Superstar Robbie Williams in Schladming - wie bringt man so jemanden dazu, in die Steiermark zu kommen?
Klaus Leutgeb: Wir kennen uns schon seit seinem Konzert in der Wiener Krieau. 2013 und 2022 haben wir sein Konzert in München veranstaltet, bei dem er vor mehr als 100.000 Menschen gespielt hat. Es war sein erstes großes Konzert seit seiner Tour 2017 und gleichzeitig auch die größte Anzahl an Menschen, vor der er bislang aufgetreten ist. Robbie hat sich von der Art, wie wir die Produktion, also Show und Bühne, geplant haben, sehr angetan und beeindruckt gezeigt. Das war, denke ich, schlussendlich der Grund, warum wir ihn von Schladming überzeugen konnten. Wir haben die Show bereits 2020 begonnen zu planen, über diese Zeit baut man ein Vertrauensverhältnis auf.

Neben Robbie Williams haben Sie auch Konzerte für Helene Fischer und Andreas Gabalier in München veranstaltet, wie fühlt es sich an, solche großen Shows auf die Beine zu stellen?
Diese Konzerte waren bislang der Höhepunkt in meinem Leben, diese Dimensionen kann man niemandem erklären, insgesamt 350.000 Zuschauer, 130.000 allein bei Helene Fischer. Wir hatten zum Beispiel eine Bühne, die 170 Meter breit war. So etwas macht man auch nur ein einziges Mal, die drei Konzerte waren zeitlich kurz nacheinander, binnen drei Wochen. Nach dem letzten waren wir wirklich ein bisschen K.O., aber es hat dennoch sehr viel Spaß gemacht.

Was ist Ihnen lieber: Einzelne Shows oder eine ganze Tour zu planen?
Ich bin nicht der klassische Tour-Veranstalter, ich mag es, große One-Off-Shows zu planen, bei denen man sich auf den Künstler einlassen und sich inhaltlich auseinandersetzen und austoben kann. Bei einer Tour ist alles minutiös geplant, außerdem ist da ein großer, eingespielter Tross am Werk, der Künstlerinnen und Künstler über Monate begleitet.

Leutgeb und Robbie Williams kennen sich bereits seit 2013
Leutgeb und Robbie Williams kennen sich bereits seit 2013 © Privat

Wien ist ein Hotspot für große Künstler, auch Kärnten hat sich bereits viele Kaliber der Showbranche geangelt, warum hinkt die Steiermark hinterher?
Den klassischen Spielstätten, Bereichen wie Theater und Oper, wird in der Steiermark viel Raum gegeben, aber moderne Konzertkultur wird häufig außen vor gelassen. Ich sehe einen dringenden und großen Bedarf an einer Örtlichkeit, die sich für Musikveranstaltungen unterschiedlicher Größe nutzen und adaptieren lässt und zum Beispiel eine Dauerbespielung von Mai bis Oktober zulässt. Das habe ich bereits vor Jahren angesprochen, als ich damals mit der Veranstaltung von Festivals und Konzerten begonnen habe. Für so etwas braucht es aber die Unterstützung von allen Seiten. In Kärnten hat man den Schulterschluss zwischen Stadt, Land, Region und den Veranstaltern geschafft, das fehlt in der Steiermark noch.

In Schladming ist jetzt allerdings die ganze Region involviert.
Genau das braucht es, damit solche Veranstaltungen in der Steiermark funktionieren können. Zudem muss man sich vor Augen führen, dass jeder Bereich von solchen Konzerten profitiert, angefangen bei der Hotellerie. Aber dafür muss an einem Strang gezogen werden, die Menschen wollen nicht nur zu den Konzerten gehen, sie wollen danach auch einen Platz zum Schlafen und einen Weg, bequem von der Unterkunft zur Show und wieder zurück zu kommen. Schladming ist ein gutes Beispiel, da die gesamte Region involviert ist. Wenn die Gäste sich dann wohlfühlen, kommen sie auch wieder, dasselbe gilt für Künstlerinnen und Künstler. Deshalb fand ich es toll, dass unter anderem der Landeshauptmann und Barbara Eibinger-Miedl als Vertreter der Politik zur Pressekonferenz gekommen sind.

In Kärnten wurde Robbie Williams' Show auf der Burg Hochosterwitz abgesagt, hätte sich das nicht vermeiden lassen?
Ich habe es objektiv sehr schade gefunden, dass die Show abgesagt wurde, denn ich bin mir sicher, dass es eine Möglichkeit gegeben hätte, das Konzert um ein oder zwei Tage zu verschieben oder die Autos woanders parken zu lassen - auf Parkplätzen mit befestigtem Grund, Shuttlebusse lassen sich bei einer solchen Besucherzahl einfach organisieren.

Graz hat ein Stadion und eine große Freifläche auf dem Messegelände, das kaum für Konzerte genutzt wird, warum?
Um das Stadion matchen sich bereits zwei Fußballvereine, zudem befindet sich das Messegelände in unmittelbarer Nähe zu Wohnsiedlungen, das erschwert das Veranstalten von Konzerten aufgrund der Lärmschutzregelungen. Grundsätzlich darf bis 22 Uhr gespielt werden, im Sommer plus eine Stunde. Ich glaube aber dennoch, dass es gelingen kann, Graz wieder als Konzertstadt zu etablieren, ich bin aktiv interessiert an einem Kulturgipfel mit Verantwortlichen aus Kultur und Politik vor, um offen zu diskutieren. Solche Veranstaltungen könnten einen großen Wirtschaftsfaktor darstellen, derzeit spüre ich seitens der Stadt noch nicht den Drang zur Veränderung.

Konzertkarten werden immer teurer, Musik wird zunehmend zu einem Privileg der Oberschicht, was sagen Sie dazu?
Das ist ein großes Problem, das nur gelöst werden kann, wenn sich Veranstalter zu Allianzen zusammentun. Denn rechnet man die Produktionskosten eines Konzertes, die Kosten für die Logistik rundherum, Security und so weiter, und die Gage für Künstlerinnen und Künstler zusammen, kommt man auf einen höheren zweistelligen Millionenbetrag. Verkauft man bei einer großen Show mit 50 bis 70 Trucks Tickets um 100 Euro, bleibt bei einem ausverkauften Stadion ein Minus für den Veranstalter von einer Million Euro. Und diese tragen aber auch gleichzeitig das volle Risiko.

Hat die Pandemie diese Problematik verstärkt?
Auf jeden Fall. Viele Techniker sind in die Industrie abgewandert, so leicht bekommt man die Menschen nicht zurück. In München haben wir Security aus Deutschland, Österreich und der Schweiz geholt, weil wir die 1500 benötigten Kräfte sonst nicht zusammenbekommen hätten. Mit Unterkunft, Anreise und Kosten für Busse steigt der Stundenpreis von 35 Euro für eine Person auf 70 Euro.

Wie wirkt sich diese Kostenexplosion auf kleine und mittelgroße Künstler aus?
Für kleine Musikerinnen und Musiker sind Touren meist ein Null- oder Minusgeschäft. Deswegen werden kleine Veranstaltungen weniger werden, weil sich das finanziell nicht mehr ausgeht. Diese Problematik muss man auch dem Land vermitteln, ein weiterer Grund, warum es eine adaptierbare Spielstätte braucht, die sowohl für Shows mit 500 Zuschauern, als auch für 15.000 geeignet ist. Denn dann dividiert man die Kosten durch die Menge der Shows, die stattfinden und kommt auf einen Preis, der auch für die Fans stemmbar ist. Die Lösung liegt in der Multifunktionalität.