Die Verhandlung war von vornherein keine Routine: die Vorwürfe schwer, die Angeklagten erschreckend jung. Wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation mussten sich ein österreichischer Lehrling (16) und sein 15-jähriger Freund, ein Schüler aus Tschetschenien, beide aus Bruck/Mur, am 16. Juli in Leoben vor Gericht verantworten.
Der Ältere trat in einer Telegram-Chatgruppe etwas naiv als "El Terror" auf, postete sehr reale Enthauptungs- und andere IS-Propagandavideos und erkundigte sich nach Anleitungen zum Bau von Schalldämpfern und Zündern. Das LVT kam ihm auf die Spur, obwohl er auch den Account seines Freundes und anderer nutzte. Ihre Profilbilder auf den immer wieder gesperrten Accounts zeigten die schwarze IS-Flagge. Als die Polizei vor der Tür stand, vernichteten sie noch schnell Beweise.
Zusammenarbeit mit den Niederlanden
Ein entscheidender Hinweis, der dann zur Ausweitung der Anklage in der Verhandlung führte, kam von den niederländischen Behörden, die auch den Chatverlauf sichern konnten. Die Jugendlichen posteten in einer radikalen Chatgruppe, sie stünden in der "finalen Phase zur Herstellung von Sprengstoff", sie hätten Zugang zu Schwertern, Messern und Pistolen.
"Ich bin wütend auf den Westen", postete der 16-Jährige. Man müsse "das Kalifat wieder herstellen". Und getreu der Ideologie des "Islamischen Staates" gehöre dazu auch Österreich.
Verstörendes offenbart sich in den Chats der in Bruck geborenen und aufgewachsenen Jugendlichen zuhauf: Sie seien bereit zu einem Anschlag auf eine Menschenmenge oder eine Schule. Menschen zu erstechen, sei langweilig. Wo kann man Schwefelsäure herbekommen, wo eine Pistole? "Ich gehe nach Wien. Wo finde ich einen Politiker?"
"Christen erschießen"
Konfrontiert mit den Chats gaben die Angeklagten zu, sie hätten ganz konkret einen Anschlag auf die MS in Bruck geplant gehabt. "Wir wollten alle Christen in der Klasse erschießen!" Auf die Frage des Gerichts, was sie getan hätten, wenn die Polizei eingegriffen hätte: "Wir hätten uns ergeben." Allah hätte ihnen dann im Gefängnis vergeben. "Christen zu töten, bringt uns ins Paradies."
Wie konkret der Plan war, zeigt, dass ein noch nicht strafmündiger Freund ihnen eine Maschinenpistole aus der Sammlung seines Vaters anbot. Leider, postete er später, komme er nicht in den Safe. Die Jugendlichen beschlossen daraufhin, auf eine Waffe zu sparen.
Zusammen mit anderen Jugendlichen haben sie außerdem eine (harmlose) Äskulapnatter mit Messerstichen traktiert und eine weitere Schlange mit einem Messer enthauptet. In einer aufgelassenen Schule legten sie zudem mit anderen ein Feuer, das den Einsatz von 38 Feuerwehrleuten erforderte.
Einer der Jugendlichen hat zudem einen homosexuellen TikToker bedroht, indem er maskiert mit schwarzer Sturmhaube einen Controller aus der Tasche zog und eine Repetierbewegung sowie eine schießende Geste Richtung Kamera machte.
Teilbedingte Haftstrafe
Das Gericht verhängte wegen "verbrecherischen Komplotts" und der genannten Anklagepunkte je zwei Jahre Haft, acht Monate müssen sie tatsächlich absitzen. Der Strafrahmen beträgt für Jugendliche maximal fünf Jahre. Angeordnet wurden vom Gericht auch Bewährungshilfe, Anti-Gewalt- und Deradikalisierungstraining. Die Jugendlichen nahmen die Strafe an, das Urteil ist bereits rechtskräftig.
Der Vater des 16-Jährigen war vom Ausmaß der Vorwürfe in der Verhandlung sichtlich überrascht und erschüttert. Die Mutter des 15-Jährigen nahm das Urteil unbewegt zur Kenntnis.