Mehrere Männer und Frauen mit nigerianischen Wurzeln sind im Oktober des Vorjahres in Graz mit ihrem Ring für Sozialleistungsbetrug und falschen Sprach-Prüfungen aufgeflogen. Sie hatten sich bei Prüfungen mit gefälschten Reisepässen als Dritte ausgegeben und so gegen Entgelt für diese Zertifikate erhalten. Damit wiederum erwarben die "Kunden" Sozialleistungen und sogar Staatsbürgerschaften.

Am Freitag mussten sich vier führende Köpfe der Bande am Grazer Straflandesgericht verantworten. Der erste bezeichnete sich selbst als "Headmaster". Zu ihm gesellten sich auf der Anklagebank seine Gattin (sie soll Prüfungen für andere abgelegt haben), ein 60-Jähriger als Beitragstäter und ein Kurier. Letzterer soll gefälschte Pässe aus Nigeria nach Österreich gebracht haben.

Vor Richter Andreas Lenz waren die drei Erstangeklagten umfassend geständig, nur der Kurier gab nichts zu. Staatsanwalt Philipp Konwalin hat die Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden und gewerbsmäßig schweren Betrug angeklagt. Es setzte vier Schuldsprüche: Der Kopf der Bande fasste zwölf Monate aus (3 davon bedingt). Die restlichen teilbedingten Straßen liegen zwischen 7 und 18 Monaten.

Rückblick

Die Operation "Sudoku" - eine Zusammensetzung aus den Worten Soko für Sonderkommission und Dokumente - ging im vergangenen Herbst an fünf Grazer Standorten zeitgleich über die Bühne. Beamte verschiedener Einheiten - darunter auch Diensthundeführer und IT-Spezialisten - durchsuchten fünf Wohnungen und stellten zahlreiche Dokumente sicher. Diese müssen nun in den kommenden Monaten ausgewertet werden, schilderte Einsatzleiter Chefinspektor Thomas Huber bei der Pressekonferenz in Graz, wenige Stunden nach den Festnahmen. Er sprach von einem "würdigen Abschluss" der polizeilichen Ermittlungen, die rund ein Jahr lang gedauert hatten.

Seit Oktober 2019 hatte man Hinweise auf einen groß angelegten Sozialleistungsbetrug unter nigerianischen Staatsbürgern in Graz. Im Dezember erhärtete sich der Verdacht, denn eine Mitarbeiterin des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF), wo Prüfungen abgelegt werden, meldete ihre Beobachtungen. Ihr war aufgefallen, dass immer derselbe Prüfling, nur mit anderen Dokumenten, angetreten war.

Daraufhin wurden alle 523 Prüfungen von nigerianischen Staatsbürgern in Österreich, die von 2017 bis Februar 2020 bei entsprechenden Instituten abgelegt wurden, kontrolliert. Dabei stellte sich heraus, dass sich Prüflinge in 184 Fällen mit gefälschten Dokumenten ausgewiesen haben. 61 davon konnten den vier festgenommenen Verdächtigen sowie drei Komplizen zugeordnet werden. Die mutmaßlichen Täter wiesen sich bei den Prüfungen mit gefälschten Reisepässen aus, bei denen in Nigeria ein anderes Foto - jenes des Täters - eingesetzt wurde. Die manipulierten Dokumente wurden dann per Kurier und Flugzeug nach Österreich gebracht und bei den Stellen vorgezeigt.