Drei Grabkerzen stehen vor dem Eingang der Polizeiinspektion Trieben, ein rot-weiß gestreiftes Band versperrt den Zugang. Es ist ruhig geworden um den Tatort, an dem am gestrigen Montag ein Polizist seinen Vorgesetzten erschossen hat. Aber im Ort wird geredet.
"Wir sind schockiert", sagen etwa zwei Männer, die direkt neben dem Posten wohnen. "Dass so etwas bei uns passiert. Und auch noch bei Beamten, die eigentlich Vorbilder in puncto Gesetz und Sicherheit sein sollen." Zum Tatzeitpunkt waren die beiden nicht zu Hause, ebenso wenig wie Nachbar Erwin Angerer. "Es fühlt sich nicht gut an, wenn man heimkommt und so was mitkriegt – tragisch."
"Kinder spielen, wo nebenan geschossen wurde"
Eine Triebener Kaffeehausbesitzerin brachte zum Tatzeitpunkt ihre Tochter in den Kindergarten neben dem Polizeiposten. "Es ist auf einmal voll rundgegangen, alles abgesperrt, Blaulicht ...", berichtet sie. Ein Banküberfall, habe sie erst gedacht.
Beim Abholen zu Mittag wusste sie durch Gäste in ihrem Kaffeehaus natürlich Bescheid. "Es war ein ganz komisches Gefühl. Die Kinder spielen im Garten, wo nebenan kurz davor noch geschossen wurde."
Tatverdächtiger "kein unbeschriebenes Blatt"
Geredet wird in der Gemeinde auch viel über den mutmaßlichen Täter. Als "Choleriker" bezeichnen den 46-Jährigen einige Passanten. "Er war kein unbeschriebenes Blatt, ist immer wieder ausfällig geworden", weiß einer und berichtet von unangenehmen Vorkommnissen bei Verkehrskontrollen.
Die Leute hätten sich schon gewundert, wie jemand, der sich so schnell aufrege, diese Tätigkeiten ausüben könne, erzählt er weiter. "Er wollte zeigen, wer er ist", sagt ein anderer. Umso positiver sprechen die Triebener vom verstorbenen Kommandanten. Er sei ein "ruhiger, netter, guter Menschen" gewesen.
Helmut Schöttl, Bürgermeister (SPÖ) und Polizist bei der Triebener Autobahnpolizei, will aufgrund seines Berufs keine Aussagen über seine Kollegen treffen. "Ich persönlich, aber auch die Bewohner, sind in Schockstarre", sagt er.
Angriffe von innen "schlimm" für Polizei
Fassungslosigkeit herrscht naturgemäß auch beim Rest der Polizei im Bezirk. "Wir sprechen intern sehr viel darüber, fast jede Stunde", erzählt der Liezener Personalvertreter Raimund Sulzbacher, der mit dem getöteten Inspektionskommandant gut befreundet war. Man würde nun versuchen, "zusammenzustückeln, was tatsächlich passiert ist. Es ist unvorstellbar."
Die schreckliche Tat sei für ihn persönlich eine "Zäsur", sagt Sulzbacher weiter. Angriffe von außen, auf die Polizei, damit könne man umgehen, "aber von innen, in einem eigentlich geschützten Bereich, das ist schlimm. So ein Fall ist mir in meinen 40 Jahren im Polizeidienst noch nicht untergekommen. Wenn etwas in einem schlummert und plötzlich zum Ausbruch kommt, dann kann man es nicht verhindern."
Mitgefühl für Familie und Kollegen
Mit dem Opfer wie auch dem Tatverdächtigen hat der Personalvertreter in der Vergangenheit in der Polizeiinspektion Liezen zusammengearbeitet. Den mutmaßlichen Täter hat Sulzbacher als "sehr aktiven, kompetenten Polizisten in Erinnerung, der seine Arbeit sehr gut erledigt hat." Der 46-Jährige habe sich auf eigenen Wunsch vor sechs Jahren nach Trieben versetzen lassen. "Unser Mitgefühl gilt der Familie und den Kollegen vor Ort", meint er abschließend.
In Lassing, seiner Heimatgemeinde, war der Inspektionskommandant sehr aktiv. Über den tragischen Verlust sprechen, fällt seinen Mitbürgerinnen und Mitbürgern dementsprechend schwer. Bürgermeister Engelbert Schaunitzer hatte sich bereits am Montag dazu geäußert: "Im ganzen Ort herrscht Schockstarre. Es tut uns sehr leid um ihn." Seine Partnerin wolle man so gut wie möglich unterstützen.