In dem Büro, in dem Ende Februar der 59-jährige Triebener Inspektionskommandant von seinem 46-jährigen Kollegen erschossen wurde, erinnert nichts mehr an die blutige Tat. Der Raum wurde gereinigt, ausgemalt und mit neuen Möbeln versehen. Und seit Samstag herrscht dort auch wieder Betrieb.
In den vergangenen Wochen verrichtete die Triebener Mannschaft ihren Dienst in der Rottenmanner Inspektion. "Man macht einfach seine Arbeit und denkt nicht an das, was passiert ist", erzählt ein Polizist von der Zeit dort.
Ereignis wird im Arbeitsalltag verdrängt
Auf die Frage, wie es ist, wieder auf der alten Dienststelle zu sein, zögern die Beamten. "Komisch", antwortet einer, ein anderer erklärt: "Sicher denkt man an das, was hier passiert ist. Aber man verdrängt es, weil man durch die Arbeit eh abgelenkt ist."
Obwohl alle die Möglichkeit hatten, zu einer anderen Inspektion zu wechseln, sei das für niemanden infrage gekommen – auch nicht für jene Polizeikräfte, die während des Vorfalls vor Ort waren. "Es ist zwar ein schlimmes, trauriges Ereignis, das man nicht vergessen wird. Aber wenn ein Familienmitglied stirbt, zieht man auch nicht aus dem Haus aus", erläutert man.
Zum Täter: "Habe gerne mit ihm Dienst gemacht"
Völlig unerwartet traf der Vorfall die Belegschaft, zumal man dem Kollegen die Tat nicht zugetraut habe. Gerüchte, dass er "Choleriker" gewesen sei, kann man nicht bestätigen. "Ich habe gerne mit ihm Dienst gemacht, weil man sich auf ihn verlassen konnte", erzählt ein Polizist. Man könne nicht in jemanden hineinsehen, ergänzt sein Kollege. So etwas könne man nicht vorhersagen.
Ermittlungen zufolge stellte der 59-jährige Kommandant seinen jüngeren Kollegen an jenem Tag vor fünf Wochen wegen eines nicht protokollierten Arbeitsunfalles zu Rede, er wollte den Vorfall weitermelden. Der 46-Jährige habe daraufhin für wenige Minuten das Zimmer verlassen und anschließend gefragt, ob man die Sache nicht anders regeln könne.
Als der Kommandant verneint habe, fielen die tödlichen Schüsse. Er brach schwer verletzt zusammen und verstarb noch am Tatort. Der Täter ließ sich widerstandslos festnehmen und ist in Untersuchungshaft. Er gestand die Tat, schweigt aber zu den Motiven.
"Auf so etwas kann keiner vorbereitet sein"
"Wir wissen, dass Morde passieren und haben auch immer wieder damit zu tun. Aber man glaubt nicht, dass man selber davon betroffen ist. Auf so etwas kann keiner vorbereitet sein." Alleine hätte man die Situation aber nicht bewältigen müssen: Der polizeiinterne Peer Support habe die Beamtinnen und Beamten mehrmals kontaktiert und psychologische Hilfe zur Aufarbeitung des Erlebnisses angeboten.
Für die Triebener Truppe stehen übrigens neue Räumlichkeiten in Aussicht: Eine neue Dienststelle ist – unabhängig vom Vorfall – schon länger geplant.