Seit den heftigen Niederschlägen von Freitag, bei denen innerhalb von zwölf Stunden der durchschnittliche Regen des ganzen Monats August gefallen ist, gehen in der Landeswarnzentrale pausenlos Meldungen ein. 2500 Feuerwehrkräfte waren auch am Samstag im Süden der Steiermark im Dauereinsatz. Bisher galt in 16 Gemeinden in den Bezirken Südoststeiermark, Leibnitz und Deutschlandsberg der Katastrophenfall. Am Sonntagnachmittag wurden die kompletten Bezirke Südoststeiermark und Leibnitz formell zum Katastrophengebiet erklärt.

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Der neue Lagebericht

Mittlerweile sind 320 Hangrutschungen eingetragen. Diese "bedrohen teils Wohnhäuser und Infrastruktur, u.a. musste die B66 im Bereich Klausen aufgrund eines Hangrutsches gesperrt werden".

Am Abend sollten die letzten Schauer an der Südgrenze des Landes abklingen, im Norden der Obersteiermark wird noch mit Regenmengen zwischen 10 und 20 mm gerechnet. 

Katastrophe festgestellt

Die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz hat wie zuvor die Südoststeiermark formell die Katastrophe für den gesamten Bezirk festgestellt. Das erleichtert die Arbeit (siehe weiter unten).

Die Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark stellte am Nachmittag formell die Katastrophe für den gesamten Bezirk fest. Das sei aufgrund der Vielzahl an Hangrutschungen notwendig geworden, um nicht die Katastrophe laufend für einzelne Gemeinden oder Ortsteile feststellen zu müssen. Aktuell sind in der Landeswarnzentrale für den Bezirk Südoststeiermark 237 Hangrutschungen erfasst - und es werden laufend weitere gemeldet.

  • Durch die Feststellung der Katastrophe ist die Bezirksverwaltungsbehörde in die Lage versetzt, bei konkreten Gefahrensituationen – etwa, wenn eine Hangrutschung Siedlungsgebiete oder Verkehrsverbindungen bedroht – Maßnahmen zur Abwehr der Gefahr anzuordnen.
  • Die Kosten für die Umsetzung dieser Maßnahmen trägt das Land Steiermark.
Überflutet: die Murecker Au
Überflutet: die Murecker Au © Ernst Walisch

Murenabgang im Lobmingtal 

Auch im Murtal kam es nach den Niederschlägen zu Vermurungen. In der Gemeinde St. Margarethen, Ortsteil Rachau ging eine Mure ab, zuvor  auch in der Meranstraße (Gemeinde Lobmingtal).

Murtal: Aufräumen nach Murenabgang
Murtal: Aufräumen nach Murenabgang © Zeiler/FF

Lebensgefahr am Mururfer

Mittels Verordnung wird in Mureck am Sonntag das Ufergebiet zur  Sperrzone erklärt: Es besteht Lebensgefahr. Zu Mittag lag die Durchflussgeschwindigkeit an der Messstelle bei 1200 Kubikmeter Wasser in der Sekunde. Der Wasserpegel stand bei etwa 5,90 Meter.

Wasserleitungen gebrochen 

Um 14 Uhr teilte das Land Steiermark die Lage mit. Demnach sind 280 Hangrutschungen eingetragen, zahlreiche Wasserleitungen gebrochen bzw. das Wasser aus 65 Brunnen ungenießbar. Verletzte sind weiterhin nicht zu beklagen. Kritisch: "Der Pegelstand der Mur hat im Bereich Mureck aktuell den zehnjährigen Hochwasserstand erreicht. Hingegen gingen die "Pegel im Oberlauf der Sulm derzeit stark zurück". 

Feuerwehren arbeiten am mobilen Hochwasserschutz im Grenzmur-Bereich. Außerdem ist in Straß in Steiermark (Lichendorf) durch aufgeschwemmte Heizöltanks Heizöl ausgetreten. Es besteht nun die Gefahr durch verunreinigte Wasserbrunnen. "Die Lage in der Steiermark ist nach wie vor extrem angespannt", so LH Christopher Drexler und Vize Anton Lang.

Graz: Murufer teils überflutet und gesperrt

Bei den aktuellen Unwettern ist Graz glimpflich davongekommen. Nachdem der Pegelstand der Mur aber bereits am Samstag die Warnstufe Gelb überschritten hat, mussten Spazier- und Radwege teils gesperrt werden. Zwischen Erzherzog-Johann-Brücke und Keplerbrücke stehen die Promenade und Bäume am Ufer unter Wasser, der Elise-Steinegger-Steg kann nicht benutzt werden. Ein Sonnenfenster nutzten viele Sonntagmittag, um sich bei einem Stadtspaziergang ein Bild von der Lage zu machen. Viele, die es nach den langen Regenstunden ins Freie zog, beobachteten die Wassermassen von der Murinsel aus, die nach wie vor zugänglich ist. Der Pegelstand der Mur betrug um 12.45 Uhr 485 Zentimeter und ist in Graz aktuell leicht rückläufig.

Einsatz mit Herz: Drei Eichhörnchenbabys gerettet

Eines der geretteten Tiere
Eines der geretteten Tiere © FF Fladnitz iR

Unzähligen Steirern, die um Haus und Hof fürchten, stehen die Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehren bei. Obwohl sie alle Hände voll zu tun haben, haben sich die Floriani in Fladnitz im Raabtal am Samstagnachmittag auch für einen tierischen Rettungseinsatz Zeit genommen. Bei der Bergung eines umgestürzten Baums, wurden drei verwaiste Eichhörnchenbabys entdeckt und in Sicherheit gebracht.

Hausbewohnerin rechtzeitig evakuiert

Drei Häuser sind nach dem Murenabgang von St. Johann im Saggautal vorerst nicht bewohnbar. Die Bewohner sind bei Verwandten oder Bekannten untergebracht. Hoffnungsschimmer: "Der Regen hat nachgelassen", schildert Walter Wallner, Kommandant der FF von St. Johann im Saggautal, die Lage zu Mittag. Das oberste Haus, das nun teils bedrohlich in die Leere ragt, wurde bereits Samstagabend geräumt. Die Bewohnerin konnte von Geologen und Feuerwehr überzeugt werden, dass es zu gefährlich sei, im Haus zu bleiben.

741 Einsätze

Laut Landesleitzentrale waren von Samstag auf Sonntag von den Feuerwehren 741 technische Einsätze zu stemmen, davon 380 Auspumparbeiten und 210 Unwettereinsätze. Laut Sprecher des Landesfeuerwehrverbandes, Thomas Meier, waren in der Nacht auf Sonntag noch rund 500 Feuerwehrleute im Einsatz. Diese Zahl stieg dann wieder aufgrund einlaufender Schadensmeldungen "auf über 1000 locker".

Regenrekord im Bezirk Deutschlandsberg

Enorme Regenmengen sind in den letzten Tagen in der südlichen Steiermark zusammengekommen. Der Rekordwert wurde dabei bei der Messstelle Hochgleinz im Bezirk Deutschlandsberg gemessen. "208 Liter pro Quadratmeter sind hier seit Donnerstagnachmittag zusammengekommen", weiß Meteorologe Friedrich Wölfelmaier von der GeoSphere. Er kennt auch die konkreten Regenmengen der Nacht von Samstag auf Sonntag. "In der ersten Nachthälfte kamen im Süden zehn bis 20 Liter herunter, nach Mitternacht dann nur noch null bis drei Liter", erklärt er. Die Regenfälle im Süden blieben damit in der vergangenen Nacht etwas unter den ursprünglichen Prognosen. Das erleichterte Aufräumarbeiten, wie auch in Mureck (Aufnahme des BFVRA/Franz Konrad).

Der Schwerpunkt der Niederschläge verlagerte sich Samstagabend auf den Norden des Landes. "Am meisten hat es im Salzkammergut geregnet. Am Samstag und am Sonntagvormittag kamen 80 Liter pro Quadratmeter zusammen."

Die Vorschau des Meteorologen: "Im Norden können bis Montagmittag noch einmal 30 bis 70 Liter dazukommen, aber am Süden klingen die Niederschläge ab", so Wölfelmaier. 

"Die Mur ist am Anschlag"

Die Regenfälle in der Nacht auf Sonntag hielten sich in Grenzen. Katastrophenschutz-Chef Harald Eitner kann am Sonntag dennoch keine Entwarnung geben. "Der Pegelstand bei der Sulm ist nach wie vor leicht steigend, die Mur ist zwischen Mureck und Bad Radkersburg am Anschlag", erklärt er. Der Fluss beginnt auszuufern, beim Campingplatz in Mureck ist das bereits geschehen. Vorsichtig optimistisch macht den Experten die Tatsache, dass der Hydrographische Dienst aktuell davon ausgeht, dass die Pegel im Lauf des Tages nicht weiter steigen werden.

"In Wagna schauen wir uns jetzt am Vormittag den Murdamm genau an, hinter dem sich ein Siedlungsgebiet befindet", so Eitner weiter. Der Radweg in dem Bereich wurde bereits gesperrt.

Eitner mit Lang und Drexler
Eitner mit Lang und Drexler © land stmk

Kritisch bleibt die Lage nach den heftigen Regenfällen seit Freitag, was die Hangrutschungen betrifft. "Es werden uns minütlich neue Hangrutschungen gemeldet", erklärt Eitner. Schwerpunkt ist dabei nach wie vor die Südsteiermark, aber auch aus der Obersteiermark ist das Erdreich nach den Regenfällen in Bewegung.

"Wasserfall"

Die schweren Regenfälle gingen auch am Hirzmann-Stausee nicht spurlos vorüber. SPÖ-Elisabeth Grossmann postete ein Video vom "Wasserfall" an der Hirzmannsperre (Edelschrott)

Bahnstrecken gesperrt

Hangrutschungen und Überflutungen führen aktuell nicht nur zu Straßensperren, sondern auch zu Behinderungen im Zugverkehr. Die Strecke zwischen Spielfeld und Bad Radkersburg ist gesperrt, es gibt auch keinen Schienenersatzverkehr. Auch zwischen Bischofshofen und Schladming musste wegen Unwetterschäden der Bahnverkehr eingestellt werden. Ein Ersatzverkehr mit Bussen kann dort angeboten werden.

Pegel der Mur angestiegen

In der Steiermark ist in den meisten von den Unwettern betroffenen Gebieten der Pegel der Flüsse und Bäche gesunken. Gestiegen ist allerdings der Wasserstand der Mur. Sowohl in Graz als auch in Mureck an der slowenischen Grenze wurden Sonntagfrüh höhere Pegel gemessen. In Mureck betrug der Wasserstand knapp unter sechs Meter, am Tag vor dem Einsetzen der heftigen Regenfälle, am Donnerstag, waren es etwas mehr als drei Meter gewesen. Der Durchfluss – und damit die Wassermenge, die in der Mur gemessen wird – liegt derzeit bei Mureck im Roten Bereich.

Das wird vor allem im Nachbarland Slowenien mit großer Sorge gesehen. Dort war nämlich am Samstag bereits ein Damm gebrochen, mehrere Orte mit hunderten Bewohnern mussten vorsorglich evakuiert werden.

Leicht gestiegen ist seit Mitternacht auch wieder der Pegel der Sulm bei Leibnitz. >> Übersicht über die aktuellen Pegelstände der steirischen Flüsse

Der Pegel der Mur bei Mureck ist von Samstag auf Sonntag weiter angestiegen
Der Pegel der Mur bei Mureck ist von Samstag auf Sonntag weiter angestiegen © Land Steiermark

St. Johann im Saggautal: Mure im Ortszentrum

Keine ruhige Nacht haben die Bewohner von St. Johann im Saggautal verbracht. Im Ortszentrum ist in den frühen Morgenstunden eine Mure abgegangen und hat an der Straße befindliche Häuser verschoben und zum Teil verschüttet. Ein Wirtschaftsgebäude wurde zerstört. 25 Anrainer wurden von der Feuerwehr geweckt und evakuiert. Es besteht die Gefahr, dass es in dem Bereich zu weiteren Hangrutschungen kommt.

Die Mure richtete große Zerstörung an
Die Mure richtete große Zerstörung an © RK Leibnitz

Verletzt wurde Gott sei Dank niemand. Für die psychologische Nachsorge der Betroffenen wurde auch das Kriseninterventionsteam alarmiert. Die Straßenverbindung zwischen St. Johann und Gündorf musste komplett gesperrt werden.

Unwetter: "Eine explosive Mischung"

In der Nacht auf Sonntag hat es im Süden der Steiermark weiter geregnet, der Schwerpunkt der Regenfälle hat sich allerdings mittlerweile auf den Norden des Landes verlagert.
Meteorologe Gerhard Hohenwarter führte die Ereignisse auf "eine explosive Mischung", samt "Pech" und Klimawandel zurück.