Österreichs Seeufer haben über die Jahrzehnte eine bemerkenswerte Wandlung durchgemacht: von sauren Wiesen, die für die Landwirtschaft fast wertlos waren, zu Luxusbauland mit Preisen bis zu 10.000 Euro pro Quadratmeter. So teuer diese Grundstücke sind, die Seefläche davor gehört laut Wasserrechtsgesetz uns allen – kostenlos.
Was aber kaum jemand weiß: Auch die Uferbereiche, die trocken liegen, wenn im Sommer der Wasserstand sinkt, gehören laut diesem Gesetz aus dem Jahr 1959 der Allgemeinheit. Schwimmerinnen und Wassersportler können sich fast nach Belieben auf ihnen ausbreiten. Und das wohl selbst vor privaten Luxusimmobilien. Das hat das ORF-Wirtschaftsmagazin "Eco" (Ausstrahlung Donnerstag um 22.30 Uhr, ORF 2) recherchiert.
Vor allem in Kärnten ist der "freie Seezugang" ein ständig wiederkehrendes Polit-Thema, in den letzten sieben Jahren wurden dort 25 neue kostenlos zugängliche Bereiche geschaffen. Am "Steirischen Meer", wie der Grundlsee als größtes Gewässer des Bundeslandes auch genannt wird, stellen die Bundesforste der Öffentlichkeit sechs Naturbadeplätze zur Verfügung, jeweils einen auch am Altausseer- und am Ödensee.
Abgesehen von diesen Freiflächen sieht man oft Schilder wie "Betreten verboten", "Privatgrund" oder "Baden verboten". Dies ist so allerdings nicht ganz rechtens. Denn im Uferbereich öffentlicher Gewässer gilt der "große Gemeingebrauch", eine aus dem 19. Jahrhundert stammende Regel, das Landwirten unter anderem das Tränken ihrer Tiere ermöglichte.
Grauzone Uferzone
Nur wo hört die Seefläche auf und wo fängt der Privatgrund an? Laut Wasserrechtsgesetz ist der regelmäßig wiederkehrende, ordentliche Wasserstand ausschlaggebend. Für Flächen, die im Sommer bei Niedrigwasser frei werden, gilt der Gemeingebrauch.
Nun erreicht man diese Uferbereiche trockenen Fußes nur, indem man tatsächlich einen Privatgrund betritt – wie sieht es aber auf dem Wasserweg aus, etwa mit einem Stand-up-Paddle (SUP)? "Rechtlich würde ich dem informierten Stand-up-Paddler gute Chancen einräumen, wenn er am richtigen Ufer an Land geht und dort eine Nutzungshandlung setzt, die vom Gemeingebrauch gedeckt ist", erklärt Rechtsanwalt Wolfram Proksch. "Also wenn man dort ein Badehandtuch ausbreitet und sich sonnt, ist das sicherlich davon gedeckt."
Auch Gernot Strasser, Leiter der Abteilung Immobilien-Tourismus-Wasser der Bundesforste, die von Seegrundeignern eine Pacht einfordern, bestätigt: "Der Uferbereich, der regelmäßig von Wasser überspült wird, kann im Rahmen des Gemeingebrauchs betreten werden. Man erkennt ihn daran, dass es dort fast keine oder keine Vegetation gibt." Die Pächter wissen auch, so Strasser, dass das Ufer in dieser Zone betreten werden darf.