Langsam und behutsam legt der Bagger die Stütze des Hunerkogel-Liftes in den Schnee. Gesprochen wird nichts, auch Jubel sucht man am Montagvormittag am Dachsteinplateau vergeblich. Mit dieser kleinen Bewegung wird das Skifahren am Dach der Steiermark zu Grabe getragen. Hier zeigt der Klimawandel sein Gesicht am deutlichsten. Nur drei Meter Schnee sind diesen Winter auf das (bald nicht mehr) ewige Eis gefallen, „sieben bis acht Meter würden wir eigentlich brauchen“, sagt Georg Bliem, Geschäftsführer der Planai-Bahnen.
Vergangenen Herbst wurde entschieden, den Skilauf für diese Saison auszusetzen. Man wolle die weitere Entwicklung abwarten, hieß es. Nun ist das endgültige Aus besiegelt. „Heute ist kein Jubeltag“, sagt Bliem beim Lokalaugenschein. „Das ist eine Naturveränderung, die wir akzeptieren müssen.“ Sowohl aus ökologischer als auch ökonomischer Sicht sei eine Weiterführung des Skilaufs nicht sinnvoll. Aus der Lifttrasse ragen schon Felsformationen, zudem war der Start des Skibetriebs zuletzt erst im November möglich – da steht man bereits in direkter Konkurrenz zu anderen Skigebieten.
Bis Ostern sind die Lifte abgetragen
Bis Ostern sollen die drei Schlepplifte direkt auf dem Gletscherplateau großteils abgetragen sein. „Die Stützen werden nach und nach niedergelegt, demontiert und mittels Helikopter hinuntertransportiert“, informiert Dachstein-Betriebsleiter Martin Perhab. Die Schlepper werden aber nicht verschrottet, stammen sie doch aus den frühen 2000er-Jahren. „Viele Ersatzteile können wir in unseren anderen Skigebieten gut gebrauchen, es gibt auch Anfragen von außerhalb“, erklärt der technische Leiter, Thomas Pitzer.
Galgenfrist – oder eventuell sogar eine Wiederbelebung – gibt es für den Mitterstein-Sessellift etwas unterhalb. Hier spielt die neue Ausrichtung des Dachsteins eine Rolle: Jetzt gibt es mehr Platz für das rund 20 Kilometer lange Loipennetz auf Schladminger und Hallstätter-Gletscher. Gemeinsam mit Winterwandern und dem boomenden Skitourengehen – und etwaiger Assistenz durch den Sessellift – soll das Plateau weiterhin genug Angebot liefern.
"Megaprojekt" Umbau Bergstation
„Uns ist nicht bange“, sagt Bliem bestimmt. Denn die Masse kommt auf den Dachstein ohnehin des Panoramas wegen, egal zu welcher Jahreszeit. Schon im heurigen Winter habe man trotz des Endes des Skilaufs ein Besucherplus von 15,58 Prozent verzeichnet.
Zudem sieht man mit großer Freude dem 6. September entgegen. Dann soll der große Umbau der Bergstation beginnen. „Ein Megaprojekt. Das Gebäude wird bis auf die Stahlkonstruktion abgetragen, parallel dazu wird die neue Außenhaut aufgebaut.“ In zwei Schichten wird an der „höchsten Baustelle der Steiermark“ gearbeitet. Im Mai 2024 will die Planai dann mit runderneuertem Restaurant, exklusivem Seminarraum und einer Photovoltaik-Verkleidung für 80-prozentige Energieautarkie eröffnen.
"Mir blutet das Herz"
Zurück zur demontierten Liftstütze. Seit 1969 wird am Dachstein Ski gefahren. Für rund 70 Mitarbeiter, viele davon seit Jahrzehnten im Gletscher-Dienst, ist dieser Montag trotz des optimistischen Chefs kein einfacher Tag. „Mir blutet das Herz. Das war einmal mein Arbeitsplatz“, drückt es eine Mitarbeiterin aus. Das Ende einer Ära ist besiegelt. Mit einiger Wehmut geht es in eine Zukunft im Zeichen des Klimawandels.