Stöbern wir noch einmal in der Schatzkammer alter Fotografien und sehen uns Gustostückerln an, die im Buch „Ein.Blick. Ausgewählte Fotografien aus dem Steiermärkischen Landesarchiv“, herausgegeben von Josef Riegler, verfasst von Barbara Schaukal und Heinrich Kranzelbinder (49 Euro) zu finden sind: die Herrenrunde um Peter Rosegger als Gruppenporträt sowie der vierjährige Kronprinz Otto von Österreich bei der Krönung seiner Eltern 1916 in Budapest.
1892 fanden sich sechs namhafte Persönlichkeiten des Grazer Kunst- und Kulturlebens im Fotoatelier von Leopold Bude in der Alleegasse 6–8 (heute Girardigasse) ein, „um ein nicht ganz alltägliches Gruppenbild machen zu lassen“. Sitzend von links nach rechts sehen wir auf dem Foto (rechts) den Bildhauer Hans Brandstetter, den Schriftsteller und Politiker Karl Morre und den Schriftsteller Peter Rosegger. Hinter ihnen stehen der Heimatforscher und Schriftsteller Ferdinand Krauss, der Komponist Josef Gauby sowie der Lehrer, Volkskundler und Schriftsteller Johann Krainz, der unter dem Pseudonym Hans von der Sann seine „Sagen aus der Steiermark“ schrieb.
Sie alle verband eine enge Freundschaft, die sie auf dem Foto ausdrücken wollten. Morre und Rosegger halten sich sogar an den Händen. Die sechs Personen stellen einen geschlossenen Block dar, ihre Augen blicken konzentriert auf einen Punkt rechts vorne, auch das zeigt Zusammengehörigkeit.
Das zweite Foto derselben Gruppe (oben) wirkt hingegen viel lockerer. Im Zentrum Karl Morre, der die Gitarre spielt, und Hans Brandstetter an der Zither, links sitzt Peter Rosegger. Die Aufnahme wirkt wie ein Hinweis darauf, dass sich der Freundeskreis wöchentlich gerne mit Künstlern und Grazer Persönlichkeiten in Anton Kleinoschegs Altdeutscher Weinstube „Im Krug zum grünen Kranz“ in der Herrengasse 13 getroffen hat – von 1881 bis 1914.
Es war ein Netzwerk einflussreicher Herren, die als Förderer und Bewunderer der Künstler auftraten. Dazu gesellten sich Wissenschaftler, Journalisten und Freunde wie Hans von Reininghaus, Rudolf Hans Bartsch und der Musikschriftsteller und Jurist Friedrich von Hausegger. Alle kulturkonservativ, deutschnational und überwiegend antisemitisch – also ganz im Zeitgeist der Epoche. Hier schärfte sich Roseggers Weltbild, hier schwenkte der naiv-ländliche Poet endgültig ins nationale Lager ein und wurde immer radikaler in seinen Ansichten.
Jetzt aber zu Kronprinz Otto: Am 30. Dezember 1916 wohnte der älteste Sohn von Kaiser Karl I. von Österreich und Kaiserin Zita in der Budapester Matthiaskirche der Krönung seiner Eltern zum Apostolischen König und zur Apostolischen Königin von Ungarn bei. Der Vierjährige ist auf dem Krönungsfoto des „k.u.k. Hof-Photographen“ Heinrich Schuhmann jun. als königlicher Prinz von Ungarn in ungarischer Magnatentracht zu sehen, sein Mantel aus Goldbrokat ist mit Hermelinpelz verbrämt. Brillanten und eine weiße Reiherfeder schmückten seine Hermelinhaube (Kalpak) – und zwei Jahre später kam das Ende der Monarchie.
Robert Engele