Ein Wein wie damals. Und dennoch außergewöhnlich. Das verspricht der Jahrgang 2023 zu werden: "Es schaut danach aus, dass es ein Jahrgang wie früher wird. Die Ernte hat sich in den letzten Jahren ja oft auf den September vorverlagert, heuer dürfte es wieder Oktober werden", prognostiziert Winzer Josef Scharl aus St. Anna am Aigen. Das Ergebnis in Tropfenform soll deshalb am Gaumen leichter und bekömmlicher wirken. Auch Erwin Sabathi (Leutschach) sieht "den Grundstein für einen exzellenten Jahrgang gelegt, die Natur hat sich erholt. Nach den vielen Niederschlägen könnte es sogar etwas trockener sein".
Diese glänzenden Ausblicke waren naturgemäß zusätzlicher Stimmungsaufheller bei der 31. Weinkost der Kleinen Zeitung beim Steirereck am Pogusch, die Winzerinnen und Winzern eine Bühne bietet, flankiert von prominenten Verkostern. "Hier sind so viele Menschen mit einem sogenannten Celebrityfaktor, aber am Pogusch ist es jedem egal, wie berühmt man ist, und deshalb ist die Weinkost ein so schönes Ereignis", fasste Oscarpreisträger Stefan Ruzowitzky zusammen.
Doch zurück zum Wein, denn nicht nur der aktuelle Jahrgang wurde besprochen, sondern sogar die gesamte DNA. Verkostungsleiter und Weinexperte Arno Bergler: "Handarbeit. Reife Trauben mit einer lebendigen, fesselnden Säure. Ein moderater Alkoholgehalt.
"Die Weinkost ist ein Dreigestirn"
Weißweinregionen aus aller Welt beneiden uns um unsere Bedingungen."
Und warum richtet die Kleine Zeitung nun schon so lange ein Fest für den steirischen Wein aus? "Die Weinkost ist ein Dreigestirn, das harmoniert. Drei Marken, die ihre Kraft aus dem Regionalen schöpfen: das Steirereck der Familie Reitbauer, der steirische Wein und die Kleine Zeitung", erklärte Chefredakteur Hubert Patterer, ehe die insgesamt 36 Weine verkostet und bewertet wurden.
Etwa 400 Gäste waren gekommen, um beim "größten und spannendsten Netzwerktreffen Österreichs" dabei zu sein, wie ORF-Moderatorin Claudia Reiterer meinte. Die steirische Designerin Lena Hoschek fasst in Worte, was so viele mit diesem Event verbinden. "Ich bin schon zum 15. Mal hier dabei und es ist die Mischung von Menschen aus allen gesellschaftlichen Bereichen, die sich hier freundschaftlich begegnen." Es gab auch manche, die zum ersten Mal den Weg auf den Pogusch gefunden hatten, wie Genetiker Markus Hengstschläger oder Singer-Songwriterin Ina Regen. Beide mussten feststellen, dass ihnen die Nachhilfe in Sachen Wein gut bekommen hatte. "Als Oberösterreicher bin ich mit einem nicht ganz so geschulten Gaumen aufgewachsen, da kann ich noch viel lernen", so Hengstschläger.
Debatten inmitten der idyllischen Kulisse
Und so mischten sich nicht nur Bundesländer, sondern auch Leidenschaften. Ski-Ass und TV-Experte Hans Knauß und seine Frau Barbara plauderten angeregt mit Schauspielerin Marion Mitterhammer. Eislegende Charly Temmel netzwerkte mit Speedqueen Renate Götschl und ZiB-Moderatorin Nadja Bernhard. Regisseur und Autor David Schalko politisierte mit Puls4-Chef Markus Breitenecker und Autorin Nava Ebrahimi genoss mit Schauspielerin Proschat Madani nicht nur das exzellente Essen, sondern auch die Atmosphäre von gesellschaftlichen Debatten inmitten der idyllischen Kulisse.
ORF-Generaldirektor Roland Weißmann zog sogar Parallelen zwischen einem guten Wein und einer gut gemachten TV-Sendung, denn "nur wenn er oder es wirklich gut gemacht ist, bleibt man dran" und der ehemalige Bundespräsident Heinz Fischer genoss wippend die Klänge der steirischen Geigenmusik. Kulturelle Erweiterung empfand auch Lindsay Skoll, die britische Botschafterin, die – wie viele andere – im Dirndl kam.
Ein festlicher Tag, viele bekannte Persönlichkeiten, doch der eigentliche Star blieb auch bei der 31. Auflage der Weinkost am Pogusch: der steirische Wein.
Wann wird's mal wieder richtig sonnig?
Prachtwetter auf dem Pogusch, launige Unterhaltungen – von der ewigen Debatte um die Grazer Zwei-Stadien-Lösung, über die sich Ex-GAK-Präsident Rudi Roth und Sturm-Boss Christian Jauk austauschten, bis hin zu Reisetrends im Sommer. Hier war TUI-Chef Gottfried Math ein begehrter Gesprächspartner und bewährter Tippgeber. So wie die neue Chefin der Österreich-Werbung, Astrid Steharnig-Staudinger. Die Kärntnerin, die Pogusch-Premiere feierte, steuert den Tourismus in einen rekordverdächtigen Sommer: "Natur, Kultur, Genuss und Kulinarik schätzen unsere Gäste ganz besonders."
Doch selbst die Almidylle rund um die Weinkost der Kleinen Zeitung konnte jene, teils dunklen Themenwolken, die über den Wirtschaftsstandort ziehen, nicht vertreiben. Und so dominierte in den Gesprächen zwischen den zahlreichen Wirtschaftsbossen und Politikern auch die Frage, wann und wo sich wieder konjunkturelle Lichtblicke auftun (könnten)?
Plädoyer gegen allzu intensives "Jammern"
Post-Generaldirektor Georg Pölzl kann auch auf einen branchenspezifischen Konjunkturindikator verweisen: das Paketaufkommen. Hier sehe man schon, dass die Teuerung zu einer Kaufzurückhaltung geführt habe. Immerhin: Nach dem Rückgang der Paketmengen im Vorjahr – leicht, aber dennoch überraschend, wie Pölzl betont – wurden im ersten Halbjahr wieder Zuwächse registriert. Die ganz großen gesamtwirtschaftlichen Lichtblicke seien in Richtung Herbst aber nicht auszumachen, er sehe "keine dramatischen Entwicklungen, weder nach oben noch nach unten". Pölzl holte aber auch zu einem Plädoyer gegen allzu intensives "Jammern" aus.
Für Horst Leitner, Generaldirektor der Handelskette Hofer, ist klar: "Das dominante Thema ist und bleibt die Inflation." Sie sinke zwar, aber eben nur langsam, "die große Entspannung sehe ich noch nicht". Insgesamt kämpfe die Branche weiterhin mit einer hohen Kostenbasis. Eine Beruhigung orte man im Handel zumindest rund um die Themen Lieferketten und Beschaffungsmärkte.
Nägel mit Köpfen machen
"Endlich Nägel mit Köpfen machen" – diese Forderung richtete unterdessen Spar-Vorstand Markus Kaser in Richtung Bundesregierung: "Wo bleibt der versprochene Energiekostenzuschuss? Der wurde dem Handel zugesagt, bisher ist aber noch nicht einmal ein Datum dafür bekannt." Es gelte Verbindlichkeit herzustellen, vor allem auch für kleinere Handelsbetriebe, die stark unter Druck stünden, sei das entscheidend. In der Industrie fällt der Blick in die nächsten Monate durchwachsen aus, wie Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung, bestätigt. "Die Aussichten für den Herbst haben sich zuletzt zunehmend eingetrübt."
Mit Investitionen werde breitflächig zugewartet, was perspektivisch Sorgenfalten auslöse. Gefordert sieht er die Politik, die an "allen Schrauben drehen muss, um die in Österreich noch immer überdurchschnittlich hohe Inflation zu dämpfen", hier gehe es auch um internationale Wettbewerbsfähigkeit. Insbesondere bei den Abgaben – von Bund über Land bis zu den Kommunen – sei Zurückhaltung gefordert, so Knills Appell. Viel wirtschafts- und standortpolitischer Gesprächsstoff also. Den Arbeitsmarkt hält Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher indes weiter für resilient und aufnahmefähig. "Die offenen Stellen gehen zwar zurück, aber bei Weitem weniger stark, als viele befürchtet haben." Zu Jahresende deute sich eine Erholung der Konjunktur an.
Inoffizielle "Nachspielzeit" der Saison
Für die innenpolitische Szene geriet das Weinfest auf dem Pogusch auch zur inoffiziellen "Nachspielzeit" der Saison. Denn davor war im Nationalrat die letzte Plenarsitzung vor der Sommerpause eröffnet worden. Als Vorhut gab sich deshalb zunächst nur Wirtschaftsbund-Generaldirektor Kurt Egger die Ehre. Der ÖVP-Mediensprecher stand erkennbar noch unter dem Eindruck der heftigen Auseinandersetzungen rund um das neue ORF-Gesetz. Später trudelte ein beachtlicher Teil der Regierungsmannschaft ein, angeführt vom steirischen Vizekanzler Werner Kogler. Die ÖVP-Regierungsriege war mit Kocher, Finanzminister Magnus Brunner, Bildungsminister Martin Polaschek, Familienministerin Susanne Raab vertreten. Unter den Gästen war neben Landeshauptmann Christopher Drexler und Stellvertreter Anton Lang u. a. auch Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker.
Schon zu den Stammgästen in Sachen Pogusch gehören zwei ehemalige Toppolitiker aus den Reihen der SPÖ: Sowohl Ex-Bundespräsident Heinz Fischer als auch Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer waren in bewährter Weise mit von der Partie.