Wie jedes Jahr wollte Ingrid Schuller ihren drei Enkeln ein Zeugnisgeld fürs fleißige Lernen schicken. Dieses Mal lief es jedoch anders – das Geld kam nie an. "Ich habe wie immer zwei Briefe mit einer Karte und pro Enkel ein Hunderter drin vorbereitet. Ein Brief sollte nach Aflenz in der Obersteiermark gehen, der andere nach Feldkirch in Vorarlberg", schildert die 84-Jährige. Also ging sie zum Postpartner in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnung. Im Shop, der primär auf Reparatur von Handys spezialisiert ist, wollte sie die Briefe wie immer wertgesichert verschicken, doch ihr wurde gesagt, dass dies nicht mehr ginge. Die einzige Option sei der eingeschriebene Brief. Also willigte sie ein.
Als sie eine Woche später noch nichts vom Erhalt der beiden Briefe gehört hat, wurde sie stutzig. Auf Anraten der Polizei hin wurde ein Nachforschungsauftrag gestartet. "Der eine Brief geht nach rechts und der andere nach links und beide kommen nicht an – das ist doch seltsam", findet Schuller. Als sie sich in den darauffolgenden Tagen besorgt beim Postpartner über Neuigkeiten ihrer eingeschriebenen – und daher mit höherer Sicherheit versehenen – Briefe informieren wollte, wurde der Ton zunehmend rauer. Man wisse nichts über den Fall, das dauere – nähere Angaben wurden offengelassen.
Schwerere Informationsbeschaffung ohne Internet
"Ich lebe ohne Computer und Internet, ich wusste nicht, an wen ich mich wenden kann", wurde Schuller unruhig. Sie suchte über einen Bekannten den Weg zur Kleinen Zeitung. Auf Nachfrage bei der Österreichischen Post erfuhren wir: "Wir bemühen uns um eine rasche Klärung, möchten aber einwenden, dass die akribische Nachforschung – in Form von Gesprächen mit beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf dem gesamten Transportweg – bis zu drei Monate dauern kann." Zudem wurde Frau Schuller durch die Recherche darüber informiert, dass ein eingeschriebener Brief bis zu 75 Euro wertversichert ist.
Darüber hinaus wäre ein "Versand mit Wertangabe" möglich. "Die Sendungen werden von der Post speziell beaufsichtigt transportiert und nur 'von Hand zu Hand' übergeben. Die Post haftet bis zum von den Absendern angegebenen Wert, der dem tatsächlichen Verkehrswert entsprechen muss", informiert Veronika Rebentisch von der Presseabteilung der Post. Daher sei ein Versand wertvoller Gegenstände natürlich möglich, allerdings mit der richtigen Versandoption.
Ware wurde nie gescannt
Ingrid Schuller sieht hier den Fehler bei den Postpartnern und auch bei der Post selbst: "Die Partner müssen geschult sein und sich auskennen, sie sind dann ja immerhin Vertreter der Österreichischen Post." Das sieht auch die Post ein: "So, wie es scheint, ist es zu einer Fehlinformation seitens unserer Mitarbeiter gekommen. Dafür möchten wir uns herzlich entschuldigen." Mittlerweile gibt es eine weitere Entwicklung: Üblicherweise wird die (eingeschriebene) Sendung bei jedem Zwischenstopp auf dem Transportweg gescannt. In diesem Fall wurde die Sendung im weiteren Verlauf jedoch nicht mehr gescannt und kann somit nicht weiterverfolgt werden. Wie viel Frau Schuller und ihre Enkel vom verschickten Geld wieder sehen werden, bleibt offen.