Zu einem dramatischen Vorfall kam es Donnerstag am frühen Nachmittag, im Rahmen der Suche nach Friedrich F.: Ein obersteirischer Beamter, der mit der Hundestaffel unterwegs war und nochmals jenen Schuppen genauer untersuchte, in dem sich Friedrich F. am Sonntag verschanzt hatte und auf der Lauer gelegen hatte, brach dabei durch eine verdeckte Heuluke und stürzte ab. Dabei verletzte sich der Mann sehr schwer. Der Rettungshubschrauber C 12 musste den Beamten bergen und nach Graz fliegen.

Heute, am Allerseelentag, ging ja die Suche nach Friedrich F. unvermindert weiter - das Großaufgebot an Polizei gehört mittlerweile zum Ortsbild. In der Früh kreiste bereits ein Hubschrauber über dem Ort. Es würden Hinweise aus der Bevölkerung abgearbeitet und Objekte durchsucht. Auch die Bevölkerung wurde über den aktuellen Stand der Ermittlungen aufgeklärt.

Am Vormittag gab es deshalb in Stiwoll im westlichen Teil des Bezirks Graz-Umgebung auch eine Veranstaltung des Kriseninterventionsteams (KIT), um die örtliche Bevölkerung zu unterstützen. Die meisten Einwohner waren in den vergangenen Tagen zuhause geblieben. Dass sich der Gesuchte das Leben genommen hat, glaubt in Stiwoll kaum jemand. „Der gibt nicht auf, der hat noch einige Rechnungen offen“, sind viele Ortsbewohner überzeugt.

Um 13 Uhr sprach der Kommandant des Einsatzkommandos Cobra, Generalmajor Bernhard Treibenreif, zu Medienvertretern und erklärte die weitere Vorgehensweise: "Die Fahndung wird noch länger aufrecht erhalten." Wenn alle Punkte abgesucht sind, an denen sich F. befinden könnte, wird man sich allerdings auf die Ermittlungsfahndung konzentrieren. Profiler und Zielfahnder vom BKA unterstützen bereits die Ermittler.

Aufregung gibt es derzeit auch weiterhin in Niederösterreich: Angeblich soll der 66-Jährige in Tulln aufgehalten haben, ein Kunde einer Tankstelle will ihn erkannt haben, wie die Bezirksblätter berichteten. Der Pressesprecher der Landespolizeidirektion Niederösterreich, Johann Baumschlager, erklärte, dass es mehrfach Hinweise aus der Bevölkerung gegeben habe, denen man auch nachgehe.

Reaktionen

Auf dem Facebook-Account der steirischen Polizei waren auch zahlreiche Reaktionen aus der Bevölkerung zu der Suche abrufbar. Die positiven Stimmen wie etwa "Dank an unsere Polizisten" und der Wunsch, dass "alle gesund nach Hause kommen sollen und er gefunden" wird, überwogen bei weitem. Allerdings gab es auch Einträge, die die Einsatzkräfte kritisierten wie etwa "Ihr findet mit Hundertschaften einen 66-Jährigen Typen nicht?".

Video: Hubschrauber am Donnerstag über Stiwoll

Auch am vierten Tag der Suche nach dem mutmaßlichen Doppelmörder von Stiwoll gab es gestern keine neuen Spuren zum gesuchten Friedrich F. Der Alllerheiligenfeiern in dem kleinen Ort fanden unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen in der Kirche statt. Vor dem Gotteshaus hatten sich schon am frühen Morgen uniformierte Polizisten postiert, auch im Gebäude wohnten Beamte in zivil der Messe bei. Dazu befanden sich Mitarbeiter des Kriseninterventionsteams immer in der Nähe von Angehörigen.

Altes Silberbergwerk

In der Nacht auf Mittwoch waren Spezialkräfte der Cobra damit beschäftigt, die Stollensysteme in der Nähe des Tatortes zu durchsuchen In Stiwoll befinden sich noch die Reste eines alten Silberbergwerks.

"Das Stollensystem wurde von Kräften des Einsatzkommandos Cobra unter widrigsten Bedingungen untersucht." Die Stollen seien sehr alt, vielerorts dringe Wasser ein, teilweise bestehe Einsturzgefahr. Gefunden wurde der Verdächtige aber nicht. Generell sei das hügelige, bewaldete Gebiet um Stiwoll sehr anspruchsvoll für die Suche, sagt Polizeisprecher Jürgen Haas. "Wir haben noch genug zu durchsuchen."

Zum Schutz von möglicherweise gefährdeten Personen hält sich die Polizei weiter an ihre Gefährdetenliste. "Darauf stehen zum Beispiel Staatsanwaltschaften und Bezirkshauptmannschaften, mit denen der Verdächtige immer wieder Probleme hatte." Auch einzelne Personen, die mit dem 66-Jährigen zu tun hatten, werden vermehrt durch Streifen überwacht.

Unterstützung durch WEGA

In den Morgenstunden wurde die Suche in der gleichen Mannstärke wie am Vortag (rund 300) wieder aufgenommen. Inzwischen sind jedoch neue Kräfte aus mehreren Bundesländern in Stiwoll im Einsatz um die Polizisten abzulösen. Auch Beamte der Wiener Sondereinheit WEGA und der Einsatzeinheiten Oberösterreich sowie Niederösterreich unterstützen am Feiertag ihre steirischen Kollegen. Die Suche ging diesmal vom Anwesen des mutmaßlichen Todesschützen aus.

WEGA-Beamte sammeln sich
WEGA-Beamte sammeln sich © Hans Breitegger

Mehrere Personen überprüft

Am Dienstagnachmittag hatte sich die Aufmerksamkeit vorübergehend von der Steiermark nach Niederösterreich verlagert. Nahe Amstetten soll der Verdächtige von mehreren Passanten gesehen worden sein. Gesucht wurde im Großraum um Kematen und St. Valentin sowie im Bereich der Donaubrücke Richtung Mauthausen (OÖ). Gefunden wurde der Verdächtige jedoch auch dort nicht. Später wurde die Alarmfahndung auf die zweithöchste Stufe heruntergefahren - "intensive Streifungen" wurden aber fortgesetzt. In der Nacht auf Mittwoch seien mehrere Personen überprüft worden. Mehr könne jedoch aus einsatztaktischen Gründen nicht gesagt werden, erklärte Polizeisprecher Johann Baumschlager.

Der 66-jährige Steirer soll am Sonntag mit einem Langwaffe auf seine Nachbarn geschossen haben. Ein 64-jähriger Mann und eine 55 Jahre alte Frau starben, eine 68-Jährige wollte fliehen, wurde am Arm getroffen und schwer verletzt. Einem vorläufigen Obduktionsergebnis zufolge wurde der Mann zweimal, die 55-jährige Nachbarin gleich drei Mal getroffen. Bei der schwer verletzten 68-Jährigen wurde ein Einschuss festgestellt. Bei der Waffe des Verdächtigen handelte es sich - entgegen ersten Meldungen - nicht um ein Gewehr seiner Ehefrau, sondern um eine illegale Waffe. Sie war nicht registriert. Die registrierten Waffen der Frau wurden von der Polizei sichergestellt.

Das Motiv für die Schüsse aus dem Hinterhalt soll ein langer Streit um ein Grundstück gewesen sein. Der Verdächtige ist bei den Behörden kein Unbekannter: Gegen ihn wurde schon wegen übler Nachrede, versuchter Nötigung und gefährlicher Drohung ermittelt, die Verfahren wurden aber eingestellt, da er in Gutachten als nicht zurechnungsfähig eingestuft worden war. Gegen ihn wurde auch im Vorjahr ermittelt, nachdem er mit seinem Bus mit einem Plakat mit der Aufschrift "Heil Hitler" durch Graz und andere Gebiete gefahren war. Da ihm aber der Vorsatz der NS-Wiederbetätigung nicht nachgewiesen werden konnte, kam er auch da straffrei davon. Vom Gutachter wurde er außerdem als nicht gefährlich eingestuft, weshalb er nicht in einer Anstalt untergebracht werden konnte.