen selbst umgebauten Foodtruck: "Da entstehen fast keine Fixkosten." Den allergrößten Teil seiner Zeit will er aber seiner Tochter Romy (1) widmen.