Es heißt, Sie sind mit vier Jahren schon auf Langlaufskiern gestanden - stimmt das? Hat es da auch schon so gut geklappt wie heute?
Mika VERMEULEN: Das ist eine Lüge (lacht). Ich bin schon mit zwei Jahren auf den Langlaufskiern gestanden, aber ich kann mich nicht mehr daran erinnern, sondern kriege es nur von meinen Eltern und Verwandten erzählt. Die Loipe geht ja praktisch unter meinem Fenster vorbei. Da war das Langlaufen naheliegend.
Das heißt, es war früh klar, dass Sie in den Langlaufsport einsteigen? Was macht die Nordische Kombination für Sie aus?
Nachdem ich alles an Wintersport ausprobiert habe, bin ich beim Langlaufen stecken geblieben. Das hat mir von Beginn an gefallen. Für mich ist das Kontroverse so interessant. Während das Springen eigentlich reine Kopfsache ist, ist Langlaufen eine Sache, die nur mit ganz viel Training auf hohem Level funktioniert. Natürlich trainiert man für das Springen genauso hart, aber es spielt auch noch ganz viel Gefühl mit. Das ist beim Langlaufen nicht der Fall. Eigentlich lassen sich diese beiden Komponenten nicht kombinieren, bei der Nordischen Kombination schon.
Sie dürfen sich Juniorenweltmeister nennen - welche Gefühle schießen einem da in den Kopf? Außerdem gelten Sie als das größte Talent Österreichs - wie gehen Sie mit diesem Druck um?
Weltmeister zu sein, ist unglaublich. Du trainierst jeden Tag und wartest auf solche Momente. Man opfert sehr viel, wobei es für mich kein Opfer ist, weil ich es gerne tue, aber natürlich entschädigt so ein Erfolg viele Rückschläge und Situationen, wo es nicht so toll gelaufen ist. In Sachen Druck bin ich relativ schmerzbefreit. Mir sind solche Dinge egal, ich mache mir selbst am meisten Druck und lege den Fokus auf das Training. Natürlich habe ich Erfolge gefeiert und will sie weiter feiern, aber im Sport verlierst du öfter als du gewinnst. Wenn du das nicht kapierst, kannst du gleich damit aufhören. Das heißt nicht, dass ich zufrieden bin, wenn ich verliere (grinst). Das Gegenteil ist der Fall, wobei der Ärger dann gleich wieder verfliegt.
Ihre Eltern kommen aus den Niederlanden, Ihr Vater war Weltcup-Langläufer ...
Ich weiß auch nicht, wie man in den Niederlanden auf die Idee kommt, den Langlaufsport anzugehen. Vielleicht dachte sich mein Papa, im Land der Blinden bist du auch mit einem Auge der König (lacht). Meine Eltern sind nach Ramsau gezogen, um den Wintersport besser ausüben zu können. Das macht Sinn. Sie waren oft hier und haben sich in die Berge verliebt.
Wie wichtig ist Ihnen Heimat?
Heimat ist für mich Ruhe und Ankommen. Als Sportler ist man extrem viel unterwegs, jedes Wochenende woanders. Das sind zum Teil echte Strapazen. Zu Hause kann man durchschnaufen und auch das Leitungswasser schmeckt nicht so komisch.
Ihr Vater ist gleichzeitig Ihr Trainer - wie kann man sich diese Beziehung vorstellen?
Die Beziehung ist sehr gut. Ich fühle mich sehr gut. Nachdem ich ihn als Physiotherapeut nicht brauche, müssen die Trainings für meinen Körper perfekt passen.
Sie sind Wintersportler - wann wird es Ihnen zu heiß? Womit kann man Sie ärgern?
Ich muss sagen, dass ich die Hitze ganz gern habe. Mir ist schneller zu kalt als zu warm. Mich ärgert es, wenn jemand keine Handschlagqualität hat.
Sie haben kürzlich die Sprung-Skier hinter sich gelassen - warum das?
Ich denke, es hat mehr Sinn, wenn ich das mache, was ich gut kann. Ich bin zwar davon überzeugt, dass ich auch beim Springen richtig gut werden kann, aber die Frage ist, ob ich deswegen glücklicher einschlafe und wie viel ich investieren muss. Ich habe lange über die Entscheidung nachgedacht und es fühlt sich richtig an.
Was darf man in Zukunft von Ihnen erwarten?
Ich möchte bis zu den Olympischen Spielen, also innerhalb der nächsten drei Jahre, auf jeden Fall den Anschluss zur Weltspitze schaffen. Und natürlich ist auch die Heim-Weltmeisterschaft ein lebendiger Gedanke im Hinterkopf.
Was macht Mika Vermeulen abseits des Spitzensports? Und vor allem: Was macht er nach seiner Karriere?
Auch wenn ich noch einige Jahre im Sport vor mir habe und richtig Gas geben will, denke ich doch an die Zukunft. Mein Bruder und ich sind gerade im Begriff, ein Radgeschäft in die Realität umzusetzen. Als Ausgleich zum Wintersport gehe ich Radfahren und als Ausgleich zum Radfahren gehe ich Langlaufen.
Martin Mandl