"Männer sind einsame Streiter, müssen durch jede Wand, müssen immer weiter." Vor fast 40 Jahren sang Herbert Grönemeyer in seinem Song "Männer" schon darüber, dass Männer "außen hart und innen ganz weich" sein müssen, obwohl sie selbst auch in Krisen stecken. Nicht so lange zurück, aber seit nun schon zehn Jahren können Männer am Telefon "weich" sein und vertraulich über ihre Probleme reden. Die Krisenhotline Männernotruf wurde damals ins Leben gerufen und feierte jetzt im Steiermarkhof dieses Jubiläum.

Skeptischer Beginn

Vor zehn Jahren startete der ehemalige Politiker und Polizeibeamte Eduard Hamedl den Männernotruf in Graz. Aus der Überzeugung, dass es für Männer in Krisensituationen eine anonyme Anlaufstelle braucht. "Als Polizeiverhandler habe ich früher gesehen, dass Männer, die sich unter anderem das Leben nehmen wollten, einfach nur jemanden zum Reden gebraucht hätten", sagt Hamedl im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Man wollte von Beginn an ein "vertraulicher Gesprächspartner" für Männer in Krisensituationen sein. Gewaltsituationen sollen dadurch vermieden werden.

Eduard Hamedl, Initiator und Obmann des Männernotrufs
Eduard Hamedl, Initiator und Obmann des Männernotrufs © Lukas Lorber

Zu Beginn war es jedoch nicht klar, wie das Angebot angenommen wird. Sogar Hamedl selbst hegte Zweifel. "Ich war zu Beginn sehr skeptisch, ob der Männernotruf funktionieren wird", sagt er. Bis zu 3500 getätigte Anrufe pro Jahr und insgesamt 17 verhinderte Suizide zeugen davon, dass zahlreiche Männer auf das Angebot zurückgreifen. Wobei Hamedl explizit erwähnt, dass die "meisten Männer keine Gewalttäter sind". Wenn jedoch Gewalt auftritt, geht sie zum größten Teil von Männern aus. Insgesamt sind 38 Ehrenamtliche rund um die Uhr für die Anrufer erreichbar. Insgesamt gingen im zehnjährigen Bestehen 21.000 Anrufe bei der Hotline ein.

Alle Ehrenamtlichen des Männernotrufs
Alle Ehrenamtlichen des Männernotrufs © (c) Peter Manninger

Beziehungsprobleme als häufigste Anrufursache

Die Probleme der anrufenden Männer sind vielfältig, aber mehrheitlich haben sie einen gemeinsamen Ursprung: 65 Prozent der Anrufe, die beim Männernotruf eingehen, handeln von Beziehung, Obsorge oder Gewalt. "Viele Männer kommen mit dem Fakt nicht zurecht, dass Frauen sich von ihnen trennen", sagt Hamedl. Männer unterdrücken ihre Gefühle oftmals, bauen Frust auf und "kochen dann über", so Hamedl.

Oftmals sind es auch einfache Kränkungen, die zu einem großen Unfall führen können, sagt Gerichtspsychiater Reinhard Haller bei der Jubiläumsfeier. Wenn Männer gekränkt sind, können sie oftmals nicht dazustehen. "Sie fühlen sich ohnmächtig und folglich entsteht Hass, der sich entlädt", so Haller.

Gerichtspsychiater Reinhard Haller
Gerichtspsychiater Reinhard Haller © (c) IMAGO/Rudolf Gigler (IMAGO/(c) Rudi Gigler)

Ob das Bild des großen, starken Mannes durch den Männernotruf aufgebrochen wird? "Wir sind eine niederschwellige Anlaufstelle. Ich glaube aber schon, dass sich das Denken in der Gesellschaft verändert", sagt Hamedl. Er findet es wichtig, dass schon im Kindesalter der Fokus auf Konfliktlösung gelegt werden soll. Außerdem hat man den Informationsfolder in verschiedene Sprachen übersetzt, um auch Männer zu erreichen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Für die Zukunft wünscht sich Hamedl, dass man einen "Schritt in die Semiprofessionalität" tätigen kann, um die bis dato ehrenamtlichen Helfer zu einem gewissen Grad anstellen kann.