Der idyllisch gelegene Packer Stausee, schon 1974 ein beliebtes Ausflugsziel: Auch Erich Sch. (28) und seine Frau Inge (27) aus Graz zog es in die Gegend. Ihre "Flitterwochen" wollten sie dort drei Tage verbringen. Romantische Tage sollten es werden, hielt Inge in ihren Aufzeichnungen fest. Doch sie kam nicht mehr lebend zurück. 36 Stunden nach der Hochzeit ertrank sie im See.
Nur ein Verkehrsunfall?
Alle Fakten sprechen dafür, dass Erich Sch. den Tod seiner Gattin, mit der er zwei außereheliche Kinder hatte, eiskalt plante. Dabei deutete zunächst alles auf einen tragischen Verkehrsunfall hin: Am 7. September 1974 kam Erich Sch. mit dem Leihwagen auf der Fahrt Richtung Modriach von der Straße ab, durchstieß einen Zaun und landete im Packer Stausee. Der Lenker konnte sich ans Ufer retten, seine Frau ertrank im Auto.
Trotz widersprüchlicher Aussagen zum Unfallhergang war zunächst kein Hinweis auf ein Verbrechen zu erkennen. Die Leiche wurde zur Beerdigung freigegeben.
Anonymer Hinweis führte zu Mord-Ermittlungen
Doch dann erhielt die Kleine Zeitung einen anonymen Brief mit dem Hinweis, dass Inge Sch. vorsätzlich getötet worden sei. Das Gericht ordnete eine Exhumierung und Obduktion an. Dabei konnte der Gerichtsmediziner jedoch keine Verletzungen durch äußere Gewalt feststellen. Die Grazerin war ertrunken. Trotzdem begann die Mordgruppe der Gendarmerie-Kriminalabteilung zu ermitteln.
Dreiecksbeziehung
Hoch verschuldet
Der Grazer lebte weiterhin mit zwei Frauen, beide brachten noch ein Kind zur Welt. Schließlich erfuhr auch die Ehefrau vom Doppelleben ihres Mannes. Im Juni 1974 kam es zur Scheidung. Drei Monate später, am 6. September 1974, heiratete Erich seine Geliebte. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits mit 40.000 Schilling Alimente-Zahlungen für seine beiden außerehelichen Kinder im Rückstand. Dazu kamen weitere Schulden.
Als die Trauung stattfand, stand für die Fahrt zum Packer Stausee bereits ein Leihwagen bereit.
Tatort genau gekannt
Mit diesem Wagen war Erich Sch. bereits einen Tag vor der Hochzeit zum Packer Stausee gefahren. Seine zwei ehelichen Kinder und seine Ex-Frau hatten ihn begleitet. Das wurde aber erst im Rahmen der Mordermittlungen bekannt. Weiters stellte sich heraus, dass er mit seinem Zwillingsbruder die Strecke schon 14 Tage vorher mehrmals abgefahren war. Er habe Ortskenntnisse gehabt und genau gewusst, wo sich eine günstige Stelle befindet, um das Verbrechen auszuführen, geht aus den Akten hervor. Insgesamt war er vor dem vermeintlichen Unfall 16 Mal am Tatort vorbeigefahren.
Ein weiteres belastendes Indiz sprach gegen ihn: Erich Sch. hatte den Leihwagen bis zum 8. September 1974 gemietet, die Insassenversicherung für seine Frau aber nur bis zum 7. September abgeschlossen. Inge Sch. starb eineinhalb Stunden vor Ablauf der Frist. Bereits zwei Tage nach dem Unfall wollte der Grazer das Geld (200.000 Schilling) kassieren.
Widersprüchliche Aussagen
Schließlich belasteten ihn auch seine widersprüchlichen Aussagen zum "Unfallhergang". Seine erste Aussage: Ein Pkw, der mit Standlicht unterwegs gewesen sei, habe ihn abgedrängt. Dann gestand er ein, zu schnell unterwegs gewesen zu sein. Beide Versionen stimmten aber mit dem Spurenbild am Tatort nicht überein. Ein Sachverständiger schloss einen Unfall sogar aus.
Trotzdem blieb der Verdächtige bei der Unfallversion: "Ich bin schuldig – aber nicht am Tod meiner Frau", meinte er bei der Einvernahme. Mehrere Anrufe seiner Ex-Frau bei der Quartiergeberin in Modriach erhärteten den Verdacht, dass auch sie in die Tat eingeweiht war, hielten die Kriminalisten damals fest. Erich Sch. wurde am 12. Oktober 1974 um 16 Uhr ins Gefangenenhaus des Grazer Straflandesgerichtes eingeliefert. Um 19 Uhr war er tot. Er hatte sich in seiner Zelle erhängt. Die Ermittlungen wurden aufgrund dieses Selbstmordes nicht mehr weitergeführt. Auch gegen seine geschiedene Frau wurde nicht mehr weiterermittelt.