Ein 34-Jähriger musste sich am Montag im Landesgericht Leoben wegen des Verdachts des Mordes an seiner Ex-Frau verantworten. Er soll sie im Jänner im Keller ihres Wohnhauses in Mürzzuschlag mit einem Steakmesser erstochen haben. Der Mann gestand die Messerstiche, sein Verteidiger Bernhard Lehofer sprach aber von einer "allgemein begreiflichen heftigen Gemütsregung". Es sei kein geplanter Mord gewesen. Das Urteil (nicht rechtskräftig): Sieben Jahre Haft wegen Totschlags.

Die 34-jährige Frau war im Jänner mit zahlreichen Stich- und Schnittverletzungen im Kopf- und Halsbereich im Keller jenes Mehrparteienhauses gefunden worden, in dem sie zusammen mit ihrem Ex-Mann gelebt hatte. Er wurde kurz darauf verhaftet. Der heute 34-Jährige lebte mit ihr trotz Scheidung noch zusammen, da sie sich nur aus finanziellen Gründen formal getrennt hatten, gab er vor Gericht an.

Tat von "unfassbarer Brutalität gekennzeichnet"

Staatsanwältin Anika Maierhofer sprach zu Beginn des Prozesses von einer Tat, die von "unfassbarer Brutalität gekennzeichnet" gewesen sei. Die beiden hatten 2015 geheiratet, sich aber 2020 scheiden lassen, da die 34-Jährige dadurch mehr finanzielle Unterstützung für sich und ihre minderjährige Tochter vom Staat erhielt. "Am Papier" lebte der damals noch 33-Jährige bei seinen Schwiegereltern. Tatsächlich wohnte er aber trotz der Scheidung immer mit seiner Ex-Frau zusammen und auch eine neuerliche Heirat sei geplant gewesen.

Das änderte sich aber, als die 34-Jährige in einer Asylunterkunft zu arbeiten begann und dort eine vierköpfige, afghanische Flüchtlingsfamilie kennenlernte. Als diese abgeschoben werden sollte, gewährte sie ihnen ab November 2022 in der gemeinsamen 70 Quadratmeter großen Wohnung in Mürzzuschlag Unterschlupf. Für die Miete kam der Angeklagte auf. Nach wenigen Wochen habe sich seine Ex-Frau aber in die Afghanin verliebt, schilderte die Staatsanwältin. Die beiden Frauen waren ab Anfang Jänner ein Paar.

Angeklagter konnte Beziehungsende nicht akzeptieren

"Er konnte das Beziehungsende nicht akzeptieren", meinte die Anklägerin weiter. Daher habe er seine Ex-Frau am 24. Jänner in den Keller gelockt, um sie zur Rede zu stellen. Er soll aber, so die Anklage, ein Steakmesser mit einer zwölf Zentimeter langen Klinge sowie Papierrollen mit in den Keller genommen haben. Als sie ihm noch einmal sagte, dass es mit ihm vorbei sei, "überkam ihn große Wut". Er "begann mit voller Wucht zuzustechen", schilderte Maierhofer. Sogar die Klinge brach dabei ab. Die Frau verblutete, noch ehe ihre 13-jährige Tochter die Mutter im Keller fand.

Ermittler am Tatort
Ermittler am Tatort © APA/ALEXANDER STEININGER

Verteidiger Bernhard Lehofer meinte, dass es nicht darum gehe, ob er die Tat begangen habe, "das steht außer Frage". Der Anwalt war überzeugt, dass sein Mandant in einer "allgemein begreiflichen heftigen Gemütsregung" zugestochen habe. Er sei nämlich ein "untypischer Täter": "Er hatte keinen Plan gefasst." Das Messer sei schon im Keller gewesen. Hinuntergegangen sei er mit seiner Ex-Frau, weil er mit ihr besprechen wollte, was von den gemeinsamen Flohmarkteinkäufen wiederverkauft werden soll. Dabei sei es dann zum Gespräch über die gemeinsame Zukunft gekommen.

"Ja, es war mit unfassbarer Brutalität, aber ein klassischer Affektsturm", so Lehofer. Wenn es geplant gewesen wäre, hätte er nicht Dutzende Male zugestochen, während die anderen oben in der Wohnung waren, "das ist dumm". Die Tat sei unvertuschbar gewesen.

Ex-Frau sei seine "große Liebe gewesen"

Richter Robert Schwarzl fragte den Beschuldigten, wieso er es zuließ, dass eine vierköpfige Familie in die gemeinsame Wohnung einzieht: "Ich hatte schon Bedenken, ob das gut geht, aber ich gab aus Liebe nach", sagte er. Er habe alles für seine Ex-Frau getan, sie sei seine "große Liebe gewesen". Als dann die Afghanin auch noch im Schlafzimmer bei der 34-Jährigen schlief, weil sie Angst vor dem gemeinsamen Hund hatte, und er dafür auf der Wohnzimmercouch mit dem Mann der Afghanin zu liegen hatte, fragte der Richter: "Warum sagen Sie da nicht, dass die zu gehen haben, oder dass sie selbst gehen?" - "Ich hatte offenbar eine rosarote Brille auf", antwortete der gebürtige Wiener.

Gegen Neujahr machte seine Frau mit ihm Schluss und sagte, dass sie sich in die Afghanin verliebt habe, schilderte er. "Spätestens jetzt gehe ich doch, oder?", fragte ihn der Richter. "Ich war traurig und enttäuscht, dachte aber, dass sei nur kurzfristig und sie kommt wieder zu mir zurück."

Angeklagter beschreibt Zeit nach der Tat

Als es dann am 24. Jänner im Keller zur Aussprache kam, habe sie ihm noch einmal gesagt, dass es vorbei sei. "Sie meinte, ich hätte genug Chancen gehabt. Sie warte nur noch auf die Papiere und dann sei sie mit der afghanischen Familie weg", beschrieb der 34-Jährige. "Meine rosarote Brille fiel herunter. Ich habe an nichts mehr gedacht", schilderte er. "Ich sah, wie mein Leben vor meinen Augen zerbrach, und bemerkte das Messer. Ich sah Rot und stach zu."

Nach den Messerstichen habe er das Handy seiner Ex genommen, ging hinauf in die Wohnung und sagte den anderen, er gehe mit dem Hund spazieren. Dann warf er das Handy in die Mürz, die abgebrochene Klinge und den Messergriff entsorgte er im Restmüll.

Die neue Geliebte seiner Ex-Frau wurde anschließend als erste Zeugin gehört. Sie gab an, dass er sich am Tag der Tat anders als sonst verhalten habe: "Er ging ein paar Mal runter und wieder rauf." Sie könne aber nicht sagen, ob er da im Keller war. Außerdem habe er zwei Rollen Toilettenpapier mitgenommen und ihr sei aufgefallen, dass er in der Küche war. Ob er von dort ein Messer mitgenommen hatte, wusste sie aber nicht mit Sicherheit.

Die Geschworenen waren der Ansicht, dass es kein Mord war. Sie erkannten einen Totschlag. Dafür wurde der 34-Jährige zu sieben Jahren Haft verurteilt. Er nahm das Urteil sofort an. Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.