Wenn Astronauten den Weltraum erobern, dann sind auch immer blinde Passagiere mit an Bord: Mikroben. Die Kenntnis der mikrobiellen Artenvielfalt und ihrer Veränderung ist wichtig, damit Raumfahrer in Zukunft beispielsweise eine Mission zum Mars gesundheitlich schadlos überstehen. Grazer Forscher haben gemeinsam mit internationalen Kollegen die Daten einer 520-tägigen Mars-Simulation ausgewertet.

In einem Raumfahrzeug, oder auch einer Raumstation wie der Internationalen Raumstation ISS, bleibt die Mehrzahl der Mitbewohner für das menschliche Auge unsichtbar: "Unser Körper beherbergt mehrere tausend Arten von Mikroben, die sein spezielles Mikrobiom bilden", sagte die an der Med-Uni Graz lehrende Mikrobiologin Christine Moissl-Eichinger im Gespräch mit der APA. Die natürliche mikrobielle Besiedelung des menschlichen Körpers - und zugleich seiner belebten und unbelebten Umgebung - stellt die bemannte Raumfahrt vor einige Herausforderungen. Die Kleinstlebewesen sind wichtig für die Aufrechterhaltung der Gesundheit der Astronauten, ein Ungleichgewicht könnte aber auch zu einer Gesundheitsbedrohung werden, wie die Professorin für interaktive Mikrobiomforschung schilderte.

Rund 500 Tage wäre eine Crew in einer Raumkapsel zum Mars hin und zurück unterwegs - eine lange Zeit, in der die Gesundheit der Astronauten besonders herausgefordert ist. "Für uns war interessiert, wie sich die Bedingungen im isolierten System auf die Artenvielfalt und deren Zusammensetzung auswirken", wie die Wissenschafterin schilderte. Denn nicht nur für den Menschen, sondern auch für die mitreisenden Bakterien, Viren und Pilze stelle die Reise eine ungewöhnliche Belastung dar.

Im Rahmen eines Isolations-Experimentes hat das Moskauer "Mars-500"-Projekt bis zum Jahr 2011 ganze 520 Tage lang die Auswirkungen einer derart extremen Reise auf sechs männliche Testpersonen untersucht. Auch 360 mikrobielle Proben aus der Luft und den Oberflächen des von den Probanden bewohnten Kapselinneren wurden entnommen, die u.a. vom Grazer Institut für Interaktive Mikrobiomforschung und dem Institut für Umweltbiotechnologie an der TU Graz analysiert wurden.

"Bisher war nur sehr wenig über die Auswirkung einer derart langen Weltraummission auf das mikrobielle Leben an Bord von Raumfahrzeugen bekannt", hob Moissl-Eichinger die Bedeutung der nun vorliegenden Ergebnisse hervor. Die Analysen der Proben unter der Leitung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt durch ein Team aus deutschen, britischen und Grazer Wissenschaftern wurden jüngst abgeschlossen und im Fachmagazin "Microbiome" publiziert.

"Wir haben mithilfe des Next-Generation-Sequencing eine detaillierte Dynamik der mikrobiellen Diversität erhalten", schilderte Moissl-Eichinger. Dabei habe sich gezeigt, dass unter den Bedingungen des Experiments - u.a. hatten die Testpersonen Präbiotika und Probiotika eingenommen - das ausgewogene Mikrobiom gut gehalten werden konnte. "Als Gesamtergebnis unserer Untersuchung kann festgehalten werden, dass sich das mikrobielle Leben im Raumfahrzeug stets im akzeptablen Rahmen bewegte und zu keiner Zeit eine Gesundheitsgefahr für die Marsonauten bestand", fasste Moissl-Eichinger zusammen. Es habe sich aber auch gezeigt, dass sich die Vielfalt mit fortschreitender Dauer verringert hat.

Im realen Szenario könnte die kontinuierliche Abnahme der mikrobiellen Diversität problematisch werden. Um eine Ausbreitung von hochresistenten oder potenziell pathogenen Mikroorganismen zu vermeiden, sei daher die Überwachung der Dynamik wichtig.

(APA)