Donner und Starkregen haben die Steirerinnen und Steirer in der Nacht auf Donnerstag aus dem Bett gerissen. Die Gewitterzelle, die am Mittwoch noch im Westen Österreichs wütete, hat in den Nachtstunden die Steiermark und Kärnten erreicht. Steiermarkweit waren bis zu 1500 Feuerwehrleute im Einsatz, 200 allein in der Obersteiermark, die versperrte Straßen und Stromleitungen aufgrund von Sturmschäden wieder frei machen mussten. Insgesamt mussten die Einsatzkräfte zu 286 technischen Einsätzen und zu 29 Brandeinsätzen ausrücken. Vor allem betroffen war das Ennstal, in Leoben die Bereiche St. Michael, Kaiserberg, Kraubath. Dort hat der Sturm große Schäden verursacht. In Bad Radkersburg spricht die Feuerwehr von einem regelrechten "Einsatzmarathon" auch den ganzen Donnerstag über, mit über 100 Feuerwehrkräften und 30 Fahrzeugen. Dort wurden Sturmböen bis zu 120 km/h gemessen. Besonders tragisch: Der "Circus Penelli", der in Bad Radkersburg gastierte, wurde komplett zerstört. Bäume brachen durch Dächer von Wohnwäge und durch Zelte. "Der Sohn hat im Wohnwagen geschlafen, als ein Baum durch das Dach gebrochen ist. Es ist ein Wunder, dass alle leben", sagt Christina Merlini. Weder Mensch noch Tier wurden verletzt, der Zirkus ist nun allerdings ein Totalschaden.
Am späteren Mittwochabend zog die Gewitterzelle weiter in den Südwesten bzw. in den Osten des Landes.In Leibnitz und Gamlitz führten umgestürzte Bäume zu Straßensperren und Stromausfällen. In Gnas löste ein Blitzschlag einen Dachstuhlbrand aus. Beim Eintreffen der Feuerwehrkräfte stand das Dach bereits in Vollbrand. Im Haus befanden sich beim Brandausbruch sechs Personen. Bei der Flucht aus dem brennenden Gebäude wurde ein 42-jähriger Bewohner verletzt, er wurde ins LKH Feldbach gebracht. Auch in der Oststeiermark, etwa in Hartberg oder in Götzendorf, mussten die Einsatzkräfte für Pumparbeiten ausrücken.
12.000 Haushalte ohne Strom
Im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag waren 7000 Haushalte ohne Strom, im Raum Bruck sowie in den Bezirken Leibnitz und Deutschlandsberg rund 5000 Haushalte. Die Stromversorgung konnte dort über den Verlauf des Tages aber wiederhergestellt werden.
Pyhrnautobahn wieder frei, Zugverkehr teils gesperrt
Die A 9 Pyhrnautobahn wurde in der Nacht bis Donnerstagmittag bei Trieben Richtung Süden gesperrt, weil mehrere Bäume auf die Straße gefallen sind und eine Mure abgegangen ist. Laut ÖAMTC hatte sich deswegen im Morgenverkehr ein Rückstau von etwa vier Kilometer gebildet. Es wurde mit fünf LKW, zwei Bagger und einem Schlammsaugwagen auf Hochtouren gearbeitet, sodass die Autobahn ab dem frühen Nachmittag wieder freigegeben wurde.
Zwischen Bad Radkersburg und Halbenrain war bis 8.45 Uhr kein Zugverkehr möglich. Grund dafür war ein Hindernis im Gleisbereich, heißt es von der ÖBB. Ein Schienenersatzverkehr wurde zwischen Bad Radkersburg und Spielfeld-Straß eingerichtet.
Einsätze am Donnerstagnachmittag
Auch am Donnerstag haben Gewitter und Starkniederschläge für zahlreiche Feuerwehreinsätze, vor allem in Hartberg, Weiz, aber auch Lebnitz, Leoben und Graz-Umgebung geführt.
Hitze kehrt zurück
Während am Dienstag im steirischen Hitzepol Mooslandl (Bezirk Liezen) noch 33,4 Grad Celsius gemessen wurden, gingen die Temperaturen am Donnerstag zurück und lagen bei schwül-warme 22 bis 27 Grad. Am Freitag kehrt die Hitze erneut zurück. Im Laufe des Vormittags stellt sich im ganzen Land sonniges Wetter ein. Am Nachmittag bilden sich im westlichen Bergland ein paar Quellwolken, auch ein kurzer Schauer ist nicht auszuschließen, ansonsten bleibt es aber verbreitet trocken. Auch am Wochenende soll das Badewetter halten. Temperaturen erreichen Höchstwerte bis zu 31 Grad.
Hagelversicherung: Schaden in Millionenhöhe
Für die Landwirtschaft ist vor allem in Tirol und Oberösterreich ein hoher Schaden entstanden, heißt es von der Österreichischen Hagelversicherung. Hagel, Regen und Sturm mit Orkanböen über 130 km/h haben für kaputte Pflanzen in den Mais- und Sojafeldern gesorgt. "Aktuell gehen wir durch die Unwetter in den letzten 24 Stunden von einem Gesamtschaden in der Landwirtschaft in der Höhe von mehr als 2,5 Millionen Euro aus", so Mario Winkler, der Pressesprecher der Österreichischen Hagelversicherung, in einer ersten Bilanz.
"Heftige, kurze Stürme"
Schon am Mittwochnachmittag prognostizierte Geosphere-Meteorologe Martin Kulmer: "Es wird trickreich". Hielt sich die Gewitterzelle zunächst im Westen Österreichs auf, vorrangig in Vorarlberg, ist sie gegen Abend in der Steiermark angekommen. Über die Alpen, über Tirol und Salzburg hat sie sich in das Bundesland bewegt.
Starkregen und kräftigen Wind gab es in der Steiermark zuerst in Schladming. Mehrere Feuerwehren mussten ausrücken. In der Gegend um Schladming und Ramsau waren Stand Mittwochabend etwa 400 Haushalte ohne Strom, weil zwölf Trafostationen aufgrund des Unwetters ausgefallen sind. Auch Liezen war vom Regen und Wind betroffen, 200 Feuerwehrleute waren wegen umgestürzter Bäume - auch auf der B320 - und überfluteter Keller im Einsatz. In Trieben hat es zum Beispiel auch gehagelt. Die Steirerinnen und Steirer in den betroffenen Gebieten sprechen von "extrem heftigen" Stürmen, die nach kurzer Zeit wieder vorbei waren.
Westen Österreichs betroffen
Die Unwetterwarnzentrale (UWZ) zeigte am Mittwochvormittag noch eine Warnung für die gesamte Südsteiermark an, auch der Raum Graz war betroffen. Im Laufe des Tages verlegte sich die Gewitterzelle weiter in den Süden, ins kärntnerische Lavanttal bis nach Slowenien. Der Gewitter-Hotspot war am Mittwochnachmittag noch die Westhälfte Österreichs. Am Abend breiteten sich die Gewitterzellen im Osten aus. Auch das Burgenland war teils von heftigen Regenschauern betroffen. Im Zeitraum von 22 Uhr am Mittwochabend bis Donnerstagfrüh wurden 80 Einsätze von 37 Feuerwehren verzeichnet. Es galt vor allem, umgestürzte Bäume von Straßen zu entfernen oder Keller auszupumpen. Verletzt wurde niemand.
In Vorarlberg führte die angekündigte Gewitterfront ab Dienstagabend zu mehr als 50 Feuerwehreinsätzen. Bei Windspitzen von über 90 km/h wurden zahlreiche Bäume entwurzelt und Straßen verlegt. Laut Aufzeichnungen der GeoSphere Austria erreichten die Sturmböen am Dienstagabend Geschwindigkeiten von über 90 km/h am exponierten Rohrspitz, in Bregenz waren es über 60 Kilometer pro Stunde, in Dornbirn, Feldkirch und Bludenz über 50.
Auch in Tirol hielt die Unwetterfront mit Starkregen und Sturmböen die Einsatzkräfte in der Nacht auf Mittwoch auf Trab. Es kam zu über 300 Alarmierungen, an die 100 im Bezirk Schwaz und 75 in der Landeshauptstadt Innsbruck. In vielen Bezirken kam es zu Stromausfällen.
Auch die Stadt Salzburg war vor Unwettern nicht gefeit. 60 Einsätze verzeichneten Berufs- und Freiwillige Feuerwehr. Zwei O-Bus-Leitungen wurden beschädigt.
In Oberösterreich rückten mehr als 190 Feuerwehren in der Nacht zu mehr als 400 Einsatzstellen aus.
In Neuhofen a.d. Ybbs (NÖ) wurde ein Motorradfahrer aufgrund eines umgestürzten Baumes verletzt. Der laut Notruf NÖ 18-Jährige wurde ins Landesklinikum Amstetten transportiert. In Haag seien auch Fahrzeuge beschädigt worden.